Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.Betrachtungen diesen behaupte ich, daß sie sich insgesamt in der Zeit vonzweyhundert Jahren freygekauft, und es blos der Nachläs- sigkeit ihrer Unterbeamte zu danken haben, daß sie nicht zu einer oder andern Freyenrolle gezogen und den Ravensbergi- schen und Wetterischen Freyen gleich gemacht worden. Denn die Regel ut liberi subsint advocatioe findet sich durch ganz Deutschland a), und in allen unsern alten Amtsregistern geht die Ordnung also: daß zuerst die Freyen und dann die Klo- sterleute mit ihren Schutzurkunden, Schatzungen und freyen Diensten, zuletzt aber die Hofhörige mit ihren Schulden und Pächte vorkommen, und würden diejenigen, die sich binnen den letztern zweyhundert Jahren von einem Gutsherrn frey- gekauft haben und auf reihepflichtigen Höfen sitzen (denn min- dere haben Churmund oder die Wahl der Hode) sich hier ge- wiß eben so wie in andern Ländern unter die Zahl der Freyen eingeschrieben finden, wenn darauf sofort wäre geachtet wor- den; nicht eben darum, weil es ein oder ander altes Recht so mit sich bringt b), sondern weil es die Noth erfordert und das vorangezogene Recht der reihepflichtigen Gesellschaft durch- a) Item in liberis hominibus et ecclesiarum servis, qui nobis ratione advocatiae subsunt intra districtum et terminos praenotatos. Docum. de 1259 ap. Eccard in orig. fam. Habsburgo austriacae p. 243. b) In einer ganz neulich beym Reichstag übergebnen Schrift
wurde aus einem Schenkungsbrief Kaisers Lothars I., worin es heißt: Coloni et fiscalini tam de Equestre quam pedestre ordine (beym Eccard l. c. p. 108) behauptet, daß auch der Dienstadel unterm Amte gestan- den hätte. Allein in unsern Registern heißt es freyen Wagen- und freyen Fußdienste, und das sind bis in die heutigen Stunde keine von Adel, sondern Pferde- und Fußkötter de Equestre et pedestre ordine. Betrachtungen dieſen behaupte ich, daß ſie ſich insgeſamt in der Zeit vonzweyhundert Jahren freygekauft, und es blos der Nachlaͤſ- ſigkeit ihrer Unterbeamte zu danken haben, daß ſie nicht zu einer oder andern Freyenrolle gezogen und den Ravensbergi- ſchen und Wetteriſchen Freyen gleich gemacht worden. Denn die Regel ut liberi ſubſint advocatiœ findet ſich durch ganz Deutſchland a), und in allen unſern alten Amtsregiſtern geht die Ordnung alſo: daß zuerſt die Freyen und dann die Klo- ſterleute mit ihren Schutzurkunden, Schatzungen und freyen Dienſten, zuletzt aber die Hofhoͤrige mit ihren Schulden und Paͤchte vorkommen, und wuͤrden diejenigen, die ſich binnen den letztern zweyhundert Jahren von einem Gutsherrn frey- gekauft haben und auf reihepflichtigen Hoͤfen ſitzen (denn min- dere haben Churmund oder die Wahl der Hode) ſich hier ge- wiß eben ſo wie in andern Laͤndern unter die Zahl der Freyen eingeſchrieben finden, wenn darauf ſofort waͤre geachtet wor- den; nicht eben darum, weil es ein oder ander altes Recht ſo mit ſich bringt b), ſondern weil es die Noth erfordert und das vorangezogene Recht der reihepflichtigen Geſellſchaft durch- a) Item in liberis hominibus et eccleſiarum ſervis, qui nobis ratione advocatiae ſubſunt intra diſtrictum et terminos praenotatos. Docum. de 1259 ap. Eccard in orig. fam. Habsburgo auſtriacae p. 243. b) In einer ganz neulich beym Reichstag uͤbergebnen Schrift
wurde aus einem Schenkungsbrief Kaiſers Lothars I., worin es heißt: Coloni et fiſcalini tam de Equeſtre quam pedeſtre ordine (beym Eccard l. c. p. 108) behauptet, daß auch der Dienſtadel unterm Amte geſtan- den haͤtte. Allein in unſern Regiſtern heißt es freyen Wagen- und freyen Fußdienſte, und das ſind bis in die heutigen Stunde keine von Adel, ſondern Pferde- und Fußkoͤtter de Equeſtre et pedeſtre ordine. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0186" n="168"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Betrachtungen</hi></fw><lb/> dieſen behaupte ich, daß ſie ſich insgeſamt in der Zeit von<lb/> zweyhundert Jahren freygekauft, und es blos der Nachlaͤſ-<lb/> ſigkeit ihrer Unterbeamte zu danken haben, daß ſie nicht zu<lb/> einer oder andern Freyenrolle gezogen und den Ravensbergi-<lb/> ſchen und Wetteriſchen Freyen gleich gemacht worden. Denn<lb/> die Regel <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ut liberi ſubſint advocatiœ</hi></hi> findet ſich durch ganz<lb/> Deutſchland <note place="foot" n="a)"><hi rendition="#aq">Item in liberis hominibus et eccleſiarum ſervis, qui<lb/> nobis ratione advocatiae ſubſunt intra diſtrictum<lb/> et terminos praenotatos. Docum. de 1259 ap.<lb/> Eccard in orig. fam. Habsburgo auſtriacae p.</hi> 243.</note>, und in allen unſern alten Amtsregiſtern geht<lb/> die Ordnung alſo: daß zuerſt die Freyen und dann die Klo-<lb/> ſterleute mit ihren Schutzurkunden, Schatzungen und freyen<lb/> Dienſten, zuletzt aber die Hofhoͤrige mit ihren Schulden und<lb/> Paͤchte vorkommen, und wuͤrden diejenigen, die ſich binnen<lb/> den letztern zweyhundert Jahren von einem Gutsherrn frey-<lb/> gekauft haben und auf reihepflichtigen Hoͤfen ſitzen (denn min-<lb/> dere haben Churmund oder die Wahl der Hode) ſich hier ge-<lb/> wiß eben ſo wie in andern Laͤndern unter die Zahl der Freyen<lb/> eingeſchrieben finden, wenn darauf ſofort waͤre geachtet wor-<lb/> den; nicht eben darum, weil es ein oder ander altes Recht<lb/> ſo mit ſich bringt <note place="foot" n="b)">In einer ganz neulich beym Reichstag uͤbergebnen Schrift<lb/> wurde aus einem Schenkungsbrief Kaiſers Lothars <hi rendition="#aq">I.,</hi><lb/> worin es heißt: <hi rendition="#aq">Coloni et fiſcalini tam de Equeſtre<lb/> quam pedeſtre ordine</hi> (beym <hi rendition="#aq">Eccard l. c. p.</hi> 108)<lb/> behauptet, daß auch der Dienſtadel unterm Amte geſtan-<lb/> den haͤtte. Allein in unſern Regiſtern heißt es <hi rendition="#fr">freyen</hi><lb/> Wagen- und <hi rendition="#fr">freyen</hi> Fußdienſte, und das ſind bis in die<lb/> heutigen Stunde keine von Adel, ſondern Pferde- und<lb/> Fußkoͤtter <hi rendition="#aq">de Equeſtre et pedeſtre ordine.</hi></note>, ſondern weil es die Noth erfordert und<lb/> das vorangezogene Recht der reihepflichtigen Geſellſchaft<lb/> <fw place="bottom" type="catch">durch-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [168/0186]
Betrachtungen
dieſen behaupte ich, daß ſie ſich insgeſamt in der Zeit von
zweyhundert Jahren freygekauft, und es blos der Nachlaͤſ-
ſigkeit ihrer Unterbeamte zu danken haben, daß ſie nicht zu
einer oder andern Freyenrolle gezogen und den Ravensbergi-
ſchen und Wetteriſchen Freyen gleich gemacht worden. Denn
die Regel ut liberi ſubſint advocatiœ findet ſich durch ganz
Deutſchland a), und in allen unſern alten Amtsregiſtern geht
die Ordnung alſo: daß zuerſt die Freyen und dann die Klo-
ſterleute mit ihren Schutzurkunden, Schatzungen und freyen
Dienſten, zuletzt aber die Hofhoͤrige mit ihren Schulden und
Paͤchte vorkommen, und wuͤrden diejenigen, die ſich binnen
den letztern zweyhundert Jahren von einem Gutsherrn frey-
gekauft haben und auf reihepflichtigen Hoͤfen ſitzen (denn min-
dere haben Churmund oder die Wahl der Hode) ſich hier ge-
wiß eben ſo wie in andern Laͤndern unter die Zahl der Freyen
eingeſchrieben finden, wenn darauf ſofort waͤre geachtet wor-
den; nicht eben darum, weil es ein oder ander altes Recht
ſo mit ſich bringt b), ſondern weil es die Noth erfordert und
das vorangezogene Recht der reihepflichtigen Geſellſchaft
durch-
a) Item in liberis hominibus et eccleſiarum ſervis, qui
nobis ratione advocatiae ſubſunt intra diſtrictum
et terminos praenotatos. Docum. de 1259 ap.
Eccard in orig. fam. Habsburgo auſtriacae p. 243.
b) In einer ganz neulich beym Reichstag uͤbergebnen Schrift
wurde aus einem Schenkungsbrief Kaiſers Lothars I.,
worin es heißt: Coloni et fiſcalini tam de Equeſtre
quam pedeſtre ordine (beym Eccard l. c. p. 108)
behauptet, daß auch der Dienſtadel unterm Amte geſtan-
den haͤtte. Allein in unſern Regiſtern heißt es freyen
Wagen- und freyen Fußdienſte, und das ſind bis in die
heutigen Stunde keine von Adel, ſondern Pferde- und
Fußkoͤtter de Equeſtre et pedeſtre ordine.
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