Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.die Wege zu bessern als auszuflicken. Gelegenheit hatte, mir ein Zufall alle Bedenklichkeiten der-selben auf einmal aufgelöset hätte. Auf einer nicht zur Heer- straße geadelten sondern sehr alten großen Route, trafen in einem Wirthshause verschiedene Fuhrleute mit mir zusam- men. Sie zahlten eben wie ich ins Haus trat, für jedes Pferd, welches sie zu Zurücklegung eines noch nicht gar schlech- ten Weges von drey Stunden zum Vorspann dingen müssen, einen Gulden, nicht ohne Ausstossung vieler Flüche und Ver- wünschungen des Ungemachs und der Kosten, welche ihnen die mit dem nächst gelegenen Sande, Wasen, Stroh und Quek- ken ausgebesserten Wege veranlasset hatten. Mit einer hei- tern Mine setzten sie das Gottlob! in einigen Tagen treffen wir endlich auf bessere Wege, hinzu; wie gern zahlen wir da unsern Groschen und noch mehr! Dies machte mich auf- merksam, und sie versicherten mich, daß allein die Kosten des Vorspanns auf den geflickten Wegen, das Weggeld, so sie auf gründlich gebesserten Heerstraßen zahlen müßten, bey weiten überträfe, nicht zu gedenken, daß sie in einem Tage auf neuen Wegen zwo Tagereisen schlechter Wege zurücklegten, und also auf den erstern auch außer der Zeit die halben Zehrungskosten ersparten. Der Herr schaue nur, fügte der eine hinzu: An einem Dorfe lief vordem eine gewisse alte große Heerstraße hinaus; man hatte sie hier endlich mit Steinen, Koth, Holz und Quecken auch für die besten Jahrszeiten zu einem fürch- terlichen Mordwege geflicket, und nicht selten habe ich zwey, drey und mehr Thaler gezahlet, um nur zweene, drey oder mehr Pferde, und das nur noch aus großer Gefälligkeit der Einwohner des Dorfs, zum Vorspann zu erhalten, und meine Fuhr mit halsbrechender Arbeit in halben Tagen ohngefähr drey viertel Stunde vorwärts zu schleppen. Vordem paßirte ich diese Straße mit Furcht und Zittern. Seit einigen Jah- ren ist sie neu erbauet und mit einer ansehnlichen Abkürzung von
die Wege zu beſſern als auszuflicken. Gelegenheit hatte, mir ein Zufall alle Bedenklichkeiten der-ſelben auf einmal aufgeloͤſet haͤtte. Auf einer nicht zur Heer- ſtraße geadelten ſondern ſehr alten großen Route, trafen in einem Wirthshauſe verſchiedene Fuhrleute mit mir zuſam- men. Sie zahlten eben wie ich ins Haus trat, fuͤr jedes Pferd, welches ſie zu Zuruͤcklegung eines noch nicht gar ſchlech- ten Weges von drey Stunden zum Vorſpann dingen muͤſſen, einen Gulden, nicht ohne Ausſtoſſung vieler Fluͤche und Ver- wuͤnſchungen des Ungemachs und der Koſten, welche ihnen die mit dem naͤchſt gelegenen Sande, Waſen, Stroh und Quek- ken ausgebeſſerten Wege veranlaſſet hatten. Mit einer hei- tern Mine ſetzten ſie das Gottlob! in einigen Tagen treffen wir endlich auf beſſere Wege, hinzu; wie gern zahlen wir da unſern Groſchen und noch mehr! Dies machte mich auf- merkſam, und ſie verſicherten mich, daß allein die Koſten des Vorſpanns auf den geflickten Wegen, das Weggeld, ſo ſie auf gruͤndlich gebeſſerten Heerſtraßen zahlen muͤßten, bey weiten uͤbertraͤfe, nicht zu gedenken, daß ſie in einem Tage auf neuen Wegen zwo Tagereiſen ſchlechter Wege zuruͤcklegten, und alſo auf den erſtern auch außer der Zeit die halben Zehrungskoſten erſparten. Der Herr ſchaue nur, fuͤgte der eine hinzu: An einem Dorfe lief vordem eine gewiſſe alte große Heerſtraße hinaus; man hatte ſie hier endlich mit Steinen, Koth, Holz und Quecken auch fuͤr die beſten Jahrszeiten zu einem fuͤrch- terlichen Mordwege geflicket, und nicht ſelten habe ich zwey, drey und mehr Thaler gezahlet, um nur zweene, drey oder mehr Pferde, und das nur noch aus großer Gefaͤlligkeit der Einwohner des Dorfs, zum Vorſpann zu erhalten, und meine Fuhr mit halsbrechender Arbeit in halben Tagen ohngefaͤhr drey viertel Stunde vorwaͤrts zu ſchleppen. Vordem paßirte ich dieſe Straße mit Furcht und Zittern. Seit einigen Jah- ren iſt ſie neu erbauet und mit einer anſehnlichen Abkuͤrzung von
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die Wege zu beſſern als auszuflicken.
Gelegenheit hatte, mir ein Zufall alle Bedenklichkeiten der-
ſelben auf einmal aufgeloͤſet haͤtte. Auf einer nicht zur Heer-
ſtraße geadelten ſondern ſehr alten großen Route, trafen in
einem Wirthshauſe verſchiedene Fuhrleute mit mir zuſam-
men. Sie zahlten eben wie ich ins Haus trat, fuͤr jedes
Pferd, welches ſie zu Zuruͤcklegung eines noch nicht gar ſchlech-
ten Weges von drey Stunden zum Vorſpann dingen muͤſſen,
einen Gulden, nicht ohne Ausſtoſſung vieler Fluͤche und Ver-
wuͤnſchungen des Ungemachs und der Koſten, welche ihnen die
mit dem naͤchſt gelegenen Sande, Waſen, Stroh und Quek-
ken ausgebeſſerten Wege veranlaſſet hatten. Mit einer hei-
tern Mine ſetzten ſie das Gottlob! in einigen Tagen treffen
wir endlich auf beſſere Wege, hinzu; wie gern zahlen wir
da unſern Groſchen und noch mehr! Dies machte mich auf-
merkſam, und ſie verſicherten mich, daß allein die Koſten des
Vorſpanns auf den geflickten Wegen, das Weggeld, ſo ſie auf
gruͤndlich gebeſſerten Heerſtraßen zahlen muͤßten, bey weiten
uͤbertraͤfe, nicht zu gedenken, daß ſie in einem Tage auf neuen
Wegen zwo Tagereiſen ſchlechter Wege zuruͤcklegten, und alſo
auf den erſtern auch außer der Zeit die halben Zehrungskoſten
erſparten. Der Herr ſchaue nur, fuͤgte der eine hinzu: An
einem Dorfe lief vordem eine gewiſſe alte große Heerſtraße
hinaus; man hatte ſie hier endlich mit Steinen, Koth, Holz
und Quecken auch fuͤr die beſten Jahrszeiten zu einem fuͤrch-
terlichen Mordwege geflicket, und nicht ſelten habe ich zwey,
drey und mehr Thaler gezahlet, um nur zweene, drey oder
mehr Pferde, und das nur noch aus großer Gefaͤlligkeit der
Einwohner des Dorfs, zum Vorſpann zu erhalten, und meine
Fuhr mit halsbrechender Arbeit in halben Tagen ohngefaͤhr
drey viertel Stunde vorwaͤrts zu ſchleppen. Vordem paßirte
ich dieſe Straße mit Furcht und Zittern. Seit einigen Jah-
ren iſt ſie neu erbauet und mit einer anſehnlichen Abkuͤrzung
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