Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.THAPSUS. tiger als das seinige. In dem Treffen bei Nikopolis ward Calvinuspontisches Aufgebot zusammengehauen und die galatischen Le- gionen liefen davon; nur die eine alte Legion des Calvinus schlug mit mässigem Verlust sich durch. Statt Kleinarmenien zu ero- bern, konnte Calvinus nicht einmal verhindern, dass Pharnakes sich seiner pontischen ,Erbstaaten' wieder bemächtigte und über die Bewohner, namentlich die unglücklichen Amisener, die ganze Schale seiner scheusslichen Sultanslaunen ausgoss (Winter 706/7). Als indess Caesar selbst eintraf und ihm sagen liess, dass der Dienst, der ihm persönlich von Pharnakes geleistet sei, indem er Pompeius keine Hülfe gewährt habe, nicht in Betracht kommen dürfe gegen den dem Reiche zugefügten Schaden, und dass vor jeder Unterhandlung er die Provinz Pontus räumen und das ge- raubte Gut zurückstellen müsse, erklärte er sich bereit zu ge- horchen; aber wohl wissend, wie guten Grund Caesar hatte nach dem Westen zu eilen, machte er keine ernstlichen Anstalten zur Räumung. Er wusste nicht, dass Caesar abthat, was er angriff. Ohne weiter zu verhandeln, nahm Caesar die eine von Alexandreia mitgebrachte Legion und die Truppen des Calvinus und Deiota- rus zusammen und rückte gegen Pharnakes Lager bei Ziela. Wie die Bosporaner ihn kommen sahen, durchschritten sie keck den tiefen Bergspalt, der ihre Fronte deckte, und griffen den Hü- gel hinauf die Römer an. Caesars Soldaten waren noch mit dem Lagerschlagen beschäftigt und einen Augenblick schwankten die Reihen; allein die kriegsgewohnten Veteranen sammelten sich rasch und gaben das Beispiel zum allgemeinen Angriff und zum vollkommenen Siege (2. Aug. 707). In fünf Tagen war der Feld- zug beendigt -- zu dieser Zeit, wo jede Stunde kostbar war, ein unschätzbarer Glücksfall. Mit der Verfolgung des Königs, der über Sinope heimgegangen war, beauftragte Caesar des Pharnakes il- legitimen Bruder, den tapfern Mithradates von Pergamon, wel- cher zum Lohn der in Aegypten geleisteten Dienste an Pharnakes Stelle die bosporanische Königskrone empfing. Im Uebrigen wur- den die syrischen und kleinasiatischen Angelegenheiten friedlich geschlichtet, die eigenen Bundesgenossen reich belohnt, die des Pompeius im Ganzen mit Geldbussen oder Verweisen entlassen. Nur der mächtigste unter den Clienten des Pompeius Deiotarus ward wieder auf sein angestammtes enges Gebiet, den tolistoboi- schen Gau beschränkt. An seiner Stelle ward mit Kleinarme- nien König Ariobarzanes von Kappadokien belehnt, mit dem von ihm usurpirten Vierfürstenthum der Trokmer der neue König des Bosporus, welcher wie von väterlicher Seite dem pontischen, THAPSUS. tiger als das seinige. In dem Treffen bei Nikopolis ward Calvinuspontisches Aufgebot zusammengehauen und die galatischen Le- gionen liefen davon; nur die eine alte Legion des Calvinus schlug mit mäſsigem Verlust sich durch. Statt Kleinarmenien zu ero- bern, konnte Calvinus nicht einmal verhindern, daſs Pharnakes sich seiner pontischen ‚Erbstaaten‘ wieder bemächtigte und über die Bewohner, namentlich die unglücklichen Amisener, die ganze Schale seiner scheuſslichen Sultanslaunen ausgoſs (Winter 706/7). Als indeſs Caesar selbst eintraf und ihm sagen lieſs, daſs der Dienst, der ihm persönlich von Pharnakes geleistet sei, indem er Pompeius keine Hülfe gewährt habe, nicht in Betracht kommen dürfe gegen den dem Reiche zugefügten Schaden, und daſs vor jeder Unterhandlung er die Provinz Pontus räumen und das ge- raubte Gut zurückstellen müsse, erklärte er sich bereit zu ge- horchen; aber wohl wissend, wie guten Grund Caesar hatte nach dem Westen zu eilen, machte er keine ernstlichen Anstalten zur Räumung. Er wuſste nicht, daſs Caesar abthat, was er angriff. Ohne weiter zu verhandeln, nahm Caesar die eine von Alexandreia mitgebrachte Legion und die Truppen des Calvinus und Deiota- rus zusammen und rückte gegen Pharnakes Lager bei Ziela. Wie die Bosporaner ihn kommen sahen, durchschritten sie keck den tiefen Bergspalt, der ihre Fronte deckte, und griffen den Hü- gel hinauf die Römer an. Caesars Soldaten waren noch mit dem Lagerschlagen beschäftigt und