Der größte Vorwurf des Monopoliums wurde ihnen aber in England selbst gemacht, indem die dortigen Kauf- leute die Ausfuhr der englischen Wollen Waaren frey ha- ben wollten, und darüber so wohl bey dem Könige als dem Parlament die bittersten Klagen führten, daß ihnen ver- wehret würde, ein Stück Tuch auszuführen. Sie wiegel- ten die Wollenweber und andre Manufacturisten auf, mit der Hoffnung, daß sie weit mehr für ihre Waaren bekom- men würden, wenn mehrere zum Einkauf derselben concur- riren würden, und dieses würde geschehen, wenn so wie jetzt, jedem erlaubt wäre dergleichen auszuführen. Allein so scheinbar auch diese Gründe waren, und so sehr sich die Hanse dieses einheimischen Zwistes zu ihrem Vortheil zu bedienen suchte: so überwog doch das Glück oder das Geld der Gesellschaft so wohl im Cabinet als im Parlament das Geschrey ihrer nicht so festgeschlossenen Gegner; und jene behielt ihr Recht der alleinigen Ausfuhr nach den Markt- städten, und in die Gegenden so davon natürlicher Weise ressortirten. Ausser deuselben aber war kein beträchtlicher Handel anzufangen. Der Hauptgrund der Compagnie war, daß, wenn der Handel offen wäre, viele schwache Hände denselben verderben, und die Waaren verschleudern würden, wodurch die Nation um Ehre und Vortheil kom- men würde. Der Bewegungsgrund im Cabinet, warum man die Compagnie begünstigte, mogte aber darinn beste- hen, daß England in seinen damaligen Kriegen, alle seine auswärtigen Zahlungen durch dieselbe verrichten ließ, und sich ihres grossen Credits durch die ganze Welt bedienen konnte. Die Compagnie war damals für ganz Europa, was jetzt Amsterdam ist. Alle Zahlungen geschahen durch sie, wie jetzt durch die Amsterdammer und Rotterdammer.
Um aber die Klagen, welche der Verfasser über die Hanse führt, recht zu verstehen, muß ich vorher einiges
bemer-
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der deutſch. und engl. Handelscompagnie.
Der groͤßte Vorwurf des Monopoliums wurde ihnen aber in England ſelbſt gemacht, indem die dortigen Kauf- leute die Ausfuhr der engliſchen Wollen Waaren frey ha- ben wollten, und daruͤber ſo wohl bey dem Koͤnige als dem Parlament die bitterſten Klagen fuͤhrten, daß ihnen ver- wehret wuͤrde, ein Stuͤck Tuch auszufuͤhren. Sie wiegel- ten die Wollenweber und andre Manufacturiſten auf, mit der Hoffnung, daß ſie weit mehr fuͤr ihre Waaren bekom- men wuͤrden, wenn mehrere zum Einkauf derſelben concur- riren wuͤrden, und dieſes wuͤrde geſchehen, wenn ſo wie jetzt, jedem erlaubt waͤre dergleichen auszufuͤhren. Allein ſo ſcheinbar auch dieſe Gruͤnde waren, und ſo ſehr ſich die Hanſe dieſes einheimiſchen Zwiſtes zu ihrem Vortheil zu bedienen ſuchte: ſo uͤberwog doch das Gluͤck oder das Geld der Geſellſchaft ſo wohl im Cabinet als im Parlament das Geſchrey ihrer nicht ſo feſtgeſchloſſenen Gegner; und jene behielt ihr Recht der alleinigen Ausfuhr nach den Markt- ſtaͤdten, und in die Gegenden ſo davon natuͤrlicher Weiſe reſſortirten. Auſſer deuſelben aber war kein betraͤchtlicher Handel anzufangen. Der Hauptgrund der Compagnie war, daß, wenn der Handel offen waͤre, viele ſchwache Haͤnde denſelben verderben, und die Waaren verſchleudern wuͤrden, wodurch die Nation um Ehre und Vortheil kom- men wuͤrde. Der Bewegungsgrund im Cabinet, warum man die Compagnie beguͤnſtigte, mogte aber darinn beſte- hen, daß England in ſeinen damaligen Kriegen, alle ſeine auswaͤrtigen Zahlungen durch dieſelbe verrichten ließ, und ſich ihres groſſen Credits durch die ganze Welt bedienen konnte. Die Compagnie war damals fuͤr ganz Europa, was jetzt Amſterdam iſt. Alle Zahlungen geſchahen durch ſie, wie jetzt durch die Amſterdammer und Rotterdammer.
Um aber die Klagen, welche der Verfaſſer uͤber die Hanſe fuͤhrt, recht zu verſtehen, muß ich vorher einiges
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der deutſch. und engl. Handelscompagnie.
Der groͤßte Vorwurf des Monopoliums wurde ihnen
aber in England ſelbſt gemacht, indem die dortigen Kauf-
leute die Ausfuhr der engliſchen Wollen Waaren frey ha-
ben wollten, und daruͤber ſo wohl bey dem Koͤnige als dem
Parlament die bitterſten Klagen fuͤhrten, daß ihnen ver-
wehret wuͤrde, ein Stuͤck Tuch auszufuͤhren. Sie wiegel-
ten die Wollenweber und andre Manufacturiſten auf, mit
der Hoffnung, daß ſie weit mehr fuͤr ihre Waaren bekom-
men wuͤrden, wenn mehrere zum Einkauf derſelben concur-
riren wuͤrden, und dieſes wuͤrde geſchehen, wenn ſo wie
jetzt, jedem erlaubt waͤre dergleichen auszufuͤhren. Allein
ſo ſcheinbar auch dieſe Gruͤnde waren, und ſo ſehr ſich die
Hanſe dieſes einheimiſchen Zwiſtes zu ihrem Vortheil zu
bedienen ſuchte: ſo uͤberwog doch das Gluͤck oder das Geld
der Geſellſchaft ſo wohl im Cabinet als im Parlament das
Geſchrey ihrer nicht ſo feſtgeſchloſſenen Gegner; und jene
behielt ihr Recht der alleinigen Ausfuhr nach den Markt-
ſtaͤdten, und in die Gegenden ſo davon natuͤrlicher Weiſe
reſſortirten. Auſſer deuſelben aber war kein betraͤchtlicher
Handel anzufangen. Der Hauptgrund der Compagnie
war, daß, wenn der Handel offen waͤre, viele ſchwache
Haͤnde denſelben verderben, und die Waaren verſchleudern
wuͤrden, wodurch die Nation um Ehre und Vortheil kom-
men wuͤrde. Der Bewegungsgrund im Cabinet, warum
man die Compagnie beguͤnſtigte, mogte aber darinn beſte-
hen, daß England in ſeinen damaligen Kriegen, alle ſeine
auswaͤrtigen Zahlungen durch dieſelbe verrichten ließ, und
ſich ihres groſſen Credits durch die ganze Welt bedienen
konnte. Die Compagnie war damals fuͤr ganz Europa,
was jetzt Amſterdam iſt. Alle Zahlungen geſchahen durch
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/193>, abgerufen am 21.11.2024.
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