Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0113" n="113"/><lb/> haben, rufen ihn meistens zu sich, und geben ihm oft so reichlich, daß er zuweilen wieder an andere Bettler austheilt, wie man sagt. Seine fixe Jdee ist: Fische, wovon er am liebsten spricht, und die er roh und gesotten, wie er dazu koͤmmt, mit der groͤßten Gier verschlingt. — Gestern, als ich an dem Flusse hingieng, stand er bis an den Hals im Wasser. »Christel, ruft' ich, was treibst Du?« — Ach, rief er, ganz beklommen aus enger Brust: Fische! Fische! — Komm heraus, armer Junge, sagt' ich, Deine Fische sind schon gefangen, Du sollst sie essen. Er kam sogleich heraus mit seiner triefenden Jacke, denn er hatte sich nicht erst entkleidet, doch lag sein krummer Stock und seine Tasche am Ufer, — und gieng mit mir fort nach einer Muͤhle zu, die zugleich ein Wirthshaus ist, indem er noch einigemal sein: Fische! Fische ess' ich erstaunlich gern, wiederholte. Unterwegens trafen wir einen Mann an, der am Ufer saß und eine Angel im Wasser hielt. Der arme Christel blieb stehen, und sah mich an, dann den Mann mit der Angel, dann ließ er seinen Blick von der Hand, womit dieser die Ruthe hielt, bis zu ihrer Spitze hinauf, und von da am Faden herunter, bis auf den kleinen Wirbel wo der Faden in das Wasser tauchte, und so wieder zuruͤck auf des Mannes Hand laufen. — Jndem zog dieser schnell heraus, und ein schoͤner Karpfen zappelte am Faden. Der arme Christel sah mich an, und<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0113]
haben, rufen ihn meistens zu sich, und geben ihm oft so reichlich, daß er zuweilen wieder an andere Bettler austheilt, wie man sagt. Seine fixe Jdee ist: Fische, wovon er am liebsten spricht, und die er roh und gesotten, wie er dazu koͤmmt, mit der groͤßten Gier verschlingt. — Gestern, als ich an dem Flusse hingieng, stand er bis an den Hals im Wasser. »Christel, ruft' ich, was treibst Du?« — Ach, rief er, ganz beklommen aus enger Brust: Fische! Fische! — Komm heraus, armer Junge, sagt' ich, Deine Fische sind schon gefangen, Du sollst sie essen. Er kam sogleich heraus mit seiner triefenden Jacke, denn er hatte sich nicht erst entkleidet, doch lag sein krummer Stock und seine Tasche am Ufer, — und gieng mit mir fort nach einer Muͤhle zu, die zugleich ein Wirthshaus ist, indem er noch einigemal sein: Fische! Fische ess' ich erstaunlich gern, wiederholte. Unterwegens trafen wir einen Mann an, der am Ufer saß und eine Angel im Wasser hielt. Der arme Christel blieb stehen, und sah mich an, dann den Mann mit der Angel, dann ließ er seinen Blick von der Hand, womit dieser die Ruthe hielt, bis zu ihrer Spitze hinauf, und von da am Faden herunter, bis auf den kleinen Wirbel wo der Faden in das Wasser tauchte, und so wieder zuruͤck auf des Mannes Hand laufen. — Jndem zog dieser schnell heraus, und ein schoͤner Karpfen zappelte am Faden. Der arme Christel sah mich an, und
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