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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

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nicht so viel zu fordern, als er von meinem Kinde fordern könnte, welcher unter ganz andern Uebungen gestanden hatte.

Jch denke, daß Sie nun aus diesen wenigen Zügen, die ich leicht vermehren könnte, sehen werden, mit welcher Geduld wir den so schätzbaren Erziehungsgrundsatz beobachtet: "Man muß durchaus nicht dem Lehrer und Erzieher zu früh merken lassen, daß man mit einem oder dem andern an ihm nicht zufrieden sei;" -- und noch mehr den: "man muß sich sehr hüten, den Zöglingen Mistrauen gegen ihre Erzieher zu erwecken, man muß jenen nicht wissen lassen, daß diese grobe Fehler begehn könnten." -- Wer hätte es uns bei jenen Anzeigen wohl verargen mögen, wenn wir uns früh um die Ursach einer solchen knechtischen Furcht bei den Kindern selbst erkundigt, und sie ausgefragt hätten, auf was Weise denn der Lehrer wohl mit ihnen umginge? Und in diesem Augenblick, da ich jene Grundsätze gut heißen muß, werfe ich es mir vor, sie so lange beobachtet zu haben. So wahr ist es, daß vielleicht nicht zwei Grundsätze in der Erziehung allgemein anwendbar sind; ein Gedanke, worüber wir uns ehedem oft unterhalten haben. Und nun weiter zur traurigen Geschichte.

Unter solchen mislichen Gedanken, ob der Mann, der uns bis dahin gefallen hatte, wohl der Mann sein möchte, der unsre Kinder gut erziehn würde; und unter den sichtbarsten Spuren eines sich nach


nicht so viel zu fordern, als er von meinem Kinde fordern koͤnnte, welcher unter ganz andern Uebungen gestanden hatte.

Jch denke, daß Sie nun aus diesen wenigen Zuͤgen, die ich leicht vermehren koͤnnte, sehen werden, mit welcher Geduld wir den so schaͤtzbaren Erziehungsgrundsatz beobachtet: »Man muß durchaus nicht dem Lehrer und Erzieher zu fruͤh merken lassen, daß man mit einem oder dem andern an ihm nicht zufrieden sei;« ― und noch mehr den: »man muß sich sehr huͤten, den Zoͤglingen Mistrauen gegen ihre Erzieher zu erwecken, man muß jenen nicht wissen lassen, daß diese grobe Fehler begehn koͤnnten.« ― Wer haͤtte es uns bei jenen Anzeigen wohl verargen moͤgen, wenn wir uns fruͤh um die Ursach einer solchen knechtischen Furcht bei den Kindern selbst erkundigt, und sie ausgefragt haͤtten, auf was Weise denn der Lehrer wohl mit ihnen umginge? Und in diesem Augenblick, da ich jene Grundsaͤtze gut heißen muß, werfe ich es mir vor, sie so lange beobachtet zu haben. So wahr ist es, daß vielleicht nicht zwei Grundsaͤtze in der Erziehung allgemein anwendbar sind; ein Gedanke, woruͤber wir uns ehedem oft unterhalten haben. Und nun weiter zur traurigen Geschichte.

Unter solchen mislichen Gedanken, ob der Mann, der uns bis dahin gefallen hatte, wohl der Mann sein moͤchte, der unsre Kinder gut erziehn wuͤrde; und unter den sichtbarsten Spuren eines sich nach

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[24/0026] nicht so viel zu fordern, als er von meinem Kinde fordern koͤnnte, welcher unter ganz andern Uebungen gestanden hatte. Jch denke, daß Sie nun aus diesen wenigen Zuͤgen, die ich leicht vermehren koͤnnte, sehen werden, mit welcher Geduld wir den so schaͤtzbaren Erziehungsgrundsatz beobachtet: »Man muß durchaus nicht dem Lehrer und Erzieher zu fruͤh merken lassen, daß man mit einem oder dem andern an ihm nicht zufrieden sei;« ― und noch mehr den: »man muß sich sehr huͤten, den Zoͤglingen Mistrauen gegen ihre Erzieher zu erwecken, man muß jenen nicht wissen lassen, daß diese grobe Fehler begehn koͤnnten.« ― Wer haͤtte es uns bei jenen Anzeigen wohl verargen moͤgen, wenn wir uns fruͤh um die Ursach einer solchen knechtischen Furcht bei den Kindern selbst erkundigt, und sie ausgefragt haͤtten, auf was Weise denn der Lehrer wohl mit ihnen umginge? Und in diesem Augenblick, da ich jene Grundsaͤtze gut heißen muß, werfe ich es mir vor, sie so lange beobachtet zu haben. So wahr ist es, daß vielleicht nicht zwei Grundsaͤtze in der Erziehung allgemein anwendbar sind; ein Gedanke, woruͤber wir uns ehedem oft unterhalten haben. Und nun weiter zur traurigen Geschichte. Unter solchen mislichen Gedanken, ob der Mann, der uns bis dahin gefallen hatte, wohl der Mann sein moͤchte, der unsre Kinder gut erziehn wuͤrde; und unter den sichtbarsten Spuren eines sich nach

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/26>, abgerufen am 21.11.2024.