Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

rück, was zu wahren der Mühe lohnte. Von dieser Ge-
neration ist also wenig zu erwarten.

So viele unserer Landsleute wandern aus, um sich in
fremden Welttheilen ein besseres Dasein zu gründen, und
so wenige versuchen es, aus dieses reichen Landes Quellen
zu schöpfen, wo jede Arbeit ihren Lohn finden müßte, wenn
nur Schutz und Sicherheit des Eigenthums vorhanden
wäre. Die wenige Aufmunterung, welche den Einwande-
rern angedeiht, gründet sich wohl auf das Consular-Ver-
hältniß, welches alle Fremden zu einer Last für die Regie-
rung macht. Diejenigen, welche sich unter den Schutz
eines Consuls gestellt, sind den Gesetzen des Landes nicht
unterworfen. Die Regierung kann sie weder direkt besteu-
ern, noch richten oder strafen, und selbst wegen Polizei-
Verbrechen muß sie sich an die Residenten wenden. Das
österreichische Consulat zu Bukarest soll allein 5000 Schutz-
befohlne zählen. Oft stehen auch Deutsche unter englischem,
Franzosen unter deutschem Schutz, ja sogar wallachische
Unterthanen finden Mittel, sich auf solchem Wege ihrer
eigenen Regierung zu entziehen. Rußland hat diesem Miß-
brauche entsagt, aber freilich übt es einen indirekten, mäch-
tigen Schutz im ganzen Lande.

Es ist höchst wahrscheinlich, daß die Wallachei große
Schätze an edlen, wie an andern Metallen besitzt. Die
Ströme führen so bedeutend viel Goldkörner, daß die Zi-
geuner damit ihre Steuern an die Regierung bezahlen;
das Quecksilber perlt an einigen Stellen aus dem Erd-
boden hervor, und das Salz, welches hier zu Tage liegt,
bildet eine Haupteinnahme der Regierung. Nirgends ist
aber etwas geschehen, was dem Anfange eines metallischen
Bergbaues ähnlich sähe. Man hat diesen Mangel an Un-
ternehmungsgeist aus geheimen Traktaten erklären wollen,
aber der wahre Grund ist wohl, daß der Bergbau über-
haupt sehr große Kapitalien erfordert, die erst mit der Zeit
rentiren. Ein erblicher Fürst würde Auslagen nicht scheuen,

ruͤck, was zu wahren der Muͤhe lohnte. Von dieſer Ge-
neration iſt alſo wenig zu erwarten.

So viele unſerer Landsleute wandern aus, um ſich in
fremden Welttheilen ein beſſeres Daſein zu gruͤnden, und
ſo wenige verſuchen es, aus dieſes reichen Landes Quellen
zu ſchoͤpfen, wo jede Arbeit ihren Lohn finden muͤßte, wenn
nur Schutz und Sicherheit des Eigenthums vorhanden
waͤre. Die wenige Aufmunterung, welche den Einwande-
rern angedeiht, gruͤndet ſich wohl auf das Conſular-Ver-
haͤltniß, welches alle Fremden zu einer Laſt fuͤr die Regie-
rung macht. Diejenigen, welche ſich unter den Schutz
eines Conſuls geſtellt, ſind den Geſetzen des Landes nicht
unterworfen. Die Regierung kann ſie weder direkt beſteu-
ern, noch richten oder ſtrafen, und ſelbſt wegen Polizei-
Verbrechen muß ſie ſich an die Reſidenten wenden. Das
oͤſterreichiſche Conſulat zu Bukareſt ſoll allein 5000 Schutz-
befohlne zaͤhlen. Oft ſtehen auch Deutſche unter engliſchem,
Franzoſen unter deutſchem Schutz, ja ſogar wallachiſche
Unterthanen finden Mittel, ſich auf ſolchem Wege ihrer
eigenen Regierung zu entziehen. Rußland hat dieſem Miß-
brauche entſagt, aber freilich uͤbt es einen indirekten, maͤch-
tigen Schutz im ganzen Lande.

