nung eröffnen, anderer Seits die vom Staate verliehenen Belohnungen wirklich auch einen entsprechenden Gewinn ver- leihen: so gereicht dies für Viele zu großer Aufmunterung, mehr als die erzwingbare Pflicht zu leisten. Der Beweggrund ist allerdings nicht der edelste und reinste; allein der durch die gesteigerten Anstrengungen erreichte Gewinn bleibt immer er- worben für den Staat. Warum in republikanischen Staaten öffentliche Belohnungen gar nicht oder nur in sehr unscheinbarer Form und von geringem Werthe sollten vorkommen können, wie zuweilen behauptet wird, ist nicht einzusehen; nur versteht es sich allerdings, daß keine Rechtsungleichheit und keine Gefahr für die Gemeinfreiheit durch die Art der Belohnung entstehen darf. -- Als Belohnungsmittel kann an sich jeder Gegenstand gebraucht werden, welcher dem damit Beliehenen wirklich Ver- gnügen gewährt und über den der Staat rechtlich und sittlich verfügen kann. Die verschiedenen Gesittigungsstufen und Ge- wohnheiten der Völker werden also allerdings die Benützung sehr abweichender Auszeichnungen und Genußmittel räthlich machen; jedoch gehört Geld wohl überall darunter, weil es die Möglichkeit zur Befriedigung der meisten subjectiven Wünsche gewährt. Ob im einzelnen Falle der Aufwand bei einer hohen Stellung des zu Belohnenden und bei einem großen Verdienste desselben nicht ein unerschwinglicher werden kann, ist freilich eine andere Frage. -- Was aber immer gegeben werde, Be- dingung einer richtigen Wirkung ist, daß die Belohnungen des Staates weder verschwendet werden, noch als kaum erreichbar erscheinen. Im ersteren Falle fällt die Auszeichnung und damit ein großer Theil der Belohnung und des Reizes derselben weg; eine den gewöhnlichen menschlichen Kräften nicht erreich- bare Belohnung aber ist so gut als gar nicht verheißen 5).
6. Der Befehl über die bewaffnete Macht ver- langt eine wesentlich verschiedene Einrichtung, je nachdem
nung eröffnen, anderer Seits die vom Staate verliehenen Belohnungen wirklich auch einen entſprechenden Gewinn ver- leihen: ſo gereicht dies für Viele zu großer Aufmunterung, mehr als die erzwingbare Pflicht zu leiſten. Der Beweggrund iſt allerdings nicht der edelſte und reinſte; allein der durch die geſteigerten Anſtrengungen erreichte Gewinn bleibt immer er- worben für den Staat. Warum in republikaniſchen Staaten öffentliche Belohnungen gar nicht oder nur in ſehr unſcheinbarer Form und von geringem Werthe ſollten vorkommen können, wie zuweilen behauptet wird, iſt nicht einzuſehen; nur verſteht es ſich allerdings, daß keine Rechtsungleichheit und keine Gefahr für die Gemeinfreiheit durch die Art der Belohnung entſtehen darf. — Als Belohnungsmittel kann an ſich jeder Gegenſtand gebraucht werden, welcher dem damit Beliehenen wirklich Ver- gnügen gewährt und über den der Staat rechtlich und ſittlich verfügen kann. Die verſchiedenen Geſittigungsſtufen und Ge- wohnheiten der Völker werden alſo allerdings die Benützung ſehr abweichender Auszeichnungen und Genußmittel räthlich machen; jedoch gehört Geld wohl überall darunter, weil es die Möglichkeit zur Befriedigung der meiſten ſubjectiven Wünſche gewährt. Ob im einzelnen Falle der Aufwand bei einer hohen Stellung des zu Belohnenden und bei einem großen Verdienſte deſſelben nicht ein unerſchwinglicher werden kann, iſt freilich eine andere Frage. — Was aber immer gegeben werde, Be- dingung einer richtigen Wirkung iſt, daß die Belohnungen des Staates weder verſchwendet werden, noch als kaum erreichbar erſcheinen. Im erſteren Falle fällt die Auszeichnung und damit ein großer Theil der Belohnung und des Reizes derſelben weg; eine den gewöhnlichen menſchlichen Kräften nicht erreich- bare Belohnung aber iſt ſo gut als gar nicht verheißen 5).
