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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

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Um nun das Buchstabiren und Lesen ihr auf eine angenehme Art geläufig zu machen, schafte ich einen Buchstabierkasten an, aus welchem sie einen Buchstaben nach dem andern hinsetzte und Wörter daraus formirete: solche mußte sie alsdenn hinschreiben, damit ihr immer ein jedes Wort doppelt ins Gedächtniß käme, und so gingen wir in dem Jrrdischen und Sinnlichen fort, bis zur Religion. Da nun vor allen Dingen hier nöthig war, ihr zuerst ihren Gott kennen zu lernen, so gelang es uns auch durch seinen Geist und Beistand, daß wir über alles Vermuthen in dieser so sehr schweren und wichtigen Sache täglich um ein großes weiter kamen; wozu ihr innerlicher Trieb, solches zu wissen, ungemein vieles beitrug. Nun zeigte ich ihr erst am Abend den Himmel mit seinen unzähligen Lichtern, nehmlich die Sterne, und frug: ob sie die zählen könnte? sie hielt das anfänglich für eine sehr leichte Sache. Wie ich ihr aber eine Hand voll Sand auf das Papier schüttete, und eine Rechentafel voll lauter durcheinander punktirter Punkte vorlegte, und befragte: ob sie dieselben zählen könnte? so sahe sie gar bald ihre Schwäche ein, daß da sie diese geringe Anzahl nicht zählen könnte, es ihr gar nicht möglich wäre, die große und unbeschreibliche Zahl der Sterne zu zählen. Und als ich ihr nun weiter zeigte, daß ich einen wüßte und kennte, der die Sterne zählen könnte, so war sie begierig zu wissen, wer der seyn möchte? Jch schrieb ihr vor: der


Um nun das Buchstabiren und Lesen ihr auf eine angenehme Art gelaͤufig zu machen, schafte ich einen Buchstabierkasten an, aus welchem sie einen Buchstaben nach dem andern hinsetzte und Woͤrter daraus formirete: solche mußte sie alsdenn hinschreiben, damit ihr immer ein jedes Wort doppelt ins Gedaͤchtniß kaͤme, und so gingen wir in dem Jrrdischen und Sinnlichen fort, bis zur Religion. Da nun vor allen Dingen hier noͤthig war, ihr zuerst ihren Gott kennen zu lernen, so gelang es uns auch durch seinen Geist und Beistand, daß wir uͤber alles Vermuthen in dieser so sehr schweren und wichtigen Sache taͤglich um ein großes weiter kamen; wozu ihr innerlicher Trieb, solches zu wissen, ungemein vieles beitrug. Nun zeigte ich ihr erst am Abend den Himmel mit seinen unzaͤhligen Lichtern, nehmlich die Sterne, und frug: ob sie die zaͤhlen koͤnnte? sie hielt das anfaͤnglich fuͤr eine sehr leichte Sache. Wie ich ihr aber eine Hand voll Sand auf das Papier schuͤttete, und eine Rechentafel voll lauter durcheinander punktirter Punkte vorlegte, und befragte: ob sie dieselben zaͤhlen koͤnnte? so sahe sie gar bald ihre Schwaͤche ein, daß da sie diese geringe Anzahl nicht zaͤhlen koͤnnte, es ihr gar nicht moͤglich waͤre, die große und unbeschreibliche Zahl der Sterne zu zaͤhlen. Und als ich ihr nun weiter zeigte, daß ich einen wuͤßte und kennte, der die Sterne zaͤhlen koͤnnte, so war sie begierig zu wissen, wer der seyn moͤchte? Jch schrieb ihr vor: der

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[91/0095] Um nun das Buchstabiren und Lesen ihr auf eine angenehme Art gelaͤufig zu machen, schafte ich einen Buchstabierkasten an, aus welchem sie einen Buchstaben nach dem andern hinsetzte und Woͤrter daraus formirete: solche mußte sie alsdenn hinschreiben, damit ihr immer ein jedes Wort doppelt ins Gedaͤchtniß kaͤme, und so gingen wir in dem Jrrdischen und Sinnlichen fort, bis zur Religion. Da nun vor allen Dingen hier noͤthig war, ihr zuerst ihren Gott kennen zu lernen, so gelang es uns auch durch seinen Geist und Beistand, daß wir uͤber alles Vermuthen in dieser so sehr schweren und wichtigen Sache taͤglich um ein großes weiter kamen; wozu ihr innerlicher Trieb, solches zu wissen, ungemein vieles beitrug. Nun zeigte ich ihr erst am Abend den Himmel mit seinen unzaͤhligen Lichtern, nehmlich die Sterne, und frug: ob sie die zaͤhlen koͤnnte? sie hielt das anfaͤnglich fuͤr eine sehr leichte Sache. Wie ich ihr aber eine Hand voll Sand auf das Papier schuͤttete, und eine Rechentafel voll lauter durcheinander punktirter Punkte vorlegte, und befragte: ob sie dieselben zaͤhlen koͤnnte? so sahe sie gar bald ihre Schwaͤche ein, daß da sie diese geringe Anzahl nicht zaͤhlen koͤnnte, es ihr gar nicht moͤglich waͤre, die große und unbeschreibliche Zahl der Sterne zu zaͤhlen. Und als ich ihr nun weiter zeigte, daß ich einen wuͤßte und kennte, der die Sterne zaͤhlen koͤnnte, so war sie begierig zu wissen, wer der seyn moͤchte? Jch schrieb ihr vor: der

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/95>, abgerufen am 18.12.2024.