Minarehs und die vielen Bäume von Konieh am Fuße stei- ler Berge endlich deutlich hervortreten sah.
Die türkischen Städte haben überhaupt das Ansehen der Verödung, aber keine mehr als Konieh; es ist weniger verfallen durch die Zeit, als zerstört durch Menschenhände. Ein Jahrhundert hat hier immer seine Denkmäler erbaut aus den Trümmern der vorhergehenden; in der christlich- römischen Zeit riß man die Tempel ein, um Kirchen zu er- bauen; die Moslem verwandelten die Kirchen in Moscheen, und die Moscheen liegen heut in Trümmer. Eine hohe ausgedehnte Mauer mit hunderten von Thürmen umschließt nur ein ödes Feld mit einigen zerfallenen Ruinen; in dieser Mauer siehst Du heidnische Altäre, christliche Grabsteine, grie- chische und persische Jnschriften, Heiligenbilder und genuesi- sche Kreuze, den römischen Adler und den arabischen Löwen ohne andere Rücksicht eingefugt, als wie die Werkstücke eben zu einer Scharte oder Zinne paßten, und eine große türkische Jnschrift an jedem Thurme sorgt dafür, daß Niemand in Zweifel bleibe, wer die Barbaren waren, die dieses Werk vollbrachten. Auf einem Hügel mitten in der Stadt, wel- cher früher wahrscheinlich die Akropolis getragen, befinden sich die Ruinen mehrerer Moscheen und einer byzantinischen sehr zierlichen Kirche. Von dort übersieht man alle die vielen eingestürzten Kuppeln von Bädern und Turbehs, oder Gräbern türkischer Heiligen, einzelne schlanke Minarehs aus bunt glasirten Ziegeln neben einem Schutthaufen, der frü- her einen Dom bildete, ausgedehnte Mauern, alte Thürme und dahinter die schöne Baumgruppe des großen Dorfs Sileh, welches sich ins nahe Gebirge hineinzieht. Jch trat durch die enge halbverschüttete Thür in ein altes Gemäuer, und fand mich plötzlich in dem schönsten Hof, den die Phan- tasie sich ausmalen kann; die arabischen Spitzbögen, die schlan- ken Säulen aus bunten Zigeln, im Hintergrunde ein weites, halb eingestürztes Gewölbe mit Arabesken aus schwarzen, dun- kel- und hellblauen Ziegeln, dies Alles bildet ein Ganzes, von dem ich unsern Architekten wohl eine Copie wünschen möchte.
Minarehs und die vielen Baͤume von Konieh am Fuße ſtei- ler Berge endlich deutlich hervortreten ſah.
Die tuͤrkiſchen Staͤdte haben uͤberhaupt das Anſehen der Veroͤdung, aber keine mehr als Konieh; es iſt weniger verfallen durch die Zeit, als zerſtoͤrt durch Menſchenhaͤnde. Ein Jahrhundert hat hier immer ſeine Denkmaͤler erbaut aus den Truͤmmern der vorhergehenden; in der chriſtlich- roͤmiſchen Zeit riß man die Tempel ein, um Kirchen zu er- bauen; die Moslem verwandelten die Kirchen in Moſcheen, und die Moſcheen liegen heut in Truͤmmer. Eine hohe ausgedehnte Mauer mit hunderten von Thuͤrmen umſchließt nur ein oͤdes Feld mit einigen zerfallenen Ruinen; in dieſer Mauer ſiehſt Du heidniſche Altaͤre, chriſtliche Grabſteine, grie- chiſche und perſiſche Jnſchriften, Heiligenbilder und genueſi- ſche Kreuze, den roͤmiſchen Adler und den arabiſchen Loͤwen ohne andere Ruͤckſicht eingefugt, als wie die Werkſtuͤcke eben zu einer Scharte oder Zinne paßten, und eine große tuͤrkiſche Jnſchrift an jedem Thurme ſorgt dafuͤr, daß Niemand in Zweifel bleibe, wer die Barbaren waren, die dieſes Werk vollbrachten. Auf einem Huͤgel mitten in der Stadt, wel- cher fruͤher wahrſcheinlich die Akropolis getragen, befinden ſich die Ruinen mehrerer Moſcheen und einer byzantiniſchen ſehr zierlichen Kirche. Von dort uͤberſieht man alle die vielen eingeſtuͤrzten Kuppeln von Baͤdern und Turbehs, oder Graͤbern tuͤrkiſcher Heiligen, einzelne ſchlanke Minarehs aus bunt glaſirten Ziegeln neben einem Schutthaufen, der fruͤ- her einen Dom bildete, ausgedehnte Mauern, alte Thuͤrme und dahinter die ſchoͤne Baumgruppe des großen Dorfs Sileh, welches ſich ins nahe Gebirge hineinzieht. Jch trat durch die enge halbverſchuͤttete Thuͤr in ein altes Gemaͤuer, und fand mich ploͤtzlich in dem ſchoͤnſten Hof, den die Phan- taſie ſich ausmalen kann; die arabiſchen Spitzboͤgen, die ſchlan- ken Saͤulen aus bunten Zigeln, im Hintergrunde ein weites, halb eingeſtuͤrztes Gewoͤlbe mit Arabesken aus ſchwarzen, dun- kel- und hellblauen Ziegeln, dies Alles bildet ein Ganzes, von dem ich unſern Architekten wohl eine Copie wuͤnſchen moͤchte.
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Minarehs und die vielen Baͤume von Konieh am Fuße ſtei-
ler Berge endlich deutlich hervortreten ſah.
Die tuͤrkiſchen Staͤdte haben uͤberhaupt das Anſehen
der Veroͤdung, aber keine mehr als Konieh; es iſt weniger
verfallen durch die Zeit, als zerſtoͤrt durch Menſchenhaͤnde.
Ein Jahrhundert hat hier immer ſeine Denkmaͤler erbaut
aus den Truͤmmern der vorhergehenden; in der chriſtlich-
roͤmiſchen Zeit riß man die Tempel ein, um Kirchen zu er-
bauen; die Moslem verwandelten die Kirchen in Moſcheen,
und die Moſcheen liegen heut in Truͤmmer. Eine hohe
ausgedehnte Mauer mit hunderten von Thuͤrmen umſchließt
nur ein oͤdes Feld mit einigen zerfallenen Ruinen; in dieſer
Mauer ſiehſt Du heidniſche Altaͤre, chriſtliche Grabſteine, grie-
chiſche und perſiſche Jnſchriften, Heiligenbilder und genueſi-
ſche Kreuze, den roͤmiſchen Adler und den arabiſchen Loͤwen
ohne andere Ruͤckſicht eingefugt, als wie die Werkſtuͤcke eben
zu einer Scharte oder Zinne paßten, und eine große tuͤrkiſche
Jnſchrift an jedem Thurme ſorgt dafuͤr, daß Niemand in
Zweifel bleibe, wer die Barbaren waren, die dieſes Werk
vollbrachten. Auf einem Huͤgel mitten in der Stadt, wel-
cher fruͤher wahrſcheinlich die Akropolis getragen, befinden
ſich die Ruinen mehrerer Moſcheen und einer byzantiniſchen
ſehr zierlichen Kirche. Von dort uͤberſieht man alle die
vielen eingeſtuͤrzten Kuppeln von Baͤdern und Turbehs, oder
Graͤbern tuͤrkiſcher Heiligen, einzelne ſchlanke Minarehs aus
bunt glaſirten Ziegeln neben einem Schutthaufen, der fruͤ-
her einen Dom bildete, ausgedehnte Mauern, alte Thuͤrme
und dahinter die ſchoͤne Baumgruppe des großen Dorfs
Sileh, welches ſich ins nahe Gebirge hineinzieht. Jch trat
durch die enge halbverſchuͤttete Thuͤr in ein altes Gemaͤuer,
und fand mich ploͤtzlich in dem ſchoͤnſten Hof, den die Phan-
taſie ſich ausmalen kann; die arabiſchen Spitzboͤgen, die ſchlan-
ken Saͤulen aus bunten Zigeln, im Hintergrunde ein weites,
halb eingeſtuͤrztes Gewoͤlbe mit Arabesken aus ſchwarzen, dun-
kel- und hellblauen Ziegeln, dies Alles bildet ein Ganzes, von
dem ich unſern Architekten wohl eine Copie wuͤnſchen moͤchte.
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/330>, abgerufen am 21.11.2024.
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