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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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Lasten bezahlt werden, welche die Reise verursacht, sodann
die Armen, von welchen Sr. Hoheit eine namentliche Liste
eingereicht wird, ihr Theil erhalten. Nicht bloß für Mo-
scheen,
sondern auch für Kirchen, die der Reparatur be-
dürftig, werden die Mittel gewährt. Wenn das Geld nur
auch in die rechten Hände kommt, denn die weit verbreitete
und tief eingewurzelte Unredlichkeit der Beamten ist das
ärgste Hinderniß, mit welchem die Regierung zu käm-
pfen hat.

Die Bewohner der zunächst gelegenen Ortschaften ste-
hen an der Straße aufgestellt, um ihren Herrn zu begrü-
ßen. Hinter dem Zuge fährt der Münzdirektor und Schatz-
meister des Großherrn, der Armenier Duhs Oglu, mit
einem schwer beladenen Wagen; er hält bei jeder neuen
Volksgruppe an und theilt weiße Geldsäcke von beträcht-
lichem Gewicht unter die Landleute aus. Es heißt, daß
die Kopfsteuer heruntergesetzt, und besonders, daß die Frohn-
dienste beschränkt werden sollen; im Allgemeinen kann es
nicht fehlen, daß die Reise des Großherrn einen sehr gün-
stigen Eindruck auf die Bevölkerung des Landes macht,
welche bisher von ihrem Beherrscherr nichts sahen, als die
Peiniger, die Steuern eintrieben oder Frohndienste forder-
ten. Außer dem officiellen: "Chosch gjeldin" -- willkom-
men! -- und "Amin!" welches beim Vorüberfahren des
Sultans erschallt, und das die kleinen pausbäckigen Kin-
der aus voller Kehle schreien, höre ich doch auch, wenn
ich manchmal hinterdrein reite, so manches "Maschallah"
-- Gott behüte dich! -- welches weder gefordert, noch be-
merkt wird und der wahre Ausdruck der Gesinnung ist.
Besonders gut scheinen Se. Hoheit bei den Frauen ange-
schrieben zu sein, und das ist eine gute Sache in diesem
Lande, wo die ganze Erziehung der Kinder in den Händen
der Mütter liegt.

Laſten bezahlt werden, welche die Reiſe verurſacht, ſodann
die Armen, von welchen Sr. Hoheit eine namentliche Liſte
eingereicht wird, ihr Theil erhalten. Nicht bloß fuͤr Mo-
ſcheen,
ſondern auch fuͤr Kirchen, die der Reparatur be-
duͤrftig, werden die Mittel gewaͤhrt. Wenn das Geld nur
auch in die rechten Haͤnde kommt, denn die weit verbreitete
und tief eingewurzelte Unredlichkeit der Beamten iſt das
aͤrgſte Hinderniß, mit welchem die Regierung zu kaͤm-
pfen hat.

Die Bewohner der zunaͤchſt gelegenen Ortſchaften ſte-
hen an der Straße aufgeſtellt, um ihren Herrn zu begruͤ-
ßen. Hinter dem Zuge faͤhrt der Muͤnzdirektor und Schatz-
meiſter des Großherrn, der Armenier Duhs Oglu, mit
einem ſchwer beladenen Wagen; er haͤlt bei jeder neuen
Volksgruppe an und theilt weiße Geldſaͤcke von betraͤcht-
lichem Gewicht unter die Landleute aus. Es heißt, daß
die Kopfſteuer heruntergeſetzt, und beſonders, daß die Frohn-
dienſte beſchraͤnkt werden ſollen; im Allgemeinen kann es
nicht fehlen, daß die Reiſe des Großherrn einen ſehr guͤn-
ſtigen Eindruck auf die Bevoͤlkerung des Landes macht,
welche bisher von ihrem Beherrſcherr nichts ſahen, als die
Peiniger, die Steuern eintrieben oder Frohndienſte forder-
ten. Außer dem officiellen: „Choſch gjeldin“ — willkom-
men! — und „Amin!“ welches beim Voruͤberfahren des
Sultans erſchallt, und das die kleinen pausbaͤckigen Kin-
der aus voller Kehle ſchreien, hoͤre ich doch auch, wenn
ich manchmal hinterdrein reite, ſo manches „Maſchallah“
— Gott behuͤte dich! — welches weder gefordert, noch be-
merkt wird und der wahre Ausdruck der Geſinnung iſt.
Beſonders gut ſcheinen Se. Hoheit bei den Frauen ange-
ſchrieben zu ſein, und das iſt eine gute Sache in dieſem
Lande, wo die ganze Erziehung der Kinder in den Haͤnden
der Muͤtter liegt.

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[142/0152] Laſten bezahlt werden, welche die Reiſe verurſacht, ſodann die Armen, von welchen Sr. Hoheit eine namentliche Liſte eingereicht wird, ihr Theil erhalten. Nicht bloß fuͤr Mo- ſcheen, ſondern auch fuͤr Kirchen, die der Reparatur be- duͤrftig, werden die Mittel gewaͤhrt. Wenn das Geld nur auch in die rechten Haͤnde kommt, denn die weit verbreitete und tief eingewurzelte Unredlichkeit der Beamten iſt das aͤrgſte Hinderniß, mit welchem die Regierung zu kaͤm- pfen hat. Die Bewohner der zunaͤchſt gelegenen Ortſchaften ſte- hen an der Straße aufgeſtellt, um ihren Herrn zu begruͤ- ßen. Hinter dem Zuge faͤhrt der Muͤnzdirektor und Schatz- meiſter des Großherrn, der Armenier Duhs Oglu, mit einem ſchwer beladenen Wagen; er haͤlt bei jeder neuen Volksgruppe an und theilt weiße Geldſaͤcke von betraͤcht- lichem Gewicht unter die Landleute aus. Es heißt, daß die Kopfſteuer heruntergeſetzt, und beſonders, daß die Frohn- dienſte beſchraͤnkt werden ſollen; im Allgemeinen kann es nicht fehlen, daß die Reiſe des Großherrn einen ſehr guͤn- ſtigen Eindruck auf die Bevoͤlkerung des Landes macht, welche bisher von ihrem Beherrſcherr nichts ſahen, als die Peiniger, die Steuern eintrieben oder Frohndienſte forder- ten. Außer dem officiellen: „Choſch gjeldin“ — willkom- men! — und „Amin!“ welches beim Voruͤberfahren des Sultans erſchallt, und das die kleinen pausbaͤckigen Kin- der aus voller Kehle ſchreien, hoͤre ich doch auch, wenn ich manchmal hinterdrein reite, ſo manches „Maſchallah“ — Gott behuͤte dich! — welches weder gefordert, noch be- merkt wird und der wahre Ausdruck der Geſinnung iſt. Beſonders gut ſcheinen Se. Hoheit bei den Frauen ange- ſchrieben zu ſein, und das iſt eine gute Sache in dieſem Lande, wo die ganze Erziehung der Kinder in den Haͤnden der Muͤtter liegt.

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/152>, abgerufen am 25.11.2024.