Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.Gedanken von dem Ursprunge und Nutzen die Stelle der Einschreibung vertritt und Schutz und Hodegiebt, da kan kenntlich niemand verwildern, oder als ein Leib- eigner seine ganze Erbschaft verlieren, ob er gleich zu einer gütlichen Behandlung derselben berechtiget und verbunden ist. Nur da wo die Luft nichts würket, ist die Verbiesterung oder die völlige Knechtschaft möglich; Nur da wo keine Urkunde entrichtet wird, läßt sich eine arge Freyheit oder die ärgste Knechtschaft gedenken; denn jede angenommene Urkunde setzet einen Vergleich mit dem Staate voraus; und niemand hat sich verglichen, um seinen ganzen Nachlaß zu verlieren. a) Dies konnte er ohne Vergleich. Es ist aber eine ganz andre Frage: Ob dergleichen Ein- keit Gebrauch des Worts eigen in der Periode der persönlichen Anhänglichkeit etwas verfängliches geschlossen werden? a) In einigen französischen Orten hat die Sache eine ganz ver-
kehrte Wendung genommen. On arrache le serf a sa mort de la maison de son Epouse desolee, on le transporte dans une terre etrange, mais libre, une famille en pleurs suit son Pere expirant dans des lieux inconnus, et a souvent la douleur de voir, qu'un transport perilleux pour le malade, mais dont la liberte commune est le prix, a abrege ses jours. S. Dissertation sur l'Abbaye de St. Claude, im Anhang, p. 35. hier hat die Fahrloßigkeit der Königl. Beamte gemacht, daß die Leute, so sich aus dem Bezirk der Abtey St. Claude tragen lassen, frey sterben, anstatt daß ihre Erbschaft sodann als Biesterfrey dem Könige heimfal- len sollte. Dagegen hat die Abtey St. Claude ihre Hode in eine Sclaverey verwandelt. Gedanken von dem Urſprunge und Nutzen die Stelle der Einſchreibung vertritt und Schutz und Hodegiebt, da kan kenntlich niemand verwildern, oder als ein Leib- eigner ſeine ganze Erbſchaft verlieren, ob er gleich zu einer guͤtlichen Behandlung derſelben berechtiget und verbunden iſt. Nur da wo die Luft nichts wuͤrket, iſt die Verbieſterung oder die voͤllige Knechtſchaft moͤglich; Nur da wo keine Urkunde entrichtet wird, laͤßt ſich eine arge Freyheit oder die ärgſte Knechtſchaft gedenken; denn jede angenommene Urkunde ſetzet einen Vergleich mit dem Staate voraus; und niemand hat ſich verglichen, um ſeinen ganzen Nachlaß zu verlieren. a) Dies konnte er ohne Vergleich. Es iſt aber eine ganz andre Frage: Ob dergleichen Ein- keit Gebrauch des Worts eigen in der Periode der perſoͤnlichen Anhaͤnglichkeit etwas verfaͤngliches geſchloſſen werden? a) In einigen franzoͤſiſchen Orten hat die Sache eine ganz ver-
kehrte Wendung genommen. On arrache le ſerf à ſa mort de la maiſon de ſon Epouſe deſolée, on le tranſporte dans une terre etrange, mais libre, une famille en pleurs ſuit ſon Pere expirant dans des lieux inconnus, et a ſouvent la douleur de voir, qu’un transport perilleux pour le malade, mais dont la liberté commune eſt le prix, a abregé ſes jours. S. Diſſertation ſur l’Abbaye de St. Claude, im Anhang, p. 35. hier hat die Fahrloßigkeit der Koͤnigl. Beamte gemacht, daß die Leute, ſo ſich aus dem Bezirk der Abtey St. Claude tragen laſſen, frey ſterben, anſtatt daß ihre Erbſchaft ſodann als Bieſterfrey dem Koͤnige heimfal- len ſollte. Dagegen hat die Abtey St. Claude ihre Hode in eine Sclaverey verwandelt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0220" n="202"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Gedanken von dem Urſprunge und Nutzen</hi></fw><lb/> die Stelle der Einſchreibung vertritt und Schutz und Hode<lb/> giebt, da kan kenntlich niemand verwildern, oder als ein Leib-<lb/> eigner ſeine ganze Erbſchaft verlieren, ob er gleich zu einer<lb/> guͤtlichen Behandlung derſelben berechtiget und verbunden iſt.