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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

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theils auf Leibrenthen ausgegebenen Gelde wohl
bestreiten konnte. Apfelsinen- und Citronenhänd-
ler, und dergleichen Leute, kannten seine Stube
gar wohl. Und so wenig er seinem Leibe abzog,
so wenig war er auch unerkenntlich gegen die Per-
sonen, die mit ihm in Verbindung standen. Weil
er der evangelischreformirten Religion zugethan war,
so hat er einstmals aufs Neujahr dem reformirten
Pfarrer in Arolsen, dem nunmehrigen Herrn Pro-
fessor Keller in Bremen, einen alten Kalender
überschickt, darinn er zwischen jedes Blatt einen Du-
katen gelegt hatte. Auch seine Aufwärterin, und
andere Personen, die Vortheile von ihm hatten,
haben ihn ungern verloren.

Dieser Bequemlichkeit und dieses Ueberflusses
ohngeachtet, muß ihm doch die Gesellschaft, selbst
in seiner großen Einsamkeit, da er, ohne durch
eine äußere Gewalt gezwungen zu seyn, die ärgste
Gefangenschaft übernommen hatte, angenehm ge-
wesen seyn. Dieses schließe ich aus zweien Vor-
fällen, die gewiß gegründet sind. Diesem

Er hatte eines Bruderssohn, einen jungen
Menschen von etwa achtzehn Jahren. Diesem

ver-
kann rechtmäßig zugegangen seyn, weil er für seine
erstaunenden Arbeiten doch auch gut wird belohnt
worden seyn.

theils auf Leibrenthen ausgegebenen Gelde wohl
bestreiten konnte. Apfelsinen- und Citronenhaͤnd-
ler, und dergleichen Leute, kannten seine Stube
gar wohl. Und so wenig er seinem Leibe abzog,
so wenig war er auch unerkenntlich gegen die Per-
sonen, die mit ihm in Verbindung standen. Weil
er der evangelischreformirten Religion zugethan war,
so hat er einstmals aufs Neujahr dem reformirten
Pfarrer in Arolsen, dem nunmehrigen Herrn Pro-
fessor Keller in Bremen, einen alten Kalender
uͤberschickt, darinn er zwischen jedes Blatt einen Du-
katen gelegt hatte. Auch seine Aufwaͤrterin, und
andere Personen, die Vortheile von ihm hatten,
haben ihn ungern verloren.

Dieser Bequemlichkeit und dieses Ueberflusses
ohngeachtet, muß ihm doch die Gesellschaft, selbst
in seiner großen Einsamkeit, da er, ohne durch
eine aͤußere Gewalt gezwungen zu seyn, die aͤrgste
Gefangenschaft uͤbernommen hatte, angenehm ge-
wesen seyn. Dieses schließe ich aus zweien Vor-
faͤllen, die gewiß gegruͤndet sind. Diesem

Er hatte eines Bruderssohn, einen jungen
Menschen von etwa achtzehn Jahren. Diesem

ver-
kann rechtmaͤßig zugegangen seyn, weil er fuͤr seine
erstaunenden Arbeiten doch auch gut wird belohnt
worden seyn.
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[12/0016] theils auf Leibrenthen ausgegebenen Gelde wohl bestreiten konnte. Apfelsinen- und Citronenhaͤnd- ler, und dergleichen Leute, kannten seine Stube gar wohl. Und so wenig er seinem Leibe abzog, so wenig war er auch unerkenntlich gegen die Per- sonen, die mit ihm in Verbindung standen. Weil er der evangelischreformirten Religion zugethan war, so hat er einstmals aufs Neujahr dem reformirten Pfarrer in Arolsen, dem nunmehrigen Herrn Pro- fessor Keller in Bremen, einen alten Kalender uͤberschickt, darinn er zwischen jedes Blatt einen Du- katen gelegt hatte. Auch seine Aufwaͤrterin, und andere Personen, die Vortheile von ihm hatten, haben ihn ungern verloren. Dieser Bequemlichkeit und dieses Ueberflusses ohngeachtet, muß ihm doch die Gesellschaft, selbst in seiner großen Einsamkeit, da er, ohne durch eine aͤußere Gewalt gezwungen zu seyn, die aͤrgste Gefangenschaft uͤbernommen hatte, angenehm ge- wesen seyn. Dieses schließe ich aus zweien Vor- faͤllen, die gewiß gegruͤndet sind. Diesem Er hatte eines Bruderssohn, einen jungen Menschen von etwa achtzehn Jahren. Diesem *) ver- *) kann rechtmaͤßig zugegangen seyn, weil er fuͤr seine erstaunenden Arbeiten doch auch gut wird belohnt worden seyn.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/16>, abgerufen am 29.04.2024.