einen Augenblick schwankten die Reihen; allein die kriegsgewohnten Veteranen sammelten sich rasch und gaben das Beispiel zum allgemeinen Angriff und zum vollkommenen Siege (2. Aug. 707). In fünf Tagen war der Feld- zug beendigt — zu dieser Zeit, wo jede Stunde kostbar war, ein unschätzbarer Glücksfall. Mit der Verfolgung des Königs, der über Sinope heimgegangen war, beauftragte Caesar des Pharnakes il- legitimen Bruder, den tapfern Mithradates von Pergamon, wel- cher zum Lohn der in Aegypten geleisteten Dienste an Pharnakes Stelle die bosporanische Königskrone empfing. Im Uebrigen wur- den die syrischen und kleinasiatischen Angelegenheiten friedlich geschlichtet, die eigenen Bundesgenossen reich belohnt, die des Pompeius im Ganzen mit Geldbuſsen oder Verweisen entlassen. Nur der mächtigste unter den Clienten des Pompeius Deiotarus ward wieder auf sein angestammtes enges Gebiet, den tolistoboi- schen Gau beschränkt. An seiner Stelle ward mit Kleinarme- nien König Ariobarzanes von Kappadokien belehnt, mit dem von ihm usurpirten Vierfürstenthum der Trokmer der neue König des Bosporus, welcher wie von väterlicher Seite dem pontischen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0421" n="411"/><fw place="top" type="header">THAPSUS.</fw><lb/> tiger als das seinige. In dem Treffen bei Nikopolis ward Calvinus<lb/> pontisches Aufgebot zusammengehauen und die galatischen Le-<lb/> gionen liefen davon; nur die eine alte Legion des Calvinus schlug<lb/> mit mäſsigem Verlust sich durch. Statt Kleinarmenien zu ero-<lb/> bern, konnte Calvinus nicht einmal verhindern, daſs Pharnakes<lb/> sich seiner pontischen ‚Erbstaaten‘ wieder bemächtigte und über<lb/> die Bewohner, namentlich die unglücklichen Amisener, die ganze<lb/> Schale seiner scheuſslichen Sultanslaunen ausgoſs (Winter 706/7).<lb/> Als indeſs Caesar selbst eintraf und ihm sagen lieſs, daſs der<lb/> Dienst, der ihm persönlich von Pharnakes geleistet sei, indem er<lb/> Pompeius keine Hülfe gewährt habe, nicht in Betracht kommen<lb/> dürfe gegen den dem Reiche zugefügten Schaden, und daſs vor<lb/> jeder Unterhandlung er die Provinz Pontus räumen und das ge-<lb/> raubte Gut zurückstellen müsse, erklärte er sich bereit zu ge-<lb/> horchen; aber wohl wissend, wie guten Grund Caesar hatte nach<lb/> dem Westen zu eilen, machte er keine ernstlichen Anstalten zur<lb/> Räumung. Er wuſste nicht, daſs Caesar abthat, was er angriff.<lb/> Ohne weiter zu verhandeln, nahm Caesar die eine von Alexandreia<lb/> mitgebrachte Legion und die Truppen des Calvinus und Deiota-<lb/> rus zusammen und rückte gegen Pharnakes Lager bei Ziela.<lb/> Wie die Bosporaner ihn kommen sahen, durchschritten sie keck<lb/> den tiefen Bergspalt, der ihre Fronte deckte, und griffen den Hü-<lb/> gel hinauf die Römer an. Caesars Soldaten waren noch mit dem<lb/> Lagerschlagen beschäftigt und einen Augenblick schwankten die<lb/> Reihen; allein die kriegsgewohnten Veteranen sammelten sich<lb/> rasch und gaben das Beispiel zum allgemeinen Angriff und zum<lb/> vollkommenen Siege (2. Aug. 707). In fünf Tagen war der Feld-<lb/> zug beendigt — zu dieser Zeit, wo jede Stunde kostbar war, ein<lb/> unschätzbarer Glücksfall. Mit der Verfolgung des Königs, der über<lb/> Sinope heimgegangen war, beauftragte Caesar des Pharnakes il-<lb/> legitimen Bruder, den tapfern Mithradates von Pergamon, wel-<lb/> cher zum Lohn der in Aegypten geleisteten Dienste an Pharnakes<lb/> Stelle die bosporanische Königskrone empfing. Im Uebrigen wur-<lb/> den die syrischen und kleinasiatischen Angelegenheiten friedlich<lb/> geschlichtet, die eigenen Bundesgenossen reich belohnt, die des<lb/> Pompeius im Ganzen mit Geldbuſsen oder Verweisen entlassen.<lb/> Nur der mächtigste unter den Clienten des Pompeius Deiotarus<lb/> ward wieder auf sein angestammtes enges Gebiet, den tolistoboi-<lb/> schen Gau beschränkt. An seiner Stelle ward mit Kleinarme-<lb/> nien König Ariobarzanes von Kappadokien belehnt, mit dem von<lb/> ihm usurpirten Vierfürstenthum der Trokmer der neue König<lb/> des Bosporus, welcher wie von väterlicher Seite dem pontischen,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [411/0421]
THAPSUS.
