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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

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die äusserste Gewalt, (und mit welcher Gefahr diese
würde versucht worden seyn, wird die Folge der
Erzählung zeigen,) als herunter zu gehen. Und
dabei legte er sich dermaßen auf das Bitten, daß
der Herr Geheimerath endlich sich bewegen ließ,
diesen Mann in seinem Hause zu behalten.

Die Einrichtung seiner Stube, welche im
Dache, gerade gegen der Treppe, war, (so daß
die, welche die Treppe heraufkamen, vor die Thüre
sahen,) übertrift alle Erwartung. Die Thüre
war mit eisernen Stangen zugeriegelt: und konnte
nur zum Theil aufgemacht werden, weil starke
Stricke in die eine Wand und an die Thüre befesti-
get waren. Brachte man ihm Essen und Trinken,
und andere Sachen, so wurde so weit aufgemacht,
als nöthig war, es hinein zu nehmen. Denn nie-
mand durfte die Stube betreten. Und nur bei
bedeutenden Krankheiten wurde der Pfarrer, Arzt,
und Aufwärter hineingelassen.

Ueber und in die Stubenthüre hatte er
Schießscharten in die Wand gegraben, die weder
in noch ausser der Stube konnten bemerket wer-
den. Er war mit einer Anzahl Flinten und Pi-
stolen, und allen Erfordernissen zum Schießen,
immer versehen. Seiner Einbildung nach hatte
er einen gewaltsamen Ueberfall zu befürchten: und
deshalb waren alle diese Anstalten gemacht, um

seine

die aͤusserste Gewalt, (und mit welcher Gefahr diese
wuͤrde versucht worden seyn, wird die Folge der
Erzaͤhlung zeigen,) als herunter zu gehen. Und
dabei legte er sich dermaßen auf das Bitten, daß
der Herr Geheimerath endlich sich bewegen ließ,
diesen Mann in seinem Hause zu behalten.

Die Einrichtung seiner Stube, welche im
Dache, gerade gegen der Treppe, war, (so daß
die, welche die Treppe heraufkamen, vor die Thuͤre
sahen,) uͤbertrift alle Erwartung. Die Thuͤre
war mit eisernen Stangen zugeriegelt: und konnte
nur zum Theil aufgemacht werden, weil starke
Stricke in die eine Wand und an die Thuͤre befesti-
get waren. Brachte man ihm Essen und Trinken,
und andere Sachen, so wurde so weit aufgemacht,
als noͤthig war, es hinein zu nehmen. Denn nie-
mand durfte die Stube betreten. Und nur bei
bedeutenden Krankheiten wurde der Pfarrer, Arzt,
und Aufwaͤrter hineingelassen.

Ueber und in die Stubenthuͤre hatte er
Schießscharten in die Wand gegraben, die weder
in noch ausser der Stube konnten bemerket wer-
den. Er war mit einer Anzahl Flinten und Pi-
stolen, und allen Erfordernissen zum Schießen,
immer versehen. Seiner Einbildung nach hatte
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[10/0014] die aͤusserste Gewalt, (und mit welcher Gefahr diese wuͤrde versucht worden seyn, wird die Folge der Erzaͤhlung zeigen,) als herunter zu gehen. Und dabei legte er sich dermaßen auf das Bitten, daß der Herr Geheimerath endlich sich bewegen ließ, diesen Mann in seinem Hause zu behalten. Die Einrichtung seiner Stube, welche im Dache, gerade gegen der Treppe, war, (so daß die, welche die Treppe heraufkamen, vor die Thuͤre sahen,) uͤbertrift alle Erwartung. Die Thuͤre war mit eisernen Stangen zugeriegelt: und konnte nur zum Theil aufgemacht werden, weil starke Stricke in die eine Wand und an die Thuͤre befesti- get waren. Brachte man ihm Essen und Trinken, und andere Sachen, so wurde so weit aufgemacht, als noͤthig war, es hinein zu nehmen. Denn nie- mand durfte die Stube betreten. Und nur bei bedeutenden Krankheiten wurde der Pfarrer, Arzt, und Aufwaͤrter hineingelassen. Ueber und in die Stubenthuͤre hatte er Schießscharten in die Wand gegraben, die weder in noch ausser der Stube konnten bemerket wer- den. Er war mit einer Anzahl Flinten und Pi- stolen, und allen Erfordernissen zum Schießen, immer versehen. Seiner Einbildung nach hatte er einen gewaltsamen Ueberfall zu befuͤrchten: und deshalb waren alle diese Anstalten gemacht, um seine

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/14>, abgerufen am 21.11.2024.