LII. Ueber die Absteuer der Töchter der Landbesitzer.
Es war eine Zeit, worin der Sachse auf seinem Hose saß, und weder Städte noch Dörfer um sich duldete, worin er außer der Salstätte und der Leibzucht keine Wohnung auf seinen Gründen haben durfte, und worin er von keinem Geldreichthum etwas wußte. Zu dieser Zeit konnte nur ein Kind, es mochte nun das älteste oder das jüngste, ein Knabe oder ein Mädgen seyn, den Hof erben; denn theilen konnte man ihn nicht, ohne eine dop- pelte Wohnung darauf zu errichten, und dieser eine Erbe konnte auch ohne Geld seinen Miterben nicht wie man jetzt zu sagen pflegt, heraus geben. Ueberhaupt findet die Theilung der Höfe nur da Statt, wo man sich in Dörfern anbauet, und die in der gemeinschaftlichen Flur liegende Aecker von dem einen Hause an das andre, wie man zu reden pflegt, fliegen können. Dies war aber der Fall der Sachsen so wenig als er jetzt der unsrige ist; und die Ursache warum nicht mehrere Wohnungen auf einem Hofe seyn mochten, war zu sehr mit ihrer Staatsverfas- sung verflochten, um sich so leicht heben zu lassen. Noch jetzt erlauben wir keinem Hofe, mehrere Jagd-Holz- und Weidegerechtigkeiten; und ohne diese zu vermehren, las- sen sich auch die Wohnungen auf demselben nicht sehr vervielfältigen Allenfalls aber konnte der Hof doch nur ein oder zweymal geheilet werden, und dann waren sie wieder wo sie gewesen waren. Der Kinder waren in je- der Familie immer mehr als Höfe und Witwensitze, und
wenn
Ueber die Abſteuer der Toͤchter
LII. Ueber die Abſteuer der Toͤchter der Landbeſitzer.
Es war eine Zeit, worin der Sachſe auf ſeinem Hoſe ſaß, und weder Staͤdte noch Doͤrfer um ſich duldete, worin er außer der Salſtaͤtte und der Leibzucht keine Wohnung auf ſeinen Gruͤnden haben durfte, und worin er von keinem Geldreichthum etwas wußte. Zu dieſer Zeit konnte nur ein Kind, es mochte nun das aͤlteste oder das juͤngſte, ein Knabe oder ein Maͤdgen ſeyn, den Hof erben; denn theilen konnte man ihn nicht, ohne eine dop- pelte Wohnung darauf zu errichten, und dieſer eine Erbe konnte auch ohne Geld ſeinen Miterben nicht wie man jetzt zu ſagen pflegt, heraus geben. Ueberhaupt findet die Theilung der Hoͤfe nur da Statt, wo man ſich in Doͤrfern anbauet, und die in der gemeinſchaftlichen Flur liegende Aecker von dem einen Hauſe an das andre, wie man zu reden pflegt, fliegen koͤnnen. Dies war aber der Fall der Sachſen ſo wenig als er jetzt der unſrige iſt; und die Urſache warum nicht mehrere Wohnungen auf einem Hofe ſeyn mochten, war zu ſehr mit ihrer Staatsverfaſ- ſung verflochten, um ſich ſo leicht heben zu laſſen. Noch jetzt erlauben wir keinem Hofe, mehrere Jagd-Holz- und Weidegerechtigkeiten; und ohne dieſe zu vermehren, laſ- ſen ſich auch die Wohnungen auf demſelben nicht ſehr vervielfaͤltigen Allenfalls aber konnte der Hof doch nur ein oder zweymal geheilet werden, und dann waren ſie wieder wo ſie geweſen waren. Der Kinder waren in je- der Familie immer mehr als Hoͤfe und Witwenſitze, und
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Ueber die Abſteuer der Toͤchter
LII.
Ueber die Abſteuer der Toͤchter der
Landbeſitzer.
Es war eine Zeit, worin der Sachſe auf ſeinem Hoſe
ſaß, und weder Staͤdte noch Doͤrfer um ſich duldete,
worin er außer der Salſtaͤtte und der Leibzucht keine
Wohnung auf ſeinen Gruͤnden haben durfte, und worin
er von keinem Geldreichthum etwas wußte. Zu dieſer
Zeit konnte nur ein Kind, es mochte nun das aͤlteste oder
das juͤngſte, ein Knabe oder ein Maͤdgen ſeyn, den Hof
erben; denn theilen konnte man ihn nicht, ohne eine dop-
pelte Wohnung darauf zu errichten, und dieſer eine Erbe
konnte auch ohne Geld ſeinen Miterben nicht wie man
jetzt zu ſagen pflegt, heraus geben. Ueberhaupt findet
die Theilung der Hoͤfe nur da Statt, wo man ſich in
Doͤrfern anbauet, und die in der gemeinſchaftlichen Flur
liegende Aecker von dem einen Hauſe an das andre, wie
man zu reden pflegt, fliegen koͤnnen. Dies war aber der
Fall der Sachſen ſo wenig als er jetzt der unſrige iſt; und
die Urſache warum nicht mehrere Wohnungen auf einem
Hofe ſeyn mochten, war zu ſehr mit ihrer Staatsverfaſ-
ſung verflochten, um ſich ſo leicht heben zu laſſen. Noch
jetzt erlauben wir keinem Hofe, mehrere Jagd-Holz- und
Weidegerechtigkeiten; und ohne dieſe zu vermehren, laſ-
ſen ſich auch die Wohnungen auf demſelben nicht ſehr
vervielfaͤltigen Allenfalls aber konnte der Hof doch nur
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/228>, abgerufen am 24.11.2024.
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