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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
oder Mannien ihrer Sicherheit wegen zusammen
thaten, und einen Staat bildeten, verfolgten sie fast
denselben Plan. Eine Maunie hatte so wenig der
andern als ein Hausvater dem andern zu gebieten. (a) So viele Mannien, so viele unterschiedene Versam-
lungen, Rechts-findungen und Rechte; eben wie
noch jetzt in unsern Marken, welche zwar zusammen in
einer Staats-Verbindung stehen, ihre Mark-Ver-
samlungen aber nicht gemein haben. Die von ihnen
bisweilen erwählete Könige, so lange sie nicht gesal-
bet waren, hatten nichts mehr im Grossen als die
Richter im Kleinen. Ehre, Leib und Erbe eines
Mannes waren ihrer Erkenntnis nicht unterworfen. (b) Auch selbst im Heerzuge nicht. Die Verbannung (c) war auch hier alles, und jeder Staat war oder hielt
sich nicht weiter berechtiget.

(a) In pace nullus communis magistratus. CAES. de B. G. VI.
(b) Weil die Strafe, so der Priester im Heerzuge auszuüben
hatte, nicht ducis jussu fed velut Deo imperante geschahe.
TAC. G. c. 7. Die Salbung scheinet mir der actus sym-
bolicus
zu seyn, wodurch die priesterliche Gewalt den
Königen mit Bewilligung des Volkes übertragen wor-
den. Vollkommene Könige waren Priester und Kö-
nige zugleich.
Rex Ancus rex idem hominum phoebique sacerdos.
VIRG. Aen. III.

Wobey SERVIVS anmerkt: majorum erat haec consuetudo
ut rex etiam esset sacerdos vel pontifex.
Von dieser Art
war auch Melchisedeck. Wie die Römer ihre Künige
vertrieben: so machten sie gleich regem sacrificulum, um
jene gedoppelte Macht zu trennen. Und wie sie ihre
Freyheit wieder aufgaben: so übertrugen sie dem Octa-
vio pontificatum maximum,
welches vermuthlich zu dem

Oſnabruͤckſche Geſchichte
oder Mannien ihrer Sicherheit wegen zuſammen
thaten, und einen Staat bildeten, verfolgten ſie faſt
denſelben Plan. Eine Maunie hatte ſo wenig der
andern als ein Hausvater dem andern zu gebieten. (a) So viele Mannien, ſo viele unterſchiedene Verſam-
lungen, Rechts-findungen und Rechte; eben wie
noch jetzt in unſern Marken, welche zwar zuſammen in
einer Staats-Verbindung ſtehen, ihre Mark-Ver-
ſamlungen aber nicht gemein haben. Die von ihnen
bisweilen erwaͤhlete Koͤnige, ſo lange ſie nicht geſal-
bet waren, hatten nichts mehr im Groſſen als die
Richter im Kleinen. Ehre, Leib und Erbe eines
Mannes waren ihrer Erkenntnis nicht unterworfen. (b) Auch ſelbſt im Heerzuge nicht. Die Verbannung (c) war auch hier alles, und jeder Staat war oder hielt
ſich nicht weiter berechtiget.

(a) In pace nullus communis magiſtratus. CAES. de B. G. VI.
(b) Weil die Strafe, ſo der Prieſter im Heerzuge auszuuͤben
hatte, nicht ducis juſſu fed velut Deo imperante geſchahe.
TAC. G. c. 7. Die Salbung ſcheinet mir der actus ſym-
bolicus
zu ſeyn, wodurch die prieſterliche Gewalt den
Koͤnigen mit Bewilligung des Volkes uͤbertragen wor-
den. Vollkommene Koͤnige waren Prieſter und Koͤ-
nige zugleich.
Rex Ancus rex idem hominum phœbique ſacerdos.
VIRG. Aen. III.

Wobey SERVIVS anmerkt: majorum erat hæc conſuetudo
ut rex etiam eſſet ſacerdos vel pontifex.
Von dieſer Art
war auch Melchiſedeck. Wie die Roͤmer ihre Kuͤnige
vertrieben: ſo machten ſie gleich regem ſacrificulum, um
jene gedoppelte Macht zu trennen. Und wie ſie ihre
Freyheit wieder aufgaben: ſo uͤbertrugen ſie dem Octa-
vio pontificatum maximum,
welches vermuthlich zu dem
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[56/0086] Oſnabruͤckſche Geſchichte oder Mannien ihrer Sicherheit wegen zuſammen thaten, und einen Staat bildeten, verfolgten ſie faſt denſelben Plan. Eine Maunie hatte ſo wenig der andern als ein Hausvater dem andern zu gebieten. ⁽a⁾ So viele Mannien, ſo viele unterſchiedene Verſam- lungen, Rechts-findungen und Rechte; eben wie noch jetzt in unſern Marken, welche zwar zuſammen in einer Staats-Verbindung ſtehen, ihre Mark-Ver- ſamlungen aber nicht gemein haben. Die von ihnen bisweilen erwaͤhlete Koͤnige, ſo lange ſie nicht geſal- bet waren, hatten nichts mehr im Groſſen als die Richter im Kleinen. Ehre, Leib und Erbe eines Mannes waren ihrer Erkenntnis nicht unterworfen. ⁽b⁾ Auch ſelbſt im Heerzuge nicht. Die Verbannung ⁽c⁾ war auch hier alles, und jeder Staat war oder hielt ſich nicht weiter berechtiget. ⁽a⁾ In pace nullus communis magiſtratus. CAES. de B. G. VI. ⁽b⁾ Weil die Strafe, ſo der Prieſter im Heerzuge auszuuͤben hatte, nicht ducis juſſu fed velut Deo imperante geſchahe. TAC. G. c. 7. Die Salbung ſcheinet mir der actus ſym- bolicus zu ſeyn, wodurch die prieſterliche Gewalt den Koͤnigen mit Bewilligung des Volkes uͤbertragen wor- den. Vollkommene Koͤnige waren Prieſter und Koͤ- nige zugleich. Rex Ancus rex idem hominum phœbique ſacerdos. VIRG. Aen. III. Wobey SERVIVS anmerkt: majorum erat hæc conſuetudo ut rex etiam eſſet ſacerdos vel pontifex. Von dieſer Art war auch Melchiſedeck. Wie die Roͤmer ihre Kuͤnige vertrieben: ſo machten ſie gleich regem ſacrificulum, um jene gedoppelte Macht zu trennen. Und wie ſie ihre Freyheit wieder aufgaben: ſo uͤbertrugen ſie dem Octa- vio pontificatum maximum, welches vermuthlich zu dem Tittel

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/86>, abgerufen am 14.05.2024.