6. Der Befehl über die bewaffnete Macht ver- langt eine weſentlich verſchiedene Einrichtung, je nachdem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0646"n="632"/>
nung eröffnen, anderer Seits die vom Staate verliehenen<lb/>
Belohnungen wirklich auch einen entſprechenden Gewinn ver-<lb/>
leihen: ſo gereicht dies für Viele zu großer Aufmunterung,<lb/>
mehr als die erzwingbare Pflicht zu leiſten. Der Beweggrund<lb/>
iſt allerdings nicht der edelſte und reinſte; allein der durch die<lb/>
geſteigerten Anſtrengungen erreichte Gewinn bleibt immer er-<lb/>
worben für den Staat. Warum in republikaniſchen Staaten<lb/>
öffentliche Belohnungen gar nicht oder nur in ſehr unſcheinbarer<lb/>
Form und von geringem Werthe ſollten vorkommen können,<lb/>
wie zuweilen behauptet wird, iſt nicht einzuſehen; nur verſteht<lb/>
es ſich allerdings, daß keine Rechtsungleichheit und keine Gefahr<lb/>
für die Gemeinfreiheit durch die Art der Belohnung entſtehen<lb/>
darf. — Als Belohnungsmittel kann an ſich jeder Gegenſtand<lb/>
gebraucht werden, welcher dem damit Beliehenen wirklich Ver-<lb/>
gnügen gewährt und über den der Staat rechtlich und ſittlich<lb/>
verfügen kann. Die verſchiedenen Geſittigungsſtufen und Ge-<lb/>
wohnheiten der Völker werden alſo allerdings die Benützung<lb/>ſehr abweichender Auszeichnungen und Genußmittel räthlich<lb/>
machen; jedoch gehört Geld wohl überall darunter, weil es die<lb/>
Möglichkeit zur Befriedigung der meiſten ſubjectiven Wünſche<lb/>
gewährt. Ob im einzelnen Falle der Aufwand bei einer hohen<lb/>
Stellung des zu Belohnenden und bei einem großen Verdienſte<lb/>
deſſelben nicht ein unerſchwinglicher werden kann, iſt freilich<lb/>
eine andere Frage. — Was aber immer gegeben werde, Be-<lb/>
dingung einer richtigen Wirkung iſt, daß die Belohnungen des<lb/>
Staates weder verſchwendet werden, noch als kaum erreichbar<lb/>
erſcheinen. Im erſteren Falle fällt die Auszeichnung und damit<lb/>
ein großer Theil der Belohnung und des Reizes derſelben<lb/>
weg; eine den gewöhnlichen menſchlichen Kräften nicht erreich-<lb/>
bare Belohnung aber iſt ſo gut als gar nicht verheißen <hirendition="#sup">5</hi>).</p><lb/><p>6. Der <hirendition="#g">Befehl über die bewaffnete Macht</hi> ver-<lb/>
langt eine weſentlich verſchiedene Einrichtung, je nachdem<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[632/0646]
nung eröffnen, anderer Seits die vom Staate verliehenen
Belohnungen wirklich auch einen entſprechenden Gewinn ver-
leihen: ſo gereicht dies für Viele zu großer Aufmunterung,
mehr als die erzwingbare Pflicht zu leiſten. Der Beweggrund
iſt allerdings nicht der edelſte und reinſte; allein der durch die
geſteigerten Anſtrengungen erreichte Gewinn bleibt immer er-
worben für den Staat. Warum in republikaniſchen Staaten
öffentliche Belohnungen gar nicht oder nur in ſehr unſcheinbarer
Form und von geringem Werthe ſollten vorkommen können,
wie zuweilen behauptet wird, iſt nicht einzuſehen; nur verſteht
es ſich allerdings, daß keine Rechtsungleichheit und keine Gefahr
für die Gemeinfreiheit durch die Art der Belohnung entſtehen
darf. — Als Belohnungsmittel kann an ſich jeder Gegenſtand
gebraucht werden, welcher dem damit Beliehenen wirklich Ver-
gnügen gewährt und über den der Staat rechtlich und ſittlich
verfügen kann. Die verſchiedenen Geſittigungsſtufen und Ge-
wohnheiten der Völker werden alſo allerdings die Benützung
ſehr abweichender Auszeichnungen und Genußmittel räthlich
machen; jedoch gehört Geld wohl überall darunter, weil es die
Möglichkeit zur Befriedigung der meiſten ſubjectiven Wünſche
gewährt. Ob im einzelnen Falle der Aufwand bei einer hohen
Stellung des zu Belohnenden und bei einem großen Verdienſte
deſſelben nicht ein unerſchwinglicher werden kann, iſt freilich
eine andere Frage. — Was aber immer gegeben werde, Be-
dingung einer richtigen Wirkung iſt, daß die Belohnungen des
Staates weder verſchwendet werden, noch als kaum erreichbar
erſcheinen. Im erſteren Falle fällt die Auszeichnung und damit
ein großer Theil der Belohnung und des Reizes derſelben
weg; eine den gewöhnlichen menſchlichen Kräften nicht erreich-
bare Belohnung aber iſt ſo gut als gar nicht verheißen 5).
6. Der Befehl über die bewaffnete Macht ver-
langt eine weſentlich verſchiedene Einrichtung, je nachdem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/646>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.