Das neue Gebäude, das Gaius Gracchus aufgeführt hatte, war mit seinem Tode eine Ruine. Wohl war sein Tod wie der seines Bruders zunächst nichts als ein Act der Rache; allein es war doch auch ein sehr wesentlicher Schritt zur Restauration der alten Verfassung, wenn aus der Monarchie, eben da sie im Begriff war sich zu begründen, die Person des Monarchen beseitigt ward. Es schien eine Personenfrage, aber es war mehr; haupt- sächlich desshalb, weil eben damals schlechterdings Niemand vorhanden war, der, sei es durch Blutsverwandtschaft mit dem gefallenen Staatsoberhaupt, sei es durch überwiegende Capacität auch nur zu einem Versuch den erledigten Platz einzunehmen sich legitimirt gefühlt hätte. Gaius war ohne Kinder gestorben und auch Tiberius hinterlassener Knabe starb, bevor er zu sei- nen Jahren kam; die ganze sogenannte Volkspartei war buch- stäblich ohne irgend einen auch nur namhaften Führer. Die gra- cchische Verfassung glich einer Festung ohne Commandanten; Mauern und Besatzung waren durchaus intact, aber der Feld- herr fehlte und es war Niemand vorhanden, der an den leeren Platz sich hätte setzen wollen als eben die gestürzte Regie- rung. Auch Gaius Gracchus hatte den Satz im Allgemei- nen gelten lassen, dass die Regierungsgeschäfte zunächst vor den Senat gehörten und nur durch eine Reihe von Ausnahms- bestimmungen denselben thatsächlich zu nichte gemacht; es ver- stand sich von selbst, dass nach seinem erblosen Abgang das
KAPITEL IV. Die Restaurationsherrschaft.
Das neue Gebäude, das Gaius Gracchus aufgeführt hatte, war mit seinem Tode eine Ruine. Wohl war sein Tod wie der seines Bruders zunächst nichts als ein Act der Rache; allein es war doch auch ein sehr wesentlicher Schritt zur Restauration der alten Verfassung, wenn aus der Monarchie, eben da sie im Begriff war sich zu begründen, die Person des Monarchen beseitigt ward. Es schien eine Personenfrage, aber es war mehr; haupt- sächlich deſshalb, weil eben damals schlechterdings Niemand vorhanden war, der, sei es durch Blutsverwandtschaft mit dem gefallenen Staatsoberhaupt, sei es durch überwiegende Capacität auch nur zu einem Versuch den erledigten Platz einzunehmen sich legitimirt gefühlt hätte. Gaius war ohne Kinder gestorben und auch Tiberius hinterlassener Knabe starb, bevor er zu sei- nen Jahren kam; die ganze sogenannte Volkspartei war buch- stäblich ohne irgend einen auch nur namhaften Führer. Die gra- cchische Verfassung glich einer Festung ohne Commandanten; Mauern und Besatzung waren durchaus intact, aber der Feld- herr fehlte und es war Niemand vorhanden, der an den leeren Platz sich hätte setzen wollen als eben die gestürzte Regie- rung. Auch Gaius Gracchus hatte den Satz im Allgemei- nen gelten lassen, daſs die Regierungsgeschäfte zunächst vor den Senat gehörten und nur durch eine Reihe von Ausnahms- bestimmungen denselben thatsächlich zu nichte gemacht; es ver- stand sich von selbst, daſs nach seinem erblosen Abgang das
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KAPITEL IV.
Die Restaurationsherrschaft.
Das neue Gebäude, das Gaius Gracchus aufgeführt hatte,
war mit seinem Tode eine Ruine. Wohl war sein Tod wie der
seines Bruders zunächst nichts als ein Act der Rache; allein es
war doch auch ein sehr wesentlicher Schritt zur Restauration der
alten Verfassung, wenn aus der Monarchie, eben da sie im Begriff
war sich zu begründen, die Person des Monarchen beseitigt
ward. Es schien eine Personenfrage, aber es war mehr; haupt-
sächlich deſshalb, weil eben damals schlechterdings Niemand
vorhanden war, der, sei es durch Blutsverwandtschaft mit dem
gefallenen Staatsoberhaupt, sei es durch überwiegende Capacität
auch nur zu einem Versuch den erledigten Platz einzunehmen
sich legitimirt gefühlt hätte. Gaius war ohne Kinder gestorben
und auch Tiberius hinterlassener Knabe starb, bevor er zu sei-
nen Jahren kam; die ganze sogenannte Volkspartei war buch-
stäblich ohne irgend einen auch nur namhaften Führer. Die gra-
cchische Verfassung glich einer Festung ohne Commandanten;
Mauern und Besatzung waren durchaus intact, aber der Feld-
herr fehlte und es war Niemand vorhanden, der an den leeren
Platz sich hätte setzen wollen als eben die gestürzte Regie-
rung. Auch Gaius Gracchus hatte den Satz im Allgemei-
nen gelten lassen, daſs die Regierungsgeschäfte zunächst vor
den Senat gehörten und nur durch eine Reihe von Ausnahms-
bestimmungen denselben thatsächlich zu nichte gemacht; es ver-
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. [119]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/129>, abgerufen am 25.11.2024.
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