Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Erfindungen. Urthel kennen/ wer sie recht zu gebrauchenweiß. Der Cardinal Perron hat gar weiß- lich geurtheilet/ wie in den Excerptis p. 193. zu sehen/ daß die Sprachen den Ursprung von der Nothwendigkeit haben/ aber durch die affectation verdorben werden/ welche mehrentheils in den metaphoris bestehet. Dann wie der luxus ein Zeichen ist/ daß das Regiment zu Grunde geht/ so ist auch der luxus in den Sprachen ein Zei- chen ihres verderbens. Er sagt ferner/ es sey mit den Sprachen beschaffen wie mit den Früchten/ welche/ wann sie reiff werden/ allerhand Würmer bey sich zeu- gen. Welches man zu dieser Zeit von der Teutschen Sprache mit gutem grun- de der Warheit sagen kan. In der Po- esi werden zwar hanrtere Metaphorae, als in Prosa nicht allein zu gelassen/ sondern gar erfodert/ jedoch mit gewisser Maasse. Dann weil man von einem Poeten viel- mehr etwas außgesonnens erwartet/ als von einem Oratore, bey welchem etwas neues alsofort verdanchtig ist/ so munssen auch
Erfindungen. Urthel kennen/ wer ſie recht zu gebrauchenweiß. Der Cardinal Perron hat gar weiß- lich geurtheilet/ wie in den Excerptis p. 193. zu ſehen/ daß die Sprachen den Urſprung von der Nothwendigkeit habē/ aber durch die affectation verdorben werden/ welche mehrentheils in den metaphoris beſtehet. Dann wie der luxus ein Zeichen iſt/ daß das Regiment zu Grunde geht/ ſo iſt auch der luxus in den Sprachen ein Zei- chen ihres verderbens. Er ſagt ferner/ es ſey mit den Sprachen beſchaffen wie mit den Fruͤchten/ welche/ wann ſie reiff werden/ allerhand Wuͤrmer bey ſich zeu- gen. Welches man zu dieſer Zeit von der Teutſchen Sprache mit gutem grun- de der Warheit ſagen kan. In der Po- ëſi werden zwar hārtere Metaphoræ, als in Proſa nicht allein zu gelaſſen/ ſondern gar erfodert/ jedoch mit gewiſſer Maaſſe. Dann weil man von einem Poeten viel- mehr etwas außgeſonnens erwartet/ als von einem Oratore, bey welchem etwas neues alſofort verdāchtig iſt/ ſo mūſſen auch
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Erfindungen.
Urthel kennen/ wer ſie recht zu gebrauchen
weiß. Der Cardinal Perron hat gar weiß-
lich geurtheilet/ wie in den Excerptis p. 193.
zu ſehen/ daß die Sprachen den Urſprung
von der Nothwendigkeit habē/ aber durch
die affectation verdorben werden/ welche
mehrentheils in den metaphoris beſtehet.
Dann wie der luxus ein Zeichen iſt/ daß
das Regiment zu Grunde geht/ ſo iſt
auch der luxus in den Sprachen ein Zei-
chen ihres verderbens. Er ſagt ferner/
es ſey mit den Sprachen beſchaffen wie
mit den Fruͤchten/ welche/ wann ſie reiff
werden/ allerhand Wuͤrmer bey ſich zeu-
gen. Welches man zu dieſer Zeit von
der Teutſchen Sprache mit gutem grun-
de der Warheit ſagen kan. In der Po-
ëſi werden zwar hārtere Metaphoræ, als
in Proſa nicht allein zu gelaſſen/ ſondern
gar erfodert/ jedoch mit gewiſſer Maaſſe.
Dann weil man von einem Poeten viel-
mehr etwas außgeſonnens erwartet/ als
von einem Oratore, bey welchem etwas
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