Es iſt hoͤchſt wahrſcheinlich, daß die Wallachei große
Schaͤtze an edlen, wie an andern Metallen beſitzt. Die
Stroͤme fuͤhren ſo bedeutend viel Goldkoͤrner, daß die Zi-
geuner damit ihre Steuern an die Regierung bezahlen;
das Queckſilber perlt an einigen Stellen aus dem Erd-
boden hervor, und das Salz, welches hier zu Tage liegt,
bildet eine Haupteinnahme der Regierung. Nirgends iſt
aber etwas geſchehen, was dem Anfange eines metalliſchen
Bergbaues aͤhnlich ſaͤhe. Man hat dieſen Mangel an Un-
ternehmungsgeiſt aus geheimen Traktaten erklaͤren wollen,
aber der wahre Grund iſt wohl, daß der Bergbau uͤber-
haupt ſehr große Kapitalien erfordert, die erſt mit der Zeit
rentiren. Ein erblicher Fuͤrſt wuͤrde Auslagen nicht ſcheuen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017" n="7"/>
ru&#x0364;ck, was zu wahren der Mu&#x0364;he lohnte. Von die&#x017F;er Ge-<lb/>
neration i&#x017F;t al&#x017F;o wenig zu erwarten.</p><lb/>
        <p>So viele un&#x017F;erer Landsleute wandern aus, um &#x017F;ich in<lb/>
fremden Welttheilen ein be&#x017F;&#x017F;eres Da&#x017F;ein zu gru&#x0364;nden, und<lb/>
&#x017F;o wenige ver&#x017F;uchen es, aus die&#x017F;es reichen Landes Quellen<lb/>
zu &#x017F;cho&#x0364;pfen, wo jede Arbeit ihren Lohn finden mu&#x0364;ßte, wenn<lb/>
nur Schutz und Sicherheit des Eigenthums vorhanden<lb/>
wa&#x0364;re. Die wenige Aufmunterung, welche den Einwande-<lb/>
rern angedeiht, gru&#x0364;ndet &#x017F;ich wohl auf das Con&#x017F;ular-Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltniß, welches alle Fremden zu einer La&#x017F;t fu&#x0364;r die Regie-<lb/>
rung macht. Diejenigen, welche &#x017F;ich unter den Schutz<lb/>
eines Con&#x017F;uls ge&#x017F;tellt, &#x017F;ind den Ge&#x017F;etzen des Landes nicht<lb/>
unterworfen. Die Regierung kann &#x017F;ie weder direkt be&#x017F;teu-<lb/>
ern, noch richten oder &#x017F;trafen, und &#x017F;elb&#x017F;t wegen Polizei-<lb/>
Verbrechen muß &#x017F;ie &#x017F;ich an die Re&#x017F;identen wenden. Das<lb/>
o&#x0364;&#x017F;terreichi&#x017F;che Con&#x017F;ulat zu Bukare&#x017F;t &#x017F;oll allein 5000 Schutz-<lb/>
befohlne za&#x0364;hlen. Oft &#x017F;tehen auch Deut&#x017F;che unter engli&#x017F;chem,<lb/>
Franzo&#x017F;en unter deut&#x017F;chem Schutz, ja &#x017F;ogar wallachi&#x017F;che<lb/>
Unterthanen finden Mittel, &#x017F;ich auf &#x017F;olchem Wege ihrer<lb/>
eigenen Regierung zu entziehen. Rußland hat die&#x017F;em Miß-<lb/>
brauche ent&#x017F;agt, aber freilich u&#x0364;bt es einen indirekten, ma&#x0364;ch-<lb/>
tigen Schutz im ganzen Lande.</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t ho&#x0364;ch&#x017F;t wahr&#x017F;cheinlich, daß die Wallachei große<lb/>
Scha&#x0364;tze an edlen, wie an andern Metallen be&#x017F;itzt. Die<lb/>
Stro&#x0364;me fu&#x0364;hren &#x017F;o bedeutend viel Goldko&#x0364;rner, daß die Zi-<lb/>
