Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.Osnabrücksche Geschichte Leibes-Strafe verdammen sollte. Ein schlimmer Looßhatte keiner von seinem Feinde im Unfrieden zu besor- gen; und es verlohnte sich nicht der Mühe einen ge- meinen Frieden zu errichten, um Leib, Ehre und Gut durch Urtheil zu verliehren. (a) Jhre Vereinigung gieng also lediglich auf Rettung und Erhaltung. (b) Auf diesen grossen und vielleicht noch überdem ge- heiligten Grundsatz baueten sie ihre Verfassung, und man wird fast im ganzen Norden kein Volk finden, welches ihn nicht zum Eckstein genommen habe. Wo ein Gesetzgeber davon abgegangen ist, hat er seine Vollmacht dazu von einer Gottheit entlehnt. Jeder Verbrecher und selbst der Mörder (c) konnte daher sein Blut und seinen Leib lösen. (a) Aufmerksamen Lesern der Geschichte wird dieses nicht entgehn. Alle Leib-und Lebens-Strafen sind zuerst in curia Domini zu Rechte gewiesen. Den Deutschen kam dieses seltsam vor. Vt primum togas & severiora armis jura viderunt, arma duce Arminio corripiunt. FLOR. IV. 12. Bey ihnen hieß es: Caeterum neque animadvertere, neque vincire neque verberare quidem nisi Sacerdotibus permissum; non quasi in poenam nec dutis jussu, sed velut Deo imperante, quem adesse bellantibus credunt. TAC. in G. 7. Und dieses galt bloß, wie man sieht, im Heere, wo eine strengere Krieges-Zucht nothwendig war. Silen- tium per Sacerdotes quibus tum & coercendi jus est impe- rntur. ib. c. 11. Ausser dem Heere hatte also der Priester keinen göttlichen Beruf zum schlagen. Eben so übergiebt das Parlement in England, cui tum (und nicht anders) coercendi jus est, die Gewalt über Leben und Tod dem Feldherrn zur Krieges-Zeit. Die Römischen Bürger hatten gleiche Rechte. Das ganze Volk konnte keinem Bürger ein Haar kränken. Aqua & ignis war alles was es ihm nehmen konnte; und dies ist die Ausschliessung Oſnabruͤckſche Geſchichte Leibes-Strafe verdammen ſollte. Ein ſchlimmer Looßhatte keiner von ſeinem Feinde im Unfrieden zu beſor- gen; und es verlohnte ſich nicht der Muͤhe einen ge- meinen Frieden zu errichten, um Leib, Ehre und Gut durch Urtheil zu verliehren. (a) Jhre Vereinigung gieng alſo lediglich auf Rettung und Erhaltung. (b) Auf dieſen groſſen und vielleicht noch uͤberdem ge- heiligten Grundſatz baueten ſie ihre Verfaſſung, und man wird faſt im ganzen Norden kein Volk finden, welches ihn nicht zum Eckſtein genommen habe. Wo ein Geſetzgeber davon abgegangen iſt, hat er ſeine Vollmacht dazu von einer Gottheit entlehnt. Jeder Verbrecher und ſelbſt der Moͤrder (c) konnte daher ſein Blut und ſeinen Leib loͤſen. (a) Aufmerkſamen Leſern der Geſchichte wird dieſes nicht entgehn. Alle Leib-und Lebens-Strafen ſind zuerſt in curia Domini zu Rechte gewieſen. Den Deutſchen kam dieſes ſeltſam vor. Vt primum togas & ſeveriora armis jura viderunt, arma duce Arminio corripiunt. FLOR. IV. 12. Bey ihnen hieß es: Cæterum neque animadvertere, neque vincire neque verberare quidem niſi Sacerdotibus permiſſum; non quaſi in pœnam nec dutis juſſu, ſed velut Deo imperante, quem adeſſe bellantibus credunt. TAC. in G. 7. Und dieſes galt bloß, wie man ſieht, im Heere, wo eine ſtrengere Krieges-Zucht nothwendig war. Silen- tium per Sacerdotes quibus tum & coercendi jus eſt impe- rntur. ib. c. 11. Auſſer dem Heere hatte alſo der Prieſter keinen goͤttlichen Beruf zum ſchlagen. Eben ſo uͤbergiebt das Parlement in England, cui tum (und nicht anders) coercendi jus eſt, die Gewalt uͤber Leben und Tod dem Feldherrn zur Krieges-Zeit. Die Roͤmiſchen Buͤrger hatten gleiche Rechte. Das ganze Volk konnte keinem Buͤrger ein Haar kraͤnken. Aqua & ignis war alles was es ihm nehmen konnte; und dies iſt die Ausſchlieſſung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0062" n="32"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Oſnabruͤckſche Geſchichte</hi></fw><lb/> Leibes-Strafe verdammen ſollte. Ein ſchlimmer Looß<lb/> hatte keiner von ſeinem Feinde im Unfrieden zu beſor-<lb/> gen; und es verlohnte ſich nicht der Muͤhe einen ge-<lb/> meinen Frieden zu errichten, um Leib, Ehre und Gut<lb/> durch Urtheil zu verliehren. <note place="end" n="(a)"/> Jhre Vereinigung<lb/> gieng alſo lediglich auf Rettung und Erhaltung. <note place="end" n="(b)"/><lb/> Auf dieſen groſſen und vielleicht noch uͤberdem ge-<lb/> heiligten Grundſatz baueten ſie ihre Verfaſſung, und<lb/> man wird faſt im ganzen Norden kein Volk finden,<lb/> welches ihn nicht zum Eckſtein genommen habe. Wo<lb/> ein Geſetzgeber davon abgegangen iſt, hat er ſeine<lb/> Vollmacht dazu von einer Gottheit entlehnt. Jeder<lb/> Verbrecher und ſelbſt der Moͤrder <note place="end" n="(c)"/> konnte daher<lb/> ſein Blut und ſeinen Leib loͤſen.