<lb/> Nur da wo die Luft nichts wuͤrket, iſt die Verbieſterung oder<lb/> die voͤllige Knechtſchaft moͤglich; Nur da wo keine Urkunde<lb/> entrichtet wird, laͤßt ſich eine <hi rendition="#fr">arge</hi> Freyheit oder die <hi rendition="#fr">ärgſte</hi><lb/> Knechtſchaft gedenken; denn jede angenommene Urkunde ſetzet<lb/> einen Vergleich mit dem Staate voraus; und niemand hat<lb/> ſich verglichen, um ſeinen ganzen Nachlaß zu verlieren. <note place="foot" n="a)">In einigen franzoͤſiſchen Orten hat die Sache eine ganz ver-<lb/> kehrte Wendung genommen. <hi rendition="#aq">On arrache le ſerf à ſa<lb/> mort de la maiſon de ſon Epouſe deſolée, on le<lb/> tranſporte dans une terre etrange, mais libre, une<lb/> famille en pleurs ſuit ſon Pere expirant dans des<lb/> lieux inconnus, et a ſouvent la douleur de voir,<lb/> qu’un transport perilleux pour le malade, mais<lb/><hi rendition="#i">dont la liberté commune</hi> eſt le prix, a abregé ſes<lb/> jours.</hi> S. <hi rendition="#aq">Diſſertation ſur l’Abbaye de St. Claude,</hi><lb/> im Anhang, <hi rendition="#aq">p.</hi> 35. hier hat die Fahrloßigkeit der Koͤnigl.<lb/> Beamte gemacht, daß die Leute, ſo ſich aus dem Bezirk der<lb/> Abtey St. Claude tragen laſſen, frey ſterben, anſtatt daß<lb/> ihre Erbſchaft ſodann als Bieſterfrey dem Koͤnige heimfal-<lb/> len ſollte. Dagegen hat die Abtey St. Claude ihre Hode<lb/> in eine Sclaverey verwandelt.</note><lb/> Dies konnte er ohne Vergleich.</p><lb/> <p>Es iſt aber eine ganz andre Frage: Ob dergleichen Ein-<lb/> richtungen ſeitdem das Territorium einen zum Unterthanen<lb/> macht, und das ehmalige Band der perſoͤnlichen Anhaͤnglich-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">keit</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_6_2" prev="#seg2pn_6_1" place="foot" n="a)">Gebrauch des Worts <hi rendition="#fr">eigen</hi> in der Periode der perſoͤnlichen<lb/> Anhaͤnglichkeit etwas verfaͤngliches geſchloſſen werden?</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [202/0220]
Gedanken von dem Urſprunge und Nutzen
die Stelle der Einſchreibung vertritt und Schutz und Hode
giebt, da kan kenntlich niemand verwildern, oder als ein Leib-
eigner ſeine ganze Erbſchaft verlieren, ob er gleich zu einer
guͤtlichen Behandlung derſelben berechtiget und verbunden iſt.
Nur da wo die Luft nichts wuͤrket, iſt die Verbieſterung oder
die voͤllige Knechtſchaft moͤglich; Nur da wo keine Urkunde
entrichtet wird, laͤßt ſich eine arge Freyheit oder die ärgſte
Knechtſchaft gedenken; denn jede angenommene Urkunde ſetzet
einen Vergleich mit dem Staate voraus; und niemand hat
ſich verglichen, um ſeinen ganzen Nachlaß zu verlieren. a)
Dies konnte er ohne Vergleich.
Es iſt aber eine ganz andre Frage: Ob dergleichen Ein-
richtungen ſeitdem das Territorium einen zum Unterthanen
macht, und das ehmalige Band der perſoͤnlichen Anhaͤnglich-
keit
a)
a) In einigen franzoͤſiſchen Orten hat die Sache eine ganz ver-
kehrte Wendung genommen. On arrache le ſerf à ſa
mort de la maiſon de ſon Epouſe deſolée, on le
tranſporte dans une terre etrange, mais libre, une
famille en pleurs ſuit ſon Pere expirant dans des
lieux inconnus, et a ſouvent la douleur de voir,
qu’un transport perilleux pour le malade, mais
dont la liberté commune eſt le prix, a abregé ſes
jours. S. Diſſertation ſur l’Abbaye de St. Claude,
im Anhang, p. 35. hier hat die Fahrloßigkeit der Koͤnigl.
Beamte gemacht, daß die Leute, ſo ſich aus dem Bezirk der
Abtey St. Claude tragen laſſen, frey ſterben, anſtatt daß
ihre Erbſchaft ſodann als Bieſterfrey dem Koͤnige heimfal-
len ſollte. Dagegen hat die Abtey St. Claude ihre Hode
in eine Sclaverey verwandelt.
a) Gebrauch des Worts eigen in der Periode der perſoͤnlichen
Anhaͤnglichkeit etwas verfaͤngliches geſchloſſen werden?
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