geuner damit ihre Steuern an die Regierung bezahlen;<lb/>
das Queck&#x017F;ilber perlt an einigen Stellen aus dem Erd-<lb/>
boden hervor, und das Salz, welches hier zu Tage liegt,<lb/>
bildet eine Haupteinnahme der Regierung. Nirgends i&#x017F;t<lb/>
aber etwas ge&#x017F;chehen, was dem Anfange eines metalli&#x017F;chen<lb/>
Bergbaues a&#x0364;hnlich &#x017F;a&#x0364;he. Man hat die&#x017F;en Mangel an Un-<lb/>
ternehmungsgei&#x017F;t aus geheimen Traktaten erkla&#x0364;ren wollen,<lb/>
aber der wahre Grund i&#x017F;t wohl, daß der Bergbau u&#x0364;ber-<lb/>
haupt &#x017F;ehr große Kapitalien erfordert, die er&#x017F;t mit der Zeit<lb/>
rentiren. Ein erblicher Fu&#x0364;r&#x017F;t wu&#x0364;rde Auslagen nicht &#x017F;cheuen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0017] ruͤck, was zu wahren der Muͤhe lohnte. Von dieſer Ge- neration iſt alſo wenig zu erwarten. So viele unſerer Landsleute wandern aus, um ſich in fremden Welttheilen ein beſſeres Daſein zu gruͤnden, und ſo wenige verſuchen es, aus dieſes reichen Landes Quellen zu ſchoͤpfen, wo jede Arbeit ihren Lohn finden muͤßte, wenn nur Schutz und Sicherheit des Eigenthums vorhanden waͤre. Die wenige Aufmunterung, welche den Einwande- rern angedeiht, gruͤndet ſich wohl auf das Conſular-Ver- haͤltniß, welches alle Fremden zu einer Laſt fuͤr die Regie- rung macht. Diejenigen, welche ſich unter den Schutz eines Conſuls geſtellt, ſind den Geſetzen des Landes nicht unterworfen. Die Regierung kann ſie weder direkt beſteu- ern, noch richten oder ſtrafen, und ſelbſt wegen Polizei- Verbrechen muß ſie ſich an die Reſidenten wenden. Das oͤſterreichiſche Conſulat zu Bukareſt ſoll allein 5000 Schutz- befohlne zaͤhlen. Oft ſtehen auch Deutſche unter engliſchem, Franzoſen unter deutſchem Schutz, ja ſogar wallachiſche Unterthanen finden Mittel, ſich auf ſolchem Wege ihrer eigenen Regierung zu entziehen. Rußland hat dieſem Miß- brauche entſagt, aber freilich uͤbt es einen indirekten, maͤch- tigen Schutz im ganzen Lande. Es iſt hoͤchſt wahrſcheinlich, daß die Wallachei große Schaͤtze an edlen, wie an andern Metallen beſitzt. Die Stroͤme fuͤhren ſo bedeutend viel Goldkoͤrner, daß die Zi- geuner damit ihre Steuern an die Regierung bezahlen; das Queckſilber perlt an einigen Stellen aus dem Erd- boden hervor, und das Salz, welches hier zu Tage liegt, bildet eine Haupteinnahme der Regierung. Nirgends iſt aber etwas geſchehen, was dem Anfange eines metalliſchen Bergbaues aͤhnlich ſaͤhe. Man hat dieſen Mangel an Un- ternehmungsgeiſt aus geheimen Traktaten erklaͤren wollen, aber der wahre Grund iſt wohl, daß der Bergbau uͤber- haupt ſehr große Kapitalien erfordert, die erſt mit der Zeit rentiren. Ein erblicher Fuͤrſt wuͤrde Auslagen nicht ſcheuen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/17
Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/17>, abgerufen am 03.12.2024.