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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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als das Rosenöl. Der ganze Boden ist hier mit Salz
oder Salpeter gesättigt, und der gänzliche Mangel an Was-
ser macht jeden Anbau unmöglich; nur mitten durch die
Einöde ziehen die Abläufe eines Sumpfes nach dem Salz-
see von Chodsch-hissar zu, welcher durchaus ohne Abfluß
ist. An diesen Sumpflachen findet man einige "Jaila",
eine sehr gebräuchliche Benennung für Häuser, welche die
Turkmanen des Sommers bewohnen, um ihre Heerden zu
weiden, im Gegensatz von "Kischla", Winterwohnung; so
heißen auch die Casernen auf türkisch, weil die Soldaten
selbst in den Städten während des Sommers unter Zelten
leben. Dicht neben jenem Sumpf erhebt sich das mäch-
tige Sultan-Hann; das Portal desselben, aus Marmor, ist
so hoch, so reich verziert und so prachtvoll, wie das irgend
einer großen Moschee zu Konstantinopel; aber durch diese,
in einer solchen Gegend höchst überraschende Pforte tritt
man in einen Hof der Verödung: die doppelte Reihe schö-
ner Bogengänge ist meistens eingestürzt, und eine kleine Lehm-
hütte zwischen den Trümmern des Wartthurms ist der ein-
zige bewohnbare Fleck. Unter den prächtigen Gewölben fand
ich eine unglaubliche Menge von trocknem Kameelmist, die
einzige Feuerung, welche man sich für den Winter zu ver-
schaffen weiß.

Als Wegweiser durch die Einöde dienen die beiden
schönen Gipfel des Hassan-Dagh; sie scheinen früher Vul-
kane gewesen zu sein, der eine, welcher oben schief abge-
schnitten, zeigt einen weiten Krater, aus dem wieder ein
Spitzkegel hervorragt. Ein anderes großes Hann befin-
det sich zu Obruk an einem See von etwa 300 Schritt
Durchmesser in einem runden, wohl 150 bis 200 Fuß tie-
fen Loch, eine auffallende Erscheinung in der ganz ebenen
Fläche.

Der zweitägige Ritt mit denselben Pferden acht und
dreißig Stunden weit, auf dem wir bis Konieh nur zwei
bewohnte Orte getroffen, ist einer der ermüdendsten, deren
ich mich erinnere; froh war ich, als ich die Kuppeln, die

als das Roſenoͤl. Der ganze Boden iſt hier mit Salz
oder Salpeter geſaͤttigt, und der gaͤnzliche Mangel an Waſ-
ſer macht jeden Anbau unmoͤglich; nur mitten durch die
Einoͤde ziehen die Ablaͤufe eines Sumpfes nach dem Salz-
ſee von Chodſch-hiſſar zu, welcher durchaus ohne Abfluß
iſt. An dieſen Sumpflachen findet man einige „Jaïla“,
eine ſehr gebraͤuchliche Benennung fuͤr Haͤuſer, welche die
Turkmanen des Sommers bewohnen, um ihre Heerden zu
weiden, im Gegenſatz von „Kiſchla“, Winterwohnung; ſo
heißen auch die Caſernen auf tuͤrkiſch, weil die Soldaten
ſelbſt in den Staͤdten waͤhrend des Sommers unter Zelten
leben. Dicht neben jenem Sumpf erhebt ſich das maͤch-
tige Sultan-Hann; das Portal deſſelben, aus Marmor, iſt
ſo hoch, ſo reich verziert und ſo prachtvoll, wie das irgend
einer großen Moſchee zu Konſtantinopel; aber durch dieſe,
in einer ſolchen Gegend hoͤchſt uͤberraſchende Pforte tritt
man in einen Hof der Veroͤdung: die doppelte Reihe ſchoͤ-
ner Bogengaͤnge iſt meiſtens eingeſtuͤrzt, und eine kleine Lehm-
huͤtte zwiſchen den Truͤmmern des Wartthurms iſt der ein-
zige bewohnbare Fleck. Unter den praͤchtigen Gewoͤlben fand
ich eine unglaubliche Menge von trocknem Kameelmiſt, die
einzige Feuerung, welche man ſich fuͤr den Winter zu ver-
ſchaffen weiß.

