Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.der Bevölkerung widersetzt haben. "werden? Werden sie nicht bald den größten Haufen aus-"machen, und eine ganz neue Gesetzgebung erfordern? Kann "ein solches liederliches Gemengsel anders als durch Leib- und "Lebensstrafen regieret werden? Und wird derjenige Schutz- "herr, der sie auf diese Art regiert, nicht bald zu mächtig, "nicht bald unser Oberherr und zulezt unser Tyrann werden? "Und warum sollen wir dergleichen Leute in unsern Marken "sich ansetzen lassen? Im Kriege kommen sie uns nicht zu "statten; von einem elenden Kotten können sie sich so wenig "Waffen als Unterhalt schaffen; und mit Billigkeit können "wir auch nicht fordern, daß sie sich für einen Staat aufopfern "sollen, der ihnen nichts als eine elende Hütte erlaubt hat. "Weg also mit diesem Ungeziefer. Wollen sie als Knechte "dienen, so mag sie derjenige annehmen, der für ihr Ver- "brechen einstehen und für sie bezahlen will. Knechte haben "eine ewig todte Hand; sie können nicht fechten, nie etwas "erwerben, nichts verjähren, und uns mithin auf keine Art "gefährlich werden? Gönnet man ihnen auch ein Stück Vieh "auf der gemeinen Weide: so widerspricht ihr Stand alle- "mal ihrer Befugniß. Wir sind also sicher gegen ihre Aus- "dehnung. Aber freye Neubauer können erwerben; sie kön- "nen Markgerechtigkeit erhalten; sie können sich eins "über das andre anmaßen; sie müssen nothwendig un- "sre Weiden und unser Holz, es sey nun heimlich oder "öffentlich mitgebrauchen; und wenn wir nicht bestän- "dig gegen sie auf unser Hut und auf der Jagd sind; so wer- "den sie sich wie Heerden zusammen ziehen, Mauren um sich "aufwerfen, und uns auf die Köpfe schleudern, wenn wir "sie in Schranken halten wollen. Und was werden unsre "Nachbaren sagen, wenn einer von diesen Neubauern zu ih- "nen kömmt, und bey ihnen ein Verbrechen begehet? Wer- "den sie nicht von uns fordern, daß wir den Umständen nach, "den
der Bevoͤlkerung widerſetzt haben. 〟werden? Werden ſie nicht bald den groͤßten Haufen aus-〟machen, und eine ganz neue Geſetzgebung erfordern? Kann 〟ein ſolches liederliches Gemengſel anders als durch Leib- und 〟Lebensſtrafen regieret werden? Und wird derjenige Schutz- 〟herr, der ſie auf dieſe Art regiert, nicht bald zu maͤchtig, 〟nicht bald unſer Oberherr und zulezt unſer Tyrann werden? 〟Und warum ſollen wir dergleichen Leute in unſern Marken 〟ſich anſetzen laſſen? Im Kriege kommen ſie uns nicht zu 〟ſtatten; von einem elenden Kotten koͤnnen ſie ſich ſo wenig 〟Waffen als Unterhalt ſchaffen; und mit Billigkeit koͤnnen 〟wir auch nicht fordern, daß ſie ſich fuͤr einen Staat aufopfern 〟ſollen, der ihnen nichts als eine elende Huͤtte erlaubt hat. 〟Weg alſo mit dieſem Ungeziefer. Wollen ſie als Knechte 〟dienen, ſo mag ſie derjenige annehmen, der fuͤr ihr Ver- 〟brechen einſtehen und fuͤr ſie bezahlen will. Knechte haben 〟eine ewig todte Hand; ſie koͤnnen nicht fechten, nie etwas 〟erwerben, nichts verjaͤhren, und uns mithin auf keine Art 〟gefaͤhrlich werden? Goͤnnet man ihnen auch ein Stuͤck Vieh 〟auf der gemeinen Weide: ſo widerſpricht ihr Stand alle- 〟mal ihrer Befugniß. Wir ſind alſo ſicher gegen ihre Aus- 〟dehnung. Aber freye Neubauer koͤnnen erwerben; ſie koͤn- 〟nen Markgerechtigkeit erhalten; ſie koͤnnen ſich eins 〟uͤber das andre anmaßen; ſie muͤſſen nothwendig un- 〟ſre Weiden und unſer Holz, es ſey nun heimlich oder 〟oͤffentlich mitgebrauchen; und wenn wir nicht beſtaͤn- 〟dig gegen ſie auf unſer Hut und auf der Jagd ſind; ſo wer- 〟den ſie ſich wie Heerden zuſammen ziehen, Mauren um ſich 〟aufwerfen, und uns auf die Koͤpfe ſchleudern, wenn wir 〟ſie in Schranken halten wollen. Und was werden unſre 〟Nachbaren ſagen, wenn einer von dieſen Neubauern zu ih- 〟nen koͤmmt, und bey ihnen ein Verbrechen begehet? Wer- 〟den ſie nicht von uns fordern, daß wir den Umſtaͤnden nach, 〟den
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der Bevoͤlkerung widerſetzt haben.
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〟ein ſolches liederliches Gemengſel anders als durch Leib- und
〟Lebensſtrafen regieret werden? Und wird derjenige Schutz-
〟herr, der ſie auf dieſe Art regiert, nicht bald zu maͤchtig,
〟nicht bald unſer Oberherr und zulezt unſer Tyrann werden?
〟Und warum ſollen wir dergleichen Leute in unſern Marken
〟ſich anſetzen laſſen? Im Kriege kommen ſie uns nicht zu
〟ſtatten; von einem elenden Kotten koͤnnen ſie ſich ſo wenig
〟Waffen als Unterhalt ſchaffen; und mit Billigkeit koͤnnen
〟wir auch nicht fordern, daß ſie ſich fuͤr einen Staat aufopfern
〟ſollen, der ihnen nichts als eine elende Huͤtte erlaubt hat.
〟Weg alſo mit dieſem Ungeziefer. Wollen ſie als Knechte
〟dienen, ſo mag ſie derjenige annehmen, der fuͤr ihr Ver-
〟brechen einſtehen und fuͤr ſie bezahlen will. Knechte haben
〟eine ewig todte Hand; ſie koͤnnen nicht fechten, nie etwas
〟erwerben, nichts verjaͤhren, und uns mithin auf keine Art
〟gefaͤhrlich werden? Goͤnnet man ihnen auch ein Stuͤck Vieh
〟auf der gemeinen Weide: ſo widerſpricht ihr Stand alle-
〟mal ihrer Befugniß. Wir ſind alſo ſicher gegen ihre Aus-
〟dehnung. Aber freye Neubauer koͤnnen erwerben; ſie koͤn-
〟nen Markgerechtigkeit erhalten; ſie koͤnnen ſich eins
〟uͤber das andre anmaßen; ſie muͤſſen nothwendig un-
〟ſre Weiden und unſer Holz, es ſey nun heimlich oder
〟oͤffentlich mitgebrauchen; und wenn wir nicht beſtaͤn-
〟dig gegen ſie auf unſer Hut und auf der Jagd ſind; ſo wer-
〟den ſie ſich wie Heerden zuſammen ziehen, Mauren um ſich
〟aufwerfen, und uns auf die Koͤpfe ſchleudern, wenn wir
〟ſie in Schranken halten wollen. Und was werden unſre
〟Nachbaren ſagen, wenn einer von dieſen Neubauern zu ih-
〟nen koͤmmt, und bey ihnen ein Verbrechen begehet? Wer-
〟den ſie nicht von uns fordern, daß wir den Umſtaͤnden nach,
〟den
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