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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

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und befragten ihn deshalb, worauf er antwortete, es sey alles das seinige, und könne er damit machen, was er wolle. Es wurden sogleich alle Anstalten gemacht, die Verblutung zu stillen, und nach gehörigem Verband war Salomon ruhig, blieb im Bette, und wurde in sechs Wochen von seiner halben Castration geheilt. Nun blieb er 3 Monat in derselben Lage, er war gesund, aß und trank, gieng aber seit dieser Operation etwas krumm, und an einem Stock. Jeden Morgen erwartete er an der Thüre des Lazareths den Kaiserlichen Medicum, und wiederholte jedesmal seine Bitte, ihn nicht zum Dienst zu zwingen. Nach Verlauf besagter drei Monath schnitt sich dieser Salomon den zweiten Testicul nebst seinen Häuten weg; er wurde auch hier abermals glücklich geheilet, doch so, daß er nun ganz krumm gieng. Täglich fuhr er fort, seine Bitte zu erneuern, und sich auf seine Frau und Kinder zu berufen. Der Medicus, dem dieser tägliche Anlauf endlich zur Last wurde, antwortete in der Folge ganz kurz, daß die Kaiserin ihn nicht brauchen könne, und seine Frau sich seiner auch nicht freuen würde, wodurch Salomon jedesmal beruhiget wurde, und so verblieb bis zur Ranzion, da ich weiter nichts von seinem Schicksale erfahren habe.

Bei diesem Vorfall ist doch allerdings bemerkenswerth, daß ein Mensch, dem Anschein nach, sehr vernünftig und mit dem zartesten Gefühl für Vaterland, Frau und Kinder begabt, auf der andern Seite einen solchen Grad der Verrückung haben könne,


und befragten ihn deshalb, worauf er antwortete, es sey alles das seinige, und koͤnne er damit machen, was er wolle. Es wurden sogleich alle Anstalten gemacht, die Verblutung zu stillen, und nach gehoͤrigem Verband war Salomon ruhig, blieb im Bette, und wurde in sechs Wochen von seiner halben Castration geheilt. Nun blieb er 3 Monat in derselben Lage, er war gesund, aß und trank, gieng aber seit dieser Operation etwas krumm, und an einem Stock. Jeden Morgen erwartete er an der Thuͤre des Lazareths den Kaiserlichen Medicum, und wiederholte jedesmal seine Bitte, ihn nicht zum Dienst zu zwingen. Nach Verlauf besagter drei Monath schnitt sich dieser Salomon den zweiten Testicul nebst seinen Haͤuten weg; er wurde auch hier abermals gluͤcklich geheilet, doch so, daß er nun ganz krumm gieng. Taͤglich fuhr er fort, seine Bitte zu erneuern, und sich auf seine Frau und Kinder zu berufen. Der Medicus, dem dieser taͤgliche Anlauf endlich zur Last wurde, antwortete in der Folge ganz kurz, daß die Kaiserin ihn nicht brauchen koͤnne, und seine Frau sich seiner auch nicht freuen wuͤrde, wodurch Salomon jedesmal beruhiget wurde, und so verblieb bis zur Ranzion, da ich weiter nichts von seinem Schicksale erfahren habe.

Bei diesem Vorfall ist doch allerdings bemerkenswerth, daß ein Mensch, dem Anschein nach, sehr vernuͤnftig und mit dem zartesten Gefuͤhl fuͤr Vaterland, Frau und Kinder begabt, auf der andern Seite einen solchen Grad der Verruͤckung haben koͤnne,

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[63/0065] und befragten ihn deshalb, worauf er antwortete, es sey alles das seinige, und koͤnne er damit machen, was er wolle. Es wurden sogleich alle Anstalten gemacht, die Verblutung zu stillen, und nach gehoͤrigem Verband war Salomon ruhig, blieb im Bette, und wurde in sechs Wochen von seiner halben Castration geheilt. Nun blieb er 3 Monat in derselben Lage, er war gesund, aß und trank, gieng aber seit dieser Operation etwas krumm, und an einem Stock. Jeden Morgen erwartete er an der Thuͤre des Lazareths den Kaiserlichen Medicum, und wiederholte jedesmal seine Bitte, ihn nicht zum Dienst zu zwingen. Nach Verlauf besagter drei Monath schnitt sich dieser Salomon den zweiten Testicul nebst seinen Haͤuten weg; er wurde auch hier abermals gluͤcklich geheilet, doch so, daß er nun ganz krumm gieng. Taͤglich fuhr er fort, seine Bitte zu erneuern, und sich auf seine Frau und Kinder zu berufen. Der Medicus, dem dieser taͤgliche Anlauf endlich zur Last wurde, antwortete in der Folge ganz kurz, daß die Kaiserin ihn nicht brauchen koͤnne, und seine Frau sich seiner auch nicht freuen wuͤrde, wodurch Salomon jedesmal beruhiