Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Antwort zu kommen? Gesetzt nun auch, Sprützen, Leitern und Zu-ber dienten blos im Dorfe, und auf ebenen Pflaster, wür- den denn nicht jene wichtige Gegenstände allein hinreichen, die Vorsorge der Obrigkeit zu rechtfertigen? Ist nicht die Leiter von 36 Sprossen dem Kirchdache gerecht? Und sind nicht kürzere Leitern, welche zu andern Häusern dienen kön- nen, überall so häufig, daß man ihre Anschaffung von Obrigkeitswegen nicht erst verordnen darf? Wissen Sie auch wohl ferner, daß die einzelnen Haus- Und wo ist ein Kirchspiel, das nicht grossen Antheil Die Zuber auf Schleiffen sind nicht so strenge verord- Or-
Antwort zu kommen? Geſetzt nun auch, Spruͤtzen, Leitern und Zu-ber dienten blos im Dorfe, und auf ebenen Pflaſter, wuͤr- den denn nicht jene wichtige Gegenſtaͤnde allein hinreichen, die Vorſorge der Obrigkeit zu rechtfertigen? Iſt nicht die Leiter von 36 Sproſſen dem Kirchdache gerecht? Und ſind nicht kuͤrzere Leitern, welche zu andern Haͤuſern dienen koͤn- nen, uͤberall ſo haͤufig, daß man ihre Anſchaffung von Obrigkeitswegen nicht erſt verordnen darf? Wiſſen Sie auch wohl ferner, daß die einzelnen Haus- Und wo iſt ein Kirchſpiel, das nicht groſſen Antheil Die Zuber auf Schleiffen ſind nicht ſo ſtrenge verord- Or-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0176" n="162"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Antwort</hi></hi></fw><lb/> zu kommen? Geſetzt nun auch, Spruͤtzen, Leitern und Zu-<lb/> ber dienten blos im Dorfe, und auf ebenen Pflaſter, wuͤr-<lb/> den denn nicht jene wichtige Gegenſtaͤnde allein hinreichen,<lb/> die Vorſorge der Obrigkeit zu rechtfertigen? Iſt nicht die<lb/> Leiter von 36 Sproſſen dem Kirchdache gerecht? Und ſind<lb/> nicht kuͤrzere Leitern, welche zu andern Haͤuſern dienen koͤn-<lb/> nen, uͤberall ſo haͤufig, daß man ihre Anſchaffung von<lb/> Obrigkeitswegen nicht erſt verordnen darf?</p><lb/> <p>Wiſſen Sie auch wohl ferner, daß die einzelnen Haus-<lb/> leute mit den Dorfgeſeſſenen in der Brand-Societaͤt gleiche<lb/> Gefahr tragen? Der Feuerſchade im Dorfe, wo die Haͤu-<lb/> ſer an einander ſtehen, laͤuft gleich auf zehn und zwanzig<lb/> tauſend Thaler; in den letzten ſechs Jahren vor Errichtung<lb/> der Brandcaſſe, brannten neun Flecken und Doͤrfer ab;<lb/> und ſeit der Zeit iſt, dem Hoͤchſten ſey Dank! keinem ein<lb/> ſolches Ungluͤck wiederfahren. Was meynen Sie aber,<lb/> wenn wir nur ein oder zwey dergleichen Ungluͤcksfaͤlle er-<lb/> lebten; ſollte den einzelnen Hausleuten, als Societaͤtsgenoſ-<lb/> ſen, der Schade nicht hoͤher kommen, als der geringe Bey-<lb/> trag zu den Feuerſpruͤtzen?</p><lb/> <p>Und wo iſt ein Kirchſpiel, das nicht groſſen Antheil<lb/> am Dorfe habe? Sind ihnen die Dorfgeſeſſenen nicht ins-<lb/> gemein ſchuldig? Verheuren ſie ihnen nicht ihre Laͤndereyen?<lb/> Verkaufen ſie ihnen nicht ihr Holz? Und wuͤrde es nicht<lb/> das ganze Kirchſpiel am mehrſten empfinden, wenn die<lb/> Haͤuſer der Dorfgeſeſſenen im Feuer aufgiengen? wenn ſie<lb/> keine Landheuer mehr bezahlen und kein Holz mehr kaufen<lb/> koͤnnten? Muß denn nicht auch der Hausmann einige Ach-<lb/> tung gegen die Schenke im Dorfe und gegen alle die Be-<lb/> quemlichkeiten haben, welche ihm aus dem Dorfe zu-<lb/> wachſen?</p><lb/> <p>Die Zuber auf Schleiffen ſind nicht ſo ſtrenge verord-<lb/> net, daß ſie nicht auch unter Ermaͤßigung der Beamte, an<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Or-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0176]
Antwort
zu kommen? Geſetzt nun auch, Spruͤtzen, Leitern und Zu-
ber dienten blos im Dorfe, und auf ebenen Pflaſter, wuͤr-
den denn nicht jene wichtige Gegenſtaͤnde allein hinreichen,
die Vorſorge der Obrigkeit zu rechtfertigen? Iſt nicht die
Leiter von 36 Sproſſen dem Kirchdache gerecht? Und ſind
nicht kuͤrzere Leitern, welche zu andern Haͤuſern dienen koͤn-
nen, uͤberall ſo haͤufig, daß man ihre Anſchaffung von
Obrigkeitswegen nicht erſt verordnen darf?
Wiſſen Sie auch wohl ferner, daß die einzelnen Haus-
leute mit den Dorfgeſeſſenen in der Brand-Societaͤt gleiche
Gefahr tragen? Der Feuerſchade im Dorfe, wo die Haͤu-
ſer an einander ſtehen, laͤuft gleich auf zehn und zwanzig
tauſend Thaler; in den letzten ſechs Jahren vor Errichtung
der Brandcaſſe, brannten neun Flecken und Doͤrfer ab;
und ſeit der Zeit iſt, dem Hoͤchſten ſey Dank! keinem ein
ſolches Ungluͤck wiederfahren. Was meynen Sie aber,
wenn wir nur ein oder zwey dergleichen Ungluͤcksfaͤlle er-
lebten; ſollte den einzelnen Hausleuten, als Societaͤtsgenoſ-
ſen, der Schade nicht hoͤher kommen, als der geringe Bey-
trag zu den Feuerſpruͤtzen?
Und wo iſt ein Kirchſpiel, das nicht groſſen Antheil
am Dorfe habe? Sind ihnen die Dorfgeſeſſenen nicht ins-
gemein ſchuldig? Verheuren ſie ihnen nicht ihre Laͤndereyen?
Verkaufen ſie ihnen nicht ihr Holz? Und wuͤrde es nicht
das ganze Kirchſpiel am mehrſten empfinden, wenn die
Haͤuſer der Dorfgeſeſſenen im Feuer aufgiengen? wenn ſie
keine Landheuer mehr bezahlen und kein Holz mehr kaufen
koͤnnten? Muß denn nicht auch der Hausmann einige Ach-
tung gegen die Schenke im Dorfe und gegen alle die Be-
quemlichkeiten haben, welche ihm aus dem Dorfe zu-
wachſen?
Die Zuber auf Schleiffen ſind nicht ſo ſtrenge verord-
net, daß ſie nicht auch unter Ermaͤßigung der Beamte, an
Or-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeFür das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |