Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.Ueber die Osnabrückischen Zehnten. gekauft hat, nun dem Zehntpflichtigen aufs Feld fallen,und den Naturalzehnten davon ziehen wollte. Alles was er fordern kann, ist dieses, daß ihm für jeden Solidum, deren zur Zeit Carls des großen zwanzig aus der feinen Mark geschlagen wurden, ein heutiger Gulden nach dem zwanzig Gulden Fuße, oder, wenn man den Fall des Sil- bers mitrechnen will, zwölf Himten Roggen vergütet wür- den, als so viel man in jener Zeit dafür kaufen konnte. Einen ähnlichen aber mildern Fuß hat die Praxis in spä- tern Zeiten befolgt. Dagegen erhebt es Fünftens nichts, daß die Zehntpflichtigen gleichwohl alle a) wahrscheinlich nur aus Vorsorge zur Erhaltung Rechtens geschehn. Es gab ausser den Solidis decimali- bus auch Solidi areales, und andre Arten von Grundgel- dern, die theils redimibiles theils irredimibiles, und bey entstehenden Concursen mehr oder weniger privilegirt wa- ren; und um jenen ihren ursprünglichen Charakter zu erhalten; wie auch um sie bey dem geistlichen Gerichte einklagen zu können, wurde jene Form beybehalten. b) Erlaubte das Canonische Recht den Geistlichen nicht, ihre Einkünfte in Erbpacht zu geben; und um die- ser Verordnung, die in unsern Gegenden gar nicht an- wendbar ist, auszuweichen, behielt man auch in der Erb- pacht der Emphyteusi und andern auf die Erben gehen- den Contrakten den Schein der Zeitpacht bey, und lies den Erbpächter dieser Form wegen, alle acht oder zwölf Jahr von neuem pachten; wie dieses die vielen Colonate, welche
Ueber die Oſnabruͤckiſchen Zehnten. gekauft hat, nun dem Zehntpflichtigen aufs Feld fallen,und den Naturalzehnten davon ziehen wollte. Alles was er fordern kann, iſt dieſes, daß ihm fuͤr jeden Solidum, deren zur Zeit Carls des großen zwanzig aus der feinen Mark geſchlagen wurden, ein heutiger Gulden nach dem zwanzig Gulden Fuße, oder, wenn man den Fall des Sil- bers mitrechnen will, zwoͤlf Himten Roggen verguͤtet wuͤr- den, als ſo viel man in jener Zeit dafuͤr kaufen konnte. Einen aͤhnlichen aber mildern Fuß hat die Praxis in ſpaͤ- tern Zeiten befolgt. Dagegen erhebt es Fuͤnftens nichts, daß die Zehntpflichtigen gleichwohl alle a) wahrſcheinlich nur aus Vorſorge zur Erhaltung Rechtens geſchehn. Es gab auſſer den Solidis decimali- bus auch Solidi areales, und andre Arten von Grundgel- dern, die theils redimibiles theils irredimibiles, und bey entſtehenden Concurſen mehr oder weniger privilegirt wa- ren; und um jenen ihren urſpruͤnglichen Charakter zu erhalten; wie auch um ſie bey dem geiſtlichen Gerichte einklagen zu koͤnnen, wurde jene Form beybehalten. b) Erlaubte das Canoniſche Recht den Geiſtlichen nicht, ihre Einkuͤnfte in Erbpacht zu geben; und um die- ſer Verordnung, die in unſern Gegenden gar nicht an- wendbar iſt, auszuweichen, behielt man auch in der Erb- pacht der Emphyteuſi und andern auf die Erben gehen- den Contrakten den Schein der Zeitpacht bey, und lies den Erbpaͤchter dieſer Form wegen, alle acht oder zwoͤlf Jahr von neuem pachten; wie dieſes die vielen Colonate, welche
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Ueber die Oſnabruͤckiſchen Zehnten.
gekauft hat, nun dem Zehntpflichtigen aufs Feld fallen,
und den Naturalzehnten davon ziehen wollte. Alles was
er fordern kann, iſt dieſes, daß ihm fuͤr jeden Solidum,
deren zur Zeit Carls des großen zwanzig aus der feinen
Mark geſchlagen wurden, ein heutiger Gulden nach dem
zwanzig Gulden Fuße, oder, wenn man den Fall des Sil-
bers mitrechnen will, zwoͤlf Himten Roggen verguͤtet wuͤr-
den, als ſo viel man in jener Zeit dafuͤr kaufen konnte.
Einen aͤhnlichen aber mildern Fuß hat die Praxis in ſpaͤ-
tern Zeiten befolgt.
Dagegen erhebt es
Fuͤnftens nichts, daß die Zehntpflichtigen gleichwohl alle
acht oder zwoͤlf Jahr den Zehnten von neuem pachten,
und dabey einen beſondern Weinkauf geben muͤſſen; ſo
lange der Zehntherr nicht erweiſen kann, daß er den Zehn-
ten jemals vom Felde gezogen habe. Denn jenes iſt
a) wahrſcheinlich nur aus Vorſorge zur Erhaltung
Rechtens geſchehn. Es gab auſſer den Solidis decimali-
bus auch Solidi areales, und andre Arten von Grundgel-
dern, die theils redimibiles theils irredimibiles, und bey
entſtehenden Concurſen mehr oder weniger privilegirt wa-
ren; und um jenen ihren urſpruͤnglichen Charakter zu
erhalten; wie auch um ſie bey dem geiſtlichen Gerichte
einklagen zu koͤnnen, wurde jene Form beybehalten.
b) Erlaubte das Canoniſche Recht den Geiſtlichen
nicht, ihre Einkuͤnfte in Erbpacht zu geben; und um die-
ſer Verordnung, die in unſern Gegenden gar nicht an-
wendbar iſt, auszuweichen, behielt man auch in der Erb-
pacht der Emphyteuſi und andern auf die Erben gehen-
den Contrakten den Schein der Zeitpacht bey, und lies
den Erbpaͤchter dieſer Form wegen, alle acht oder zwoͤlf
Jahr von neuem pachten; wie dieſes die vielen Colonate,
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