Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.Den 24sten des Morgens war der Kopfschmerz unerträglich. Jch schlug meinem Arzt S.., zu dem noch meine Freunde B.. und F.. kamen, vor, mir Jgel an die Schläfe setzen zu lassen. Dies geschahe; sie bluteten sehr, brachten aber keine Aenderung hervor; vielmehr nahm die Krankheit an Bösartigkeit ungemein zu, und ich fing die heftigsten Schweißmittel an zu brauchen. Die Schlaflosigkeit hielt nun die sechste Nacht an. Den 25sten des Morgens überfiel mich nach einem Stuhlgange eine Entkräftung, die unbeschreiblich ist. Es war als wenn alle Nerven auf einmal abgespannt wurden, und aller Mark aus allen meinen Gebeinen vertrocknet wäre. Jch hatte dabei mein Bewußtseyn und empfand diese Schwäche, so, daß ich zu meinen Aerzten und den Anwesenden sagte: das Gefühl meines Jch's gleicht jetzt dem Selbstgefühl einer Mücke. Eine Menge alten Weins brachte mich wieder zu mir. Diesen Tag gesellte sich M.. zu meinen Aerzten, und sie beschlossen mir die China zu geben. Jch bekam auch einige Bisampulver, über die ich mich aber beschwerte, daß sie mir zu viel Hitze machten; sie wurden ausgesetzt. Die Nacht schlief ich ein oder ein paar Stunden; meine Freunde schöpften Hofnung, aber vergeblich; der Schlaf war nicht erholend, und ich erwachte in einem noch mehr geschwächten Zustande. Den 24sten des Morgens war der Kopfschmerz unertraͤglich. Jch schlug meinem Arzt S.., zu dem noch meine Freunde B.. und F.. kamen, vor, mir Jgel an die Schlaͤfe setzen zu lassen. Dies geschahe; sie bluteten sehr, brachten aber keine Aenderung hervor; vielmehr nahm die Krankheit an Boͤsartigkeit ungemein zu, und ich fing die heftigsten Schweißmittel an zu brauchen. Die Schlaflosigkeit hielt nun die sechste Nacht an. Den 25sten des Morgens uͤberfiel mich nach einem Stuhlgange eine Entkraͤftung, die unbeschreiblich ist. Es war als wenn alle Nerven auf einmal abgespannt wurden, und aller Mark aus allen meinen Gebeinen vertrocknet waͤre. Jch hatte dabei mein Bewußtseyn und empfand diese Schwaͤche, so, daß ich zu meinen Aerzten und den Anwesenden sagte: das Gefuͤhl meines Jch's gleicht jetzt dem Selbstgefuͤhl einer Muͤcke. Eine Menge alten Weins brachte mich wieder zu mir. Diesen Tag gesellte sich M.. zu meinen Aerzten, und sie beschlossen mir die China zu geben. Jch bekam auch einige Bisampulver, uͤber die ich mich aber beschwerte, daß sie mir zu viel Hitze machten; sie wurden ausgesetzt. Die Nacht schlief ich ein oder ein paar Stunden; meine Freunde schoͤpften Hofnung, aber vergeblich; der Schlaf war nicht erholend, und ich erwachte in einem noch mehr geschwaͤchten Zustande. <TEI> <text> <body> <div> <div> <pb facs="#f0056" n="52"/><lb/> <p>Den 24sten des Morgens war der Kopfschmerz unertraͤglich. Jch schlug meinem Arzt S.., zu dem noch meine Freunde B.. und F.. kamen, vor, mir Jgel an die Schlaͤfe setzen zu lassen. Dies geschahe; sie bluteten sehr, brachten aber keine Aenderung hervor; vielmehr nahm die Krankheit an Boͤsartigkeit ungemein zu, und ich fing die heftigsten Schweißmittel an zu brauchen. Die Schlaflosigkeit hielt nun die sechste Nacht an. </p> <p>Den 25sten des Morgens uͤberfiel mich nach einem Stuhlgange eine Entkraͤftung, die unbeschreiblich ist. Es war als wenn alle Nerven auf einmal abgespannt wurden, und aller Mark aus allen meinen Gebeinen vertrocknet waͤre. Jch hatte dabei mein Bewußtseyn und empfand diese Schwaͤche, so, daß ich zu meinen Aerzten und den Anwesenden sagte: das Gefuͤhl meines <hi rendition="#b">Jch's</hi> gleicht jetzt dem Selbstgefuͤhl einer Muͤcke. Eine Menge alten Weins brachte mich wieder zu mir. Diesen Tag gesellte sich <hi rendition="#b">M..</hi> zu meinen Aerzten, und sie beschlossen mir die <hi rendition="#b">China</hi> zu geben. Jch bekam auch einige <hi rendition="#b">Bisampulver,</hi> uͤber die ich mich aber beschwerte, daß sie mir zu viel Hitze machten; sie wurden ausgesetzt. Die Nacht schlief ich ein oder ein paar Stunden; meine Freunde schoͤpften Hofnung, aber vergeblich; der Schlaf war nicht erholend, und ich erwachte in einem noch mehr geschwaͤchten Zustande. </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0056]
Den 24sten des Morgens war der Kopfschmerz unertraͤglich. Jch schlug meinem Arzt S.., zu dem noch meine Freunde B.. und F.. kamen, vor, mir Jgel an die Schlaͤfe setzen zu lassen. Dies geschahe; sie bluteten sehr, brachten aber keine Aenderung hervor; vielmehr nahm die Krankheit an Boͤsartigkeit ungemein zu, und ich fing die heftigsten Schweißmittel an zu brauchen. Die Schlaflosigkeit hielt nun die sechste Nacht an.
Den 25sten des Morgens uͤberfiel mich nach einem Stuhlgange eine Entkraͤftung, die unbeschreiblich ist. Es war als wenn alle Nerven auf einmal abgespannt wurden, und aller Mark aus allen meinen Gebeinen vertrocknet waͤre. Jch hatte dabei mein Bewußtseyn und empfand diese Schwaͤche, so, daß ich zu meinen Aerzten und den Anwesenden sagte: das Gefuͤhl meines Jch's gleicht jetzt dem Selbstgefuͤhl einer Muͤcke. Eine Menge alten Weins brachte mich wieder zu mir. Diesen Tag gesellte sich M.. zu meinen Aerzten, und sie beschlossen mir die China zu geben. Jch bekam auch einige Bisampulver, uͤber die ich mich aber beschwerte, daß sie mir zu viel Hitze machten; sie wurden ausgesetzt. Die Nacht schlief ich ein oder ein paar Stunden; meine Freunde schoͤpften Hofnung, aber vergeblich; der Schlaf war nicht erholend, und ich erwachte in einem noch mehr geschwaͤchten Zustande.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/56>, abgerufen am 27.07.2024. |