Als Wegweiſer durch die Einoͤde dienen die beiden
ſchoͤnen Gipfel des Haſſan-Dagh; ſie ſcheinen fruͤher Vul-
kane geweſen zu ſein, der eine, welcher oben ſchief abge-
ſchnitten, zeigt einen weiten Krater, aus dem wieder ein
Spitzkegel hervorragt. Ein anderes großes Hann befin-
det ſich zu Obruk an einem See von etwa 300 Schritt
Durchmeſſer in einem runden, wohl 150 bis 200 Fuß tie-
fen Loch, eine auffallende Erſcheinung in der ganz ebenen
Flaͤche.

Der zweitaͤgige Ritt mit denſelben Pferden acht und
dreißig Stunden weit, auf dem wir bis Konieh nur zwei
bewohnte Orte getroffen, iſt einer der ermuͤdendſten, deren
ich mich erinnere; froh war ich, als ich die Kuppeln, die

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[319/0329] als das Roſenoͤl. Der ganze Boden iſt hier mit Salz oder Salpeter geſaͤttigt, und der gaͤnzliche Mangel an Waſ- ſer macht jeden Anbau unmoͤglich; nur mitten durch die Einoͤde ziehen die Ablaͤufe eines Sumpfes nach dem Salz- ſee von Chodſch-hiſſar zu, welcher durchaus ohne Abfluß iſt. An dieſen Sumpflachen findet man einige „Jaïla“, eine ſehr gebraͤuchliche Benennung fuͤr Haͤuſer, welche die Turkmanen des Sommers bewohnen, um ihre Heerden zu weiden, im Gegenſatz von „Kiſchla“, Winterwohnung; ſo heißen auch die Caſernen auf tuͤrkiſch, weil die Soldaten ſelbſt in den Staͤdten waͤhrend des Sommers unter Zelten leben. Dicht neben jenem Sumpf erhebt ſich das maͤch- tige Sultan-Hann; das Portal deſſelben, aus Marmor, iſt ſo hoch, ſo reich verziert und ſo prachtvoll, wie das irgend einer großen Moſchee zu Konſtantinopel; aber durch dieſe, in einer ſolchen Gegend hoͤchſt uͤberraſchende Pforte tritt man in einen Hof der Veroͤdung: die doppelte Reihe ſchoͤ- ner Bogengaͤnge iſt meiſtens eingeſtuͤrzt, und eine kleine Lehm- huͤtte zwiſchen den Truͤmmern des Wartthurms iſt der ein- zige bewohnbare Fleck. Unter den praͤchtigen Gewoͤlben fand ich eine unglaubliche Menge von trocknem Kameelmiſt, die einzige Feuerung, welche man ſich fuͤr den Winter zu ver- ſchaffen weiß. Als Wegweiſer durch die Einoͤde dienen die beiden ſchoͤnen Gipfel des Haſſan-Dagh; ſie ſcheinen fruͤher Vul- kane geweſen zu ſein, der eine, welcher oben ſchief abge- ſchnitten, zeigt einen weiten Krater, aus dem wieder ein Spitzkegel hervorragt. Ein anderes großes Hann befin- det ſich zu Obruk an einem See von etwa 300 Schritt Durchmeſſer in einem runden, wohl 150 bis 200 Fuß tie- fen Loch, eine auffallende Erſcheinung in der ganz ebenen Flaͤche. Der zweitaͤgige Ritt mit denſelben Pferden acht und dreißig Stunden weit, auf dem wir bis Konieh nur zwei bewohnte Orte getroffen, iſt einer der ermuͤdendſten, deren ich mich erinnere; froh war ich, als ich die Kuppeln, die

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/329>, abgerufen am 21.11.2024.