</p><lb/> <note place="end" n="(a)">Aufmerkſamen Leſern der Geſchichte wird dieſes nicht<lb/> entgehn. Alle Leib-und Lebens-Strafen ſind zuerſt <hi rendition="#aq">in<lb/> curia <hi rendition="#i">Domini</hi></hi> zu Rechte gewieſen. Den Deutſchen kam<lb/> dieſes ſeltſam vor. <hi rendition="#aq">Vt primum togas & <hi rendition="#i">ſeveriora armis<lb/> jura</hi> viderunt, arma duce Arminio corripiunt. FLOR. IV.</hi><lb/> 12. Bey ihnen hieß es: <hi rendition="#aq">Cæterum neque animadvertere,<lb/> neque vincire neque verberare quidem <hi rendition="#i">niſi Sacerdotibus</hi><lb/> permiſſum; <hi rendition="#i">non quaſi in pœnam nec dutis juſſu</hi>, ſed velut<lb/> Deo imperante, quem adeſſe bellantibus credunt. TAC. in<lb/> G.</hi> 7. Und dieſes galt bloß, wie man ſieht, im Heere,<lb/> wo eine ſtrengere Krieges-Zucht nothwendig war. <hi rendition="#aq">Silen-<lb/> tium per Sacerdotes quibus <hi rendition="#i">tum</hi> & coercendi jus eſt impe-<lb/> rntur. ib. c.</hi> 11. Auſſer dem Heere hatte alſo der Prieſter<lb/> keinen goͤttlichen Beruf zum ſchlagen. Eben ſo uͤbergiebt<lb/> das Parlement in England, <hi rendition="#aq">cui <hi rendition="#i">tum</hi></hi> (und nicht anders)<lb/><hi rendition="#aq">coercendi jus eſt,</hi> die Gewalt uͤber Leben und Tod dem<lb/> Feldherrn zur Krieges-Zeit. Die Roͤmiſchen Buͤrger<lb/> hatten gleiche Rechte. Das ganze Volk konnte keinem<lb/> Buͤrger ein Haar kraͤnken. <hi rendition="#aq">Aqua & ignis</hi> war alles was<lb/> es ihm nehmen konnte; und dies iſt die Ausſchlieſſung<lb/> <fw place="bottom" type="catch">eines</fw><lb/></note> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0062]
Oſnabruͤckſche Geſchichte
Leibes-Strafe verdammen ſollte. Ein ſchlimmer Looß
hatte keiner von ſeinem Feinde im Unfrieden zu beſor-
gen; und es verlohnte ſich nicht der Muͤhe einen ge-
meinen Frieden zu errichten, um Leib, Ehre und Gut
durch Urtheil zu verliehren.
⁽a⁾
Jhre Vereinigung
gieng alſo lediglich auf Rettung und Erhaltung.
⁽b⁾
Auf dieſen groſſen und vielleicht noch uͤberdem ge-
heiligten Grundſatz baueten ſie ihre Verfaſſung, und
man wird faſt im ganzen Norden kein Volk finden,
welches ihn nicht zum Eckſtein genommen habe. Wo
ein Geſetzgeber davon abgegangen iſt, hat er ſeine
Vollmacht dazu von einer Gottheit entlehnt. Jeder
Verbrecher und ſelbſt der Moͤrder
⁽c⁾
konnte daher
ſein Blut und ſeinen Leib loͤſen.
⁽a⁾ Aufmerkſamen Leſern der Geſchichte wird dieſes nicht
entgehn. Alle Leib-und Lebens-Strafen ſind zuerſt in
curia Domini zu Rechte gewieſen. Den Deutſchen kam
dieſes ſeltſam vor. Vt primum togas & ſeveriora armis
jura viderunt, arma duce Arminio corripiunt. FLOR. IV.
12. Bey ihnen hieß es: Cæterum neque animadvertere,
neque vincire neque verberare quidem niſi Sacerdotibus
permiſſum; non quaſi in pœnam nec dutis juſſu, ſed velut
Deo imperante, quem adeſſe bellantibus credunt. TAC. in
G. 7. Und dieſes galt bloß, wie man ſieht, im Heere,
wo eine ſtrengere Krieges-Zucht nothwendig war. Silen-
tium per Sacerdotes quibus tum & coercendi jus eſt impe-
rntur. ib. c. 11. Auſſer dem Heere hatte alſo der Prieſter
keinen goͤttlichen Beruf zum ſchlagen. Eben ſo uͤbergiebt
das Parlement in England, cui tum (und nicht anders)
coercendi jus eſt, die Gewalt uͤber Leben und Tod dem
Feldherrn zur Krieges-Zeit. Die Roͤmiſchen Buͤrger
hatten gleiche Rechte. Das ganze Volk konnte keinem
Buͤrger ein Haar kraͤnken. Aqua & ignis war alles was
es ihm nehmen konnte; und dies iſt die Ausſchlieſſung
eines
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |