Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN. günstig ausgefallen waren, hielt der einsichtige Feldherr seineTruppen in dem Lager bei Urso (Osuna südostlich von Sevilla) zusammen ohne die angebotene Feldschlacht anzunehmen. So vermochte er, nachdem im kleinen Krieg seine Truppen kampf- fähig geworden waren, im nächsten Feldzug (610) gegen seinen Gegner das Feld mit Ueberlegenheit zu behaupten und nach glücklichen Waffenthaten in Corduba zu überwintern. Als aber an Maximus Stelle der feige und ungeschickte Prätor Quinctius den Befehl übernahm, erlitt derselbe wiederum eine Niederlage über die andere und schloss sich mitten im Sommer in Corduba ein, während Viriathus Schaaren die südliche Provinz über- schwemmten (611). Sein Nachfolger, des Maximus Aemilianus Adoptivbruder Quintus Fabius Maximus Servilianus erschien mit zwei frischen Legionen und zehn Elephanten; er versuchte in das lusitanische Gebiet einzudringen, allein nach einer Reihe nichts entscheidender Gefechte und einem mühsam abgeschlagenen Sturm auf das römische Lager sah er sich genöthigt, auf das römische Gebiet zurückzugehen. Viriathus folgte ihm in die Provinz, da aber seine Truppen nach dem Brauch spanischer Insurgenten- heere plötzlich sich verliefen, musste auch er nach Lusitanien zurückkehren (612). Im nächsten Jahr (613) ergriff wieder Servilianus die Offensive, durchzog die Gegenden am Baetis und Anas, und sodann in Lusitanien einrückend besetzte er eine Menge Ortschaften. Eine grosse Zahl der Insurgenten fiel in seine Hand; die Führer -- es waren deren gegen 500 -- wurden hingerichtet, den aus römischem Gebiet zum Feind Uebergegan- genen die Hände abgehauen, die übrige Masse in die Sclaverei verkauft. Aber der spanische Krieg bewährte auch hier seine tückische Unbeständigkeit. Das römische Heer ward nach all diesen Erfolgen bei der Belagerung von Erisane von Viriathus angegriffen, geworfen und auf einen Felsen gedrängt, wo es gänzlich in der Gewalt der Feinde war. Viriathus indess be- gnügte sich, wie einst der Samnitenfeldherr in den caudinischen Pässen, mit Servilianus einen Frieden abzuschliessen, worin die Gemeinde der Lusitaner als souverän und Viriathus als König derselben anerkannt ward. Wie die Macht der Römer gestie- gen, so war das nationale Ehrgefühl gesunken; man war in der Hauptstadt froh des lästigen Krieges entledigt zu sein und Senat und Volk gaben dem Vertrage die Ratification. Allein Servilianus leiblicher Bruder und Amtsnachfolger, der Consul Quintus Servilius Caepio war mit dieser Nachgiebigkeit wenig zufrieden und der Senat war schwach genug anfangs den Consul DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN. günstig ausgefallen waren, hielt der einsichtige Feldherr seineTruppen in dem Lager bei Urso (Osuna südostlich von Sevilla) zusammen ohne die angebotene Feldschlacht anzunehmen. So vermochte er, nachdem im kleinen Krieg seine Truppen kampf- fähig geworden waren, im nächsten Feldzug (610) gegen seinen Gegner das Feld mit Ueberlegenheit zu behaupten und nach glücklichen Waffenthaten in Corduba zu überwintern. Als aber an Maximus Stelle der feige und ungeschickte Prätor Quinctius den Befehl übernahm, erlitt derselbe wiederum eine Niederlage über die andere und schloſs sich mitten im Sommer in Corduba ein, während Viriathus Schaaren die südliche Provinz über- schwemmten (611). Sein Nachfolger, des Maximus Aemilianus Adoptivbruder Quintus Fabius Maximus Servilianus erschien mit zwei frischen Legionen und zehn Elephanten; er versuchte in das lusitanische Gebiet einzudringen, allein nach einer Reihe nichts entscheidender Gefechte und einem mühsam abgeschlagenen Sturm auf das römische Lager sah er sich genöthigt, auf das römische Gebiet zurückzugehen. Viriathus folgte ihm in die Provinz, da aber seine Truppen nach dem Brauch spanischer Insurgenten- heere plötzlich sich verliefen, muſste auch er nach Lusitanien zurückkehren (612). Im nächsten Jahr (613) ergriff wieder Servilianus die Offensive, durchzog die Gegenden am Baetis und Anas, und sodann in Lusitanien einrückend besetzte er eine Menge Ortschaften. Eine groſse Zahl der Insurgenten fiel in seine Hand; die Führer — es waren deren gegen 500 — wurden hingerichtet, den aus römischem Gebiet zum Feind Uebergegan- genen die Hände abgehauen, die übrige Masse in die Sclaverei verkauft. Aber der spanische Krieg bewährte auch hier seine tückische Unbeständigkeit. Das römische Heer ward nach all diesen Erfolgen bei der Belagerung von Erisane von Viriathus angegriffen, geworfen und auf einen Felsen gedrängt, wo es gänzlich in der Gewalt der Feinde war. Viriathus indeſs be- gnügte sich, wie einst der Samnitenfeldherr in den caudinischen Pässen, mit Servilianus einen Frieden abzuschlieſsen, worin die Gemeinde der Lusitaner als souverän und Viriathus als König derselben anerkannt ward. Wie die Macht der Römer gestie- gen, so war das nationale Ehrgefühl gesunken; man war in der Hauptstadt froh des lästigen Krieges entledigt zu sein und Senat und Volk gaben dem Vertrage die Ratification. 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DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN.
günstig ausgefallen waren, hielt der einsichtige Feldherr seine
Truppen in dem Lager bei Urso (Osuna südostlich von Sevilla)
zusammen ohne die angebotene Feldschlacht anzunehmen. So
vermochte er, nachdem im kleinen Krieg seine Truppen kampf-
fähig geworden waren, im nächsten Feldzug (610) gegen seinen
Gegner das Feld mit Ueberlegenheit zu behaupten und nach
glücklichen Waffenthaten in Corduba zu überwintern. Als aber
an Maximus Stelle der feige und ungeschickte Prätor Quinctius
den Befehl übernahm, erlitt derselbe wiederum eine Niederlage
über die andere und schloſs sich mitten im Sommer in Corduba
ein, während Viriathus Schaaren die südliche Provinz über-
schwemmten (611). Sein Nachfolger, des Maximus Aemilianus
Adoptivbruder Quintus Fabius Maximus Servilianus erschien mit
zwei frischen Legionen und zehn Elephanten; er versuchte in
das lusitanische Gebiet einzudringen, allein nach einer Reihe nichts
entscheidender Gefechte und einem mühsam abgeschlagenen Sturm
auf das römische Lager sah er sich genöthigt, auf das römische
Gebiet zurückzugehen. Viriathus folgte ihm in die Provinz, da
aber seine Truppen nach dem Brauch spanischer Insurgenten-
heere plötzlich sich verliefen, muſste auch er nach Lusitanien
zurückkehren (612). Im nächsten Jahr (613) ergriff wieder
Servilianus die Offensive, durchzog die Gegenden am Baetis und
Anas, und sodann in Lusitanien einrückend besetzte er eine
Menge Ortschaften. Eine groſse Zahl der Insurgenten fiel in
seine Hand; die Führer — es waren deren gegen 500 — wurden
hingerichtet, den aus römischem Gebiet zum Feind Uebergegan-
genen die Hände abgehauen, die übrige Masse in die Sclaverei
verkauft. Aber der spanische Krieg bewährte auch hier seine
tückische Unbeständigkeit. Das römische Heer ward nach all
diesen Erfolgen bei der Belagerung von Erisane von Viriathus
angegriffen, geworfen und auf einen Felsen gedrängt, wo es
gänzlich in der Gewalt der Feinde war. Viriathus indeſs be-
gnügte sich, wie einst der Samnitenfeldherr in den caudinischen
Pässen, mit Servilianus einen Frieden abzuschlieſsen, worin die
Gemeinde der Lusitaner als souverän und Viriathus als König
derselben anerkannt ward. Wie die Macht der Römer gestie-
gen, so war das nationale Ehrgefühl gesunken; man war in
der Hauptstadt froh des lästigen Krieges entledigt zu sein
und Senat und Volk gaben dem Vertrage die Ratification. Allein
Servilianus leiblicher Bruder und Amtsnachfolger, der Consul
Quintus Servilius Caepio war mit dieser Nachgiebigkeit wenig
zufrieden und der Senat war schwach genug anfangs den Consul
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