tiger als das seinige. In dem Treffen bei Nikopolis ward Calvinus
pontisches Aufgebot zusammengehauen und die galatischen Le-
gionen liefen davon; nur die eine alte Legion des Calvinus schlug
mit mäſsigem Verlust sich durch. Statt Kleinarmenien zu ero-
bern, konnte Calvinus nicht einmal verhindern, daſs Pharnakes
sich seiner pontischen ‚Erbstaaten‘ wieder bemächtigte und über
die Bewohner, namentlich die unglücklichen Amisener, die ganze
Schale seiner scheuſslichen Sultanslaunen ausgoſs (Winter 706/7).
Als indeſs Caesar selbst eintraf und ihm sagen lieſs, daſs der
Dienst, der ihm persönlich von Pharnakes geleistet sei, indem er
Pompeius keine Hülfe gewährt habe, nicht in Betracht kommen
dürfe gegen den dem Reiche zugefügten Schaden, und daſs vor
jeder Unterhandlung er die Provinz Pontus räumen und das ge-
raubte Gut zurückstellen müsse, erklärte er sich bereit zu ge-
horchen; aber wohl wissend, wie guten Grund Caesar hatte nach
dem Westen zu eilen, machte er keine ernstlichen Anstalten zur
Räumung. Er wuſste nicht, daſs Caesar abthat, was er angriff.
Ohne weiter zu verhandeln, nahm Caesar die eine von Alexandreia
mitgebrachte Legion und die Truppen des Calvinus und Deiota-
rus zusammen und rückte gegen Pharnakes Lager bei Ziela.
Wie die Bosporaner ihn kommen sahen, durchschritten sie keck
den tiefen Bergspalt, der ihre Fronte deckte, und griffen den Hü-
gel hinauf die Römer an. Caesars Soldaten waren noch mit dem
Lagerschlagen beschäftigt und einen Augenblick schwankten die
Reihen; allein die kriegsgewohnten Veteranen sammelten sich
rasch und gaben das Beispiel zum allgemeinen Angriff und zum
vollkommenen Siege (2. Aug. 707). In fünf Tagen war der Feld-
zug beendigt — zu dieser Zeit, wo jede Stunde kostbar war, ein
unschätzbarer Glücksfall. Mit der Verfolgung des Königs, der über
Sinope heimgegangen war, beauftragte Caesar des Pharnakes il-
legitimen Bruder, den tapfern Mithradates von Pergamon, wel-
cher zum Lohn der in Aegypten geleisteten Dienste an Pharnakes
Stelle die bosporanische Königskrone empfing. Im Uebrigen wur-
den die syrischen und kleinasiatischen Angelegenheiten friedlich
geschlichtet, die eigenen Bundesgenossen reich belohnt, die des
Pompeius im Ganzen mit Geldbuſsen oder Verweisen entlassen.
Nur der mächtigste unter den Clienten des Pompeius Deiotarus
ward wieder auf sein angestammtes enges Gebiet, den tolistoboi-
schen Gau beschränkt. An seiner Stelle ward mit Kleinarme-
nien König Ariobarzanes von Kappadokien belehnt, mit dem von
ihm usurpirten Vierfürstenthum der Trokmer der neue König
des Bosporus, welcher wie von väterlicher Seite dem pontischen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |