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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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HANNIBALISCHER KRIEG.
sche Küste. So war von Spanien aus für Hannibal jetzt
weniger als je Unterstützung zu erwarten. -- Von Karthago
war bisher zur Unterstützung des Feldherrn in Italien so viel
geschehen, wie man erwarten konnte: punische Geschwader
bedrohten die Küsten Italiens und der römischen Inseln und
hüteten Africa vor einer römischen Landung, und dabei blieb
es. Ernstlicheren Beistand verhinderte nicht sowohl die Un-
gewissheit, wo Hannibal zu finden sei, und das Vermissen
einer Hafenstation in Italien als die langjährige Gewohnheit,
dass das spanische Heer sich selbst genüge, vor allem aber die
grollende Friedenspartei. Hannibal empfand schwer die Fol-
gen dieser unverzeihlichen Unthätigkeit; trotz allen Sparens
des Geldes und der mitgebrachten Soldaten wurden seine
Kassen allmählich leer, der Sold kam in Rückstand und die
Reihen seiner Veteranen fingen an sich zu lichten. Jetzt aber
brachte die Siegesbotschaft von Cannae selbst die factiöse Oppo-
sition daheim zum Schweigen; der karthagische Senat beschloss
dem Feldherrn 4000 numidische Reiter, 40 Elephanten und
2000 Talente Silber (11/2 Million Thlr.) zur Verfügung zu
stellen und in Spanien 20000 Mann zu Fuss und 4000 Be-
rittene für ihn ausheben zu lassen. -- Die längst besprochene
Offensivallianz zwischen Karthago und Makedonien war anfangs
durch Antigonos plötzlichen Tod, dann durch seines Nach-
folgers Philippos Unentschiedenheit und dessen und seiner
hellenischen Bundesgenossen unzeitigen Krieg gegen die Ae-
toler (534-537) verzögert worden. Erst jetzt nach der
cannensischen Schlacht fand Demetrios von Pharos Gehör
beim Hofe von Pella mit dem Antrag seine illyrischen Be-
sitzungen an Makedonien abzutreten -- sie mussten freilich
den Römern erst entrissen werden -- und erst jetzt schloss
man ab mit Karthago. Makedonien übernahm es eine Lan-
dungsarmee an die italische Ostküste zu werfen, wogegen ihm
die Rückgabe der römischen Besitzungen in Epeiros zugesichert
ward. -- Ungefähr gleichzeitig trat der Nachfolger des alten
im vierundfunfzigsten Regierungsjahr (Herbst 538) verstorbenen
Königs Hieron von Syrakus, der junge unfähige Hieronymos
über zur karthagischen Partei, nachdem ihm zuerst wie er
begehrt Sicilien bis an die alte karthagisch-sicilische Grenze,
dann als sein Uebermuth stieg der Besitz der ganzen Insel
bereitwillig versprochen worden war. Die karthagische Flotte,
die Syrakus bedroht hatte, machte sofort gemeinschaftliche
Sache mit den Syrakusanern, und die Lage der römischen

HANNIBALISCHER KRIEG.
sche Küste. So war von Spanien aus für Hannibal jetzt
weniger als je Unterstützung zu erwarten. — Von Karthago
war bisher zur Unterstützung des Feldherrn in Italien so viel
geschehen, wie man erwarten konnte: punische Geschwader
bedrohten die Küsten Italiens und der römischen Inseln und
hüteten Africa vor einer römischen Landung, und dabei blieb
es. Ernstlicheren Beistand verhinderte nicht sowohl die Un-
gewiſsheit, wo Hannibal zu finden sei, und das Vermissen
einer Hafenstation in Italien als die langjährige Gewohnheit,
daſs das spanische Heer sich selbst genüge, vor allem aber die
grollende Friedenspartei. Hannibal empfand schwer die Fol-
gen dieser unverzeihlichen Unthätigkeit; trotz allen Sparens
des Geldes und der mitgebrachten Soldaten wurden seine
Kassen allmählich leer, der Sold kam in Rückstand und die
Reihen seiner Veteranen fingen an sich zu lichten. Jetzt aber
brachte die Siegesbotschaft von Cannae selbst die factiöse Oppo-
sition daheim zum Schweigen; der karthagische Senat beschloſs
dem Feldherrn 4000 numidische Reiter, 40 Elephanten und
2000 Talente Silber (1½ Million Thlr.) zur Verfügung zu
stellen und in Spanien 20000 Mann zu Fuſs und 4000 Be-
rittene für ihn ausheben zu lassen. — Die längst besprochene
Offensivallianz zwischen Karthago und Makedonien war anfangs
durch Antigonos plötzlichen Tod, dann durch seines Nach-
folgers Philippos Unentschiedenheit und dessen und seiner
hellenischen Bundesgenossen unzeitigen Krieg gegen die Ae-
toler (534-537) verzögert worden. Erst jetzt nach der
cannensischen Schlacht fand Demetrios von Pharos Gehör
beim Hofe von Pella mit dem Antrag seine illyrischen Be-
sitzungen an Makedonien abzutreten — sie muſsten freilich
den Römern erst entrissen werden — und erst jetzt schloſs
man ab mit Karthago. Makedonien übernahm es eine Lan-
dungsarmee an die italische Ostküste zu werfen, wogegen ihm
die Rückgabe der römischen Besitzungen in Epeiros zugesichert
ward. — Ungefähr gleichzeitig trat der Nachfolger des alten
im vierundfunfzigsten Regierungsjahr (Herbst 538) verstorbenen
Königs Hieron von Syrakus, der junge unfähige Hieronymos
über zur karthagischen Partei, nachdem ihm zuerst wie er
begehrt Sicilien bis an die alte karthagisch-sicilische Grenze,
dann als sein Uebermuth stieg der Besitz der ganzen Insel
bereitwillig versprochen worden war. Die karthagische Flotte,
die Syrakus bedroht hatte, machte sofort gemeinschaftliche
Sache mit den Syrakusanern, und die Lage der römischen

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[425/0439] HANNIBALISCHER KRIEG. sche Küste. So war von Spanien aus für Hannibal jetzt weniger als je Unterstützung zu erwarten. — Von Karthago war bisher zur Unterstützung des Feldherrn in Italien so viel geschehen, wie man erwarten konnte: punische Geschwader bedrohten die Küsten Italiens und der römischen Inseln und hüteten Africa vor einer römischen Landung, und dabei blieb es. Ernstlicheren Beistand verhinderte nicht sowohl die Un- gewiſsheit, wo Hannibal zu finden sei, und das Vermissen einer Hafenstation in Italien als die langjährige Gewohnheit, daſs das spanische Heer sich selbst genüge, vor allem aber die grollende Friedenspartei. Hannibal empfand schwer die Fol- gen dieser unverzeihlichen Unthätigkeit; trotz allen Sparens des Geldes und der mitgebrachten Soldaten wurden seine Kassen allmählich leer, der Sold kam in Rückstand und die Reihen seiner Veteranen fingen an sich zu lichten. Jetzt aber brachte die Siegesbotschaft von Cannae selbst die factiöse Oppo- sition daheim zum Schweigen; der karthagische Senat beschloſs dem Feldherrn 4000 numidische Reiter, 40 Elephanten und 2000 Talente Silber (1½ Million Thlr.) zur Verfügung zu stellen und in Spanien 20000 Mann zu Fuſs und 4000 Be- rittene für ihn ausheben zu lassen. — Die längst besprochene Offensivallianz zwischen Karthago und Makedonien war anfangs durch Antigonos plötzlichen Tod, dann durch seines Nach- folgers Philippos Unentschiedenheit und dessen und seiner hellenischen Bundesgenossen unzeitigen Krieg gegen die Ae- toler (534-537) verzögert worden. Erst jetzt nach der cannensischen Schlacht fand Demetrios von Pharos Gehör beim Hofe von Pella mit dem Antrag seine illyrischen Be- sitzungen an Makedonien abzutreten — sie muſsten freilich den Römern erst entrissen werden — und erst jetzt schloſs man ab mit Karthago. Makedonien übernahm es eine Lan- dungsarmee an die italische Ostküste zu werfen, wogegen ihm die Rückgabe der römischen Besitzungen in Epeiros zugesichert ward. — Ungefähr gleichzeitig trat der Nachfolger des alten im vierundfunfzigsten Regierungsjahr (Herbst 538) verstorbenen Königs Hieron von Syrakus, der junge unfähige Hieronymos über zur karthagischen Partei, nachdem ihm zuerst wie er begehrt Sicilien bis an die alte karthagisch-sicilische Grenze, dann als sein Uebermuth stieg der Besitz der ganzen Insel bereitwillig versprochen worden war. Die karthagische Flotte, die Syrakus bedroht hatte, machte sofort gemeinschaftliche Sache mit den Syrakusanern, und die Lage der römischen

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/439>, abgerufen am 28.11.2024.