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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DER DRITTE MAKEDONISCHE KRIEG.
klingenden Worten und noch besser klingendem Golde -- er
musste vernehmen, dass man seine Geschenke zurückgewiesen,
ja dass im ganzen Peloponnes eines schönen Tages man nach
Tagsatzungsbeschluss alle früher ihm errichteten Statuen zer-
schlagen und die Ehrentafeln eingeschmolzen habe (584),
während Perseus Name auf allen Lippen war, während selbst
die ehemals am entschiedensten antimakedonisch gesinnten
Staaten, wie die Achaeer, über die Aufhebung der gegen Ma-
kedonien gerichteten Gesetze beriethen; während Byzantion,
obwohl mitten im pergamenischen Reich gelegen, nicht von
Eumenes, sondern von Perseus Schutz und Besatzung gegen die
Thraker erbat und empfing, und ebenso Lampsakos am Hel,
lespont sich dem Makedonier anschloss; während die mächtigen
und besonnenen Rhodier dem König Perseus seine syrische Braut-
da die syrischen Kriegsschiffe im aegaeischen Meer sich nicht zei-
gen durften, mit ihrer ganzen prächtigen Kriegsflotte von Antiochia
her zuführten und hochgeehrt und reich beschenkt, namentlich
mit Holz zum Schiffbau, wieder heimkehrten; während Beauf-
tragte der asiatischen Städte, also der Unterthanen des Eu-
menes, in Samothrake mit makedonischen Abgeordneten ge-
heime Conferenzen hielten. Jene Sendung der rhodischen
Kriegsflotte schien wenigstens eine Demonstration; und sicher
war es eine, dass der König Perseus unter dem Vorwand
einer gottesdienstlichen Handlung bei Delphoi den Hellenen
sich und seine ganze Armee zur Schau stellte. Dass der
König bei dem bevorstehenden Kriege sich auf diese nationale
Propaganda zu stützen gedachte, lag in den Verhältnissen.
Arg aber war es, dass er die fürchterliche ökonomische Zer-
rüttung Griechenlands benutzte, um alle diejenigen, die eine
Umwälzung der Eigenthums- und Schuldverhältnisse wünsch-
ten, an Makedonien zu ketten. Von der beispiellosen Ueber-
schuldung der Gemeinden wie der Einzelnen im europäischen
Griechenland mit Ausnahme des in dieser Hinsicht etwas
besser geordneten Peloponnes ist es schwer sich einen hin-
reichenden Begriff zu machen; es kam vor, dass eine Stadt
die andere überfiel und ausplünderte bloss um Geld zu ma-
chen, so zum Beispiel die Athener Oropos, und bei den Aeto-
lern, den Perrhaebern, den Thessalern lieferten die Besitzen-
den und die Nichtbesitzenden sich förmliche Schlachten. Die
ärgsten Gräuelthaten verstehen sich bei solchen Zuständen
von selbst; so wurde bei den Aetolern eine allgemeine
Versöhnung verkündet und ein neuer Landfriede gemacht

37*

DER DRITTE MAKEDONISCHE KRIEG.
klingenden Worten und noch besser klingendem Golde — er
muſste vernehmen, daſs man seine Geschenke zurückgewiesen,
ja daſs im ganzen Peloponnes eines schönen Tages man nach
Tagsatzungsbeschluſs alle früher ihm errichteten Statuen zer-
schlagen und die Ehrentafeln eingeschmolzen habe (584),
während Perseus Name auf allen Lippen war, während selbst
die ehemals am entschiedensten antimakedonisch gesinnten
Staaten, wie die Achaeer, über die Aufhebung der gegen Ma-
kedonien gerichteten Gesetze beriethen; während Byzantion,
obwohl mitten im pergamenischen Reich gelegen, nicht von
Eumenes, sondern von Perseus Schutz und Besatzung gegen die
Thraker erbat und empfing, und ebenso Lampsakos am Hel,
lespont sich dem Makedonier anschloſs; während die mächtigen
und besonnenen Rhodier dem König Perseus seine syrische Braut-
da die syrischen Kriegsschiffe im aegaeischen Meer sich nicht zei-
gen durften, mit ihrer ganzen prächtigen Kriegsflotte von Antiochia
her zuführten und hochgeehrt und reich beschenkt, namentlich
mit Holz zum Schiffbau, wieder heimkehrten; während Beauf-
tragte der asiatischen Städte, also der Unterthanen des Eu-
menes, in Samothrake mit makedonischen Abgeordneten ge-
heime Conferenzen hielten. Jene Sendung der rhodischen
Kriegsflotte schien wenigstens eine Demonstration; und sicher
war es eine, daſs der König Perseus unter dem Vorwand
einer gottesdienstlichen Handlung bei Delphoi den Hellenen
sich und seine ganze Armee zur Schau stellte. Daſs der
König bei dem bevorstehenden Kriege sich auf diese nationale
Propaganda zu stützen gedachte, lag in den Verhältnissen.
Arg aber war es, daſs er die fürchterliche ökonomische Zer-
rüttung Griechenlands benutzte, um alle diejenigen, die eine
Umwälzung der Eigenthums- und Schuldverhältnisse wünsch-
ten, an Makedonien zu ketten. Von der beispiellosen Ueber-
schuldung der Gemeinden wie der Einzelnen im europäischen
Griechenland mit Ausnahme des in dieser Hinsicht etwas
besser geordneten Peloponnes ist es schwer sich einen hin-
reichenden Begriff zu machen; es kam vor, daſs eine Stadt
die andere überfiel und ausplünderte bloſs um Geld zu ma-
chen, so zum Beispiel die Athener Oropos, und bei den Aeto-
lern, den Perrhaebern, den Thessalern lieferten die Besitzen-
den und die Nichtbesitzenden sich förmliche Schlachten. Die
ärgsten Gräuelthaten verstehen sich bei solchen Zuständen
von selbst; so wurde bei den Aetolern eine allgemeine
Versöhnung verkündet und ein neuer Landfriede gemacht

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[579/0593] DER DRITTE MAKEDONISCHE KRIEG. klingenden Worten und noch besser klingendem Golde — er muſste vernehmen, daſs man seine Geschenke zurückgewiesen, ja daſs im ganzen Peloponnes eines schönen Tages man nach Tagsatzungsbeschluſs alle früher ihm errichteten Statuen zer- schlagen und die Ehrentafeln eingeschmolzen habe (584), während Perseus Name auf allen Lippen war, während selbst die ehemals am entschiedensten antimakedonisch gesinnten Staaten, wie die Achaeer, über die Aufhebung der gegen Ma- kedonien gerichteten Gesetze beriethen; während Byzantion, obwohl mitten im pergamenischen Reich gelegen, nicht von Eumenes, sondern von Perseus Schutz und Besatzung gegen die Thraker erbat und empfing, und ebenso Lampsakos am Hel, lespont sich dem Makedonier anschloſs; während die mächtigen und besonnenen Rhodier dem König Perseus seine syrische Braut- da die syrischen Kriegsschiffe im aegaeischen Meer sich nicht zei- gen durften, mit ihrer ganzen prächtigen Kriegsflotte von Antiochia her zuführten und hochgeehrt und reich beschenkt, namentlich mit Holz zum Schiffbau, wieder heimkehrten; während Beauf- tragte der asiatischen Städte, also der Unterthanen des Eu- menes, in Samothrake mit makedonischen Abgeordneten ge- heime Conferenzen hielten. Jene Sendung der rhodischen Kriegsflotte schien wenigstens eine Demonstration; und sicher war es eine, daſs der König Perseus unter dem Vorwand einer gottesdienstlichen Handlung bei Delphoi den Hellenen sich und seine ganze Armee zur Schau stellte. Daſs der König bei dem bevorstehenden Kriege sich auf diese nationale Propaganda zu stützen gedachte, lag in den Verhältnissen. Arg aber war es, daſs er die fürchterliche ökonomische Zer- rüttung Griechenlands benutzte, um alle diejenigen, die eine Umwälzung der Eigenthums- und Schuldverhältnisse wünsch- ten, an Makedonien zu ketten. Von der beispiellosen Ueber- schuldung der Gemeinden wie der Einzelnen im europäischen Griechenland mit Ausnahme des in dieser Hinsicht etwas besser geordneten Peloponnes ist es schwer sich einen hin- reichenden Begriff zu machen; es kam vor, daſs eine Stadt die andere überfiel und ausplünderte bloſs um Geld zu ma- chen, so zum Beispiel die Athener Oropos, und bei den Aeto- lern, den Perrhaebern, den Thessalern lieferten die Besitzen- den und die Nichtbesitzenden sich förmliche Schlachten. Die ärgsten Gräuelthaten verstehen sich bei solchen Zuständen von selbst; so wurde bei den Aetolern eine allgemeine Versöhnung verkündet und ein neuer Landfriede gemacht 37*

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/593>, abgerufen am 22.11.2024.