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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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zustellen, dies aber nur zu thun, wo und so lange eine der
Durchführung entsprechende Seemacht wirklich abgesendet ist.

Ein dritter Streitpunkt ist die, namentlich in Beziehung
auf den Kolonialhandel sehr wichtige, Frage, ob die Neutralen
während der Dauer des Krieges eine Art von Handel
mit einer der kriegführenden Mächte treiben dürfen, welcher
ihnen in Friedenszeiten nach den Gesetzen dieses Staates nicht
zusteht? Hier scheinen allerdings die Seemächte bei ihrer
Verneinung der Frage das volle Recht auf ihrer Seite zu
haben.

Noch wichtiger aber, als alles bisherige, ist die Beant-
wortung der Frage: ob frei Schiff frei Gut mache? und
unfrei Schiff unfrei Gut? Mit anndern Worten: ob
die in einem neutralen Schiffe befindlichen Waaren eines Feindes
weggenommen werden dürfen, oder ob sie vielmehr, als auf
neutralem Boden gelegen, nicht anzutasten seien? sodann: ob die
Waare eines Neutralen, welche auf einem feindlichen Schiffe
gefunden werde, mit diesem zur guten Prise werde, oder ob
sie, als Eigenthum eines Befreundeten, freizugeben sei? Ist
auch die letztere Frage, weil selten ein Neutraler Waaren
auf Schiffen einer kriegführenden Nation versendet, nicht von
großer practischer Bedeutung, so ist dies um so mehr der Fall
in Beziehung auf die erstere Frage, und zwar nach zwei Seiten
hin. Einmal, weil deren Bejahung auch einer schwächeren
Seemacht wenigstens einen Theil ihres Ausfuhrhandels während
der Dauer des Krieges erhält; sodann weil dieselbe den Neu-
tralen einen großen Gewinn durch Frachthandel in Aussicht
stellt. Die ältesten Seegesetze, namentlich das Consolato del
mar,
leugneten, daß frei Schiff frei Gut mache; und während
später die Neutralen die Freiheit mit größtem Eifer vertheidigten,
hielten die großen Mächte, namentlich England, das Recht
zur Wegnahme feindlicher Waaren von neutralen Schiffen

zuſtellen, dies aber nur zu thun, wo und ſo lange eine der
Durchführung entſprechende Seemacht wirklich abgeſendet iſt.

Ein dritter Streitpunkt iſt die, namentlich in Beziehung
auf den Kolonialhandel ſehr wichtige, Frage, ob die Neutralen
während der Dauer des Krieges eine Art von Handel
mit einer der kriegführenden Mächte treiben dürfen, welcher
ihnen in Friedenszeiten nach den Geſetzen dieſes Staates nicht
zuſteht? Hier ſcheinen allerdings die Seemächte bei ihrer
Verneinung der Frage das volle Recht auf ihrer Seite zu
haben.

Noch wichtiger aber, als alles bisherige, iſt die Beant-
wortung der Frage: ob frei Schiff frei Gut mache? und
unfrei Schiff unfrei Gut? Mit anndern Worten: ob
die in einem neutralen Schiffe befindlichen Waaren eines Feindes
weggenommen werden dürfen, oder ob ſie vielmehr, als auf
neutralem Boden gelegen, nicht anzutaſten ſeien? ſodann: ob die
Waare eines Neutralen, welche auf einem feindlichen Schiffe
gefunden werde, mit dieſem zur guten Priſe werde, oder ob
ſie, als Eigenthum eines Befreundeten, freizugeben ſei? Iſt
auch die letztere Frage, weil ſelten ein Neutraler Waaren
auf Schiffen einer kriegführenden Nation verſendet, nicht von
großer practiſcher Bedeutung, ſo iſt dies um ſo mehr der Fall
in Beziehung auf die erſtere Frage, und zwar nach zwei Seiten
hin. Einmal, weil deren Bejahung auch einer ſchwächeren
Seemacht wenigſtens einen Theil ihres Ausfuhrhandels während
der Dauer des Krieges erhält; ſodann weil dieſelbe den Neu-
tralen einen großen Gewinn durch Frachthandel in Ausſicht
ſtellt. Die älteſten Seegeſetze, namentlich das Consolato del
mar,
leugneten, daß frei Schiff frei Gut mache; und während
ſpäter die Neutralen die Freiheit mit größtem Eifer vertheidigten,
hielten die großen Mächte, namentlich England, das Recht
zur Wegnahme feindlicher Waaren von neutralen Schiffen

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[496/0510] zuſtellen, dies aber nur zu thun, wo und ſo lange eine der Durchführung entſprechende Seemacht wirklich abgeſendet iſt. Ein dritter Streitpunkt iſt die, namentlich in Beziehung auf den Kolonialhandel ſehr wichtige, Frage, ob die Neutralen während der Dauer des Krieges eine Art von Handel mit einer der kriegführenden Mächte treiben dürfen, welcher ihnen in Friedenszeiten nach den Geſetzen dieſes Staates nicht zuſteht? Hier ſcheinen allerdings die Seemächte bei ihrer Verneinung der Frage das volle Recht auf ihrer Seite zu haben. Noch wichtiger aber, als alles bisherige, iſt die Beant- wortung der Frage: ob frei Schiff frei Gut mache? und unfrei Schiff unfrei Gut? Mit anndern Worten: ob die in einem neutralen Schiffe befindlichen Waaren eines Feindes weggenommen werden dürfen, oder ob ſie vielmehr, als auf neutralem Boden gelegen, nicht anzutaſten ſeien? ſodann: ob die Waare eines Neutralen, welche auf einem feindlichen Schiffe gefunden werde, mit dieſem zur guten Priſe werde, oder ob ſie, als Eigenthum eines Befreundeten, freizugeben ſei? Iſt auch die letztere Frage, weil ſelten ein Neutraler Waaren auf Schiffen einer kriegführenden Nation verſendet, nicht von großer practiſcher Bedeutung, ſo iſt dies um ſo mehr der Fall in Beziehung auf die erſtere Frage, und zwar nach zwei Seiten hin. Einmal, weil deren Bejahung auch einer ſchwächeren Seemacht wenigſtens einen Theil ihres Ausfuhrhandels während der Dauer des Krieges erhält; ſodann weil dieſelbe den Neu- tralen einen großen Gewinn durch Frachthandel in Ausſicht ſtellt. Die älteſten Seegeſetze, namentlich das Consolato del mar, leugneten, daß frei Schiff frei Gut mache; und während ſpäter die Neutralen die Freiheit mit größtem Eifer vertheidigten, hielten die großen Mächte, namentlich England, das Recht zur Wegnahme feindlicher Waaren von neutralen Schiffen

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/510>, abgerufen am 24.11.2024.