Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

als eine Actie betrachtet.
noch immer ein theoretisches Ungeheuer, ein vielköpfiger Des-
potismus ist.

In einigen Staaten hat man dieses Ungeheuer erkannt,
und daher zur Regel angenommen, daß die Pacht dem
Pachtmanne nicht höher als auf die Hälfte seines Einkom-
mens gesteigert werden solle; und man nennet dergleichen
Leute halben: die vorfallenden öffentlichen Lasten tragen
Verpächter und Pächter zur Hälfte, und obgleich auch hier
der letztere weder Sitz noch Stimme in der Direction hat:
so ist er doch auf sichere Weise dabey repräsentirt, weil der
Verpächter um seine eigne Hälfte zu schonen, die andre
nicht ohne die höchste Noth beschweren wird. Ein solcher
Contrakt, so bald er zu einer allgemeinen Regel gemacht
ist, hat nichts bedenkliches, indem es allenfalls jeder Com-
pagnie frey steht, die Actie auf 500 oder 1000 Rthlr. und
den Beytrag davon auf diese oder jene Art zu bestimmen.
Allein wo er keine allgemeine Regel abgiebt, wo der eine
Verpächter um die Hälfte, der andre um die dritte, vierte
oder zehnte Garbe mit seinem Pächter schließt, und dieses
noch dazu ohne Vorwissen der Compagnie, da würde es
eine höchst unbeständige Art der Handlung seyn, die Pächte
frey vorabgehen zu lassen, und den gemeinen Beytrag nach
dem Verhältniß des freyen Ueberschusses auszuschreiben.
Einer von beyden muß die Regel seyn, entweder haftet die
halbe Actie oder ein jeder andrer durch einen allgemeinen
Schluß bestimmter Theil für die Ausgaben der Compagnie,
und über die andre Hälfte mögen Pächter und Verpächter
nach ihrem freyen Willen contrahiren; oder die ganze Actie
wird in das Compagniekataster eingetragen, und der Ver-
pächter muß nachstehn, so oft die nothwendigen gemeinen
Ausgaben so weit gehen, daß er seine Pacht nicht erhalten
kann. Wo es anders gehalten wird, da wird der billigste
Verpächter von dem unbilligen hintergangen. Jedoch wir

müssen
U 4

als eine Actie betrachtet.
noch immer ein theoretiſches Ungeheuer, ein vielkoͤpfiger Deſ-
potiſmus iſt.

In einigen Staaten hat man dieſes Ungeheuer erkannt,
und daher zur Regel angenommen, daß die Pacht dem
Pachtmanne nicht hoͤher als auf die Haͤlfte ſeines Einkom-
mens geſteigert werden ſolle; und man nennet dergleichen
Leute halben: die vorfallenden oͤffentlichen Laſten tragen
Verpaͤchter und Paͤchter zur Haͤlfte, und obgleich auch hier
der letztere weder Sitz noch Stimme in der Direction hat:
ſo iſt er doch auf ſichere Weiſe dabey repraͤſentirt, weil der
Verpaͤchter um ſeine eigne Haͤlfte zu ſchonen, die andre
nicht ohne die hoͤchſte Noth beſchweren wird. Ein ſolcher
Contrakt, ſo bald er zu einer allgemeinen Regel gemacht
iſt, hat nichts bedenkliches, indem es allenfalls jeder Com-
pagnie frey ſteht, die Actie auf 500 oder 1000 Rthlr. und
den Beytrag davon auf dieſe oder jene Art zu beſtimmen.
Allein wo er keine allgemeine Regel abgiebt, wo der eine
Verpaͤchter um die Haͤlfte, der andre um die dritte, vierte
oder zehnte Garbe mit ſeinem Paͤchter ſchließt, und dieſes
noch dazu ohne Vorwiſſen der Compagnie, da wuͤrde es
eine hoͤchſt unbeſtaͤndige Art der Handlung ſeyn, die Paͤchte
frey vorabgehen zu laſſen, und den gemeinen Beytrag nach
dem Verhaͤltniß des freyen Ueberſchuſſes auszuſchreiben.
Einer von beyden muß die Regel ſeyn, entweder haftet die
halbe Actie oder ein jeder andrer durch einen allgemeinen
Schluß beſtimmter Theil fuͤr die Ausgaben der Compagnie,
und uͤber die andre Haͤlfte moͤgen Paͤchter und Verpaͤchter
nach ihrem freyen Willen contrahiren; oder die ganze Actie
wird in das Compagniekataſter eingetragen, und der Ver-
paͤchter muß nachſtehn, ſo oft die nothwendigen gemeinen
Ausgaben ſo weit gehen, daß er ſeine Pacht nicht erhalten
kann. Wo es anders gehalten wird, da wird der billigſte
Verpaͤchter von dem unbilligen hintergangen. Jedoch wir

muͤſſen
U 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0325" n="311"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">als eine Actie betrachtet.</hi></fw><lb/>
noch immer ein theoreti&#x017F;ches Ungeheuer, ein vielko&#x0364;pfiger De&#x017F;-<lb/>
poti&#x017F;mus i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>In einigen Staaten hat man die&#x017F;es Ungeheuer erkannt,<lb/>
und daher zur Regel angenommen, daß die Pacht dem<lb/>
Pachtmanne nicht ho&#x0364;her als auf die Ha&#x0364;lfte &#x017F;eines Einkom-<lb/>
mens ge&#x017F;teigert werden &#x017F;olle; und man nennet dergleichen<lb/>
Leute <hi rendition="#fr">halben:</hi> die vorfallenden o&#x0364;ffentlichen La&#x017F;ten tragen<lb/>
Verpa&#x0364;chter und Pa&#x0364;chter zur Ha&#x0364;lfte, und obgleich auch hier<lb/>
der letztere weder Sitz noch Stimme in der Direction hat:<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t er doch auf &#x017F;ichere Wei&#x017F;e dabey repra&#x0364;&#x017F;entirt, weil der<lb/>
Verpa&#x0364;chter um &#x017F;eine eigne Ha&#x0364;lfte zu &#x017F;chonen, die andre<lb/>
nicht ohne die ho&#x0364;ch&#x017F;te Noth be&#x017F;chweren wird. Ein &#x017F;olcher<lb/>
Contrakt, &#x017F;o bald er zu einer allgemeinen Regel gemacht<lb/>
i&#x017F;t, hat nichts bedenkliches, indem es allenfalls jeder Com-<lb/>
pagnie frey &#x017F;teht, die Actie auf 500 oder 1000 Rthlr. und<lb/>
den Beytrag davon auf die&#x017F;e oder jene Art zu be&#x017F;timmen.<lb/>
Allein wo er keine allgemeine Regel abgiebt, wo der eine<lb/>
Verpa&#x0364;chter um die Ha&#x0364;lfte, der andre um die dritte, vierte<lb/>
oder zehnte Garbe mit &#x017F;einem Pa&#x0364;chter &#x017F;chließt, und die&#x017F;es<lb/>
noch dazu ohne Vorwi&#x017F;&#x017F;en der Compagnie, da wu&#x0364;rde es<lb/>
eine ho&#x0364;ch&#x017F;t unbe&#x017F;ta&#x0364;ndige Art der Handlung &#x017F;eyn, die Pa&#x0364;chte<lb/>
frey vorabgehen zu la&#x017F;&#x017F;en, und den gemeinen Beytrag nach<lb/>
dem Verha&#x0364;ltniß des freyen Ueber&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;es auszu&#x017F;chreiben.<lb/>
Einer von beyden muß die Regel &#x017F;eyn, entweder haftet die<lb/>
halbe Actie oder ein jeder andrer durch einen allgemeinen<lb/>
Schluß be&#x017F;timmter Theil fu&#x0364;r die Ausgaben der Compagnie,<lb/>
und u&#x0364;ber die andre Ha&#x0364;lfte mo&#x0364;gen Pa&#x0364;chter und Verpa&#x0364;chter<lb/>
nach ihrem freyen Willen contrahiren; oder die ganze Actie<lb/>
wird in das Compagniekata&#x017F;ter eingetragen, und der Ver-<lb/>
pa&#x0364;chter muß nach&#x017F;tehn, &#x017F;o oft die nothwendigen gemeinen<lb/>
Ausgaben &#x017F;o weit gehen, daß er &#x017F;eine Pacht nicht erhalten<lb/>
kann. Wo es anders gehalten wird, da wird der billig&#x017F;te<lb/>
Verpa&#x0364;chter von dem unbilligen hintergangen. Jedoch wir<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 4</fw><fw place="bottom" type="catch">mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311/0325] als eine Actie betrachtet. noch immer ein theoretiſches Ungeheuer, ein vielkoͤpfiger Deſ- potiſmus iſt. In einigen Staaten hat man dieſes Ungeheuer erkannt, und daher zur Regel angenommen, daß die Pacht dem Pachtmanne nicht hoͤher als auf die Haͤlfte ſeines Einkom- mens geſteigert werden ſolle; und man nennet dergleichen Leute halben: die vorfallenden oͤffentlichen Laſten tragen Verpaͤchter und Paͤchter zur Haͤlfte, und obgleich auch hier der letztere weder Sitz noch Stimme in der Direction hat: ſo iſt er doch auf ſichere Weiſe dabey repraͤſentirt, weil der Verpaͤchter um ſeine eigne Haͤlfte zu ſchonen, die andre nicht ohne die hoͤchſte Noth beſchweren wird. Ein ſolcher Contrakt, ſo bald er zu einer allgemeinen Regel gemacht iſt, hat nichts bedenkliches, indem es allenfalls jeder Com- pagnie frey ſteht, die Actie auf 500 oder 1000 Rthlr. und den Beytrag davon auf dieſe oder jene Art zu beſtimmen. Allein wo er keine allgemeine Regel abgiebt, wo der eine Verpaͤchter um die Haͤlfte, der andre um die dritte, vierte oder zehnte Garbe mit ſeinem Paͤchter ſchließt, und dieſes noch dazu ohne Vorwiſſen der Compagnie, da wuͤrde es eine hoͤchſt unbeſtaͤndige Art der Handlung ſeyn, die Paͤchte frey vorabgehen zu laſſen, und den gemeinen Beytrag nach dem Verhaͤltniß des freyen Ueberſchuſſes auszuſchreiben. Einer von beyden muß die Regel ſeyn, entweder haftet die halbe Actie oder ein jeder andrer durch einen allgemeinen Schluß beſtimmter Theil fuͤr die Ausgaben der Compagnie, und uͤber die andre Haͤlfte moͤgen Paͤchter und Verpaͤchter nach ihrem freyen Willen contrahiren; oder die ganze Actie wird in das Compagniekataſter eingetragen, und der Ver- paͤchter muß nachſtehn, ſo oft die nothwendigen gemeinen Ausgaben ſo weit gehen, daß er ſeine Pacht nicht erhalten kann. Wo es anders gehalten wird, da wird der billigſte Verpaͤchter von dem unbilligen hintergangen. Jedoch wir muͤſſen U 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/325
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/325>, abgerufen am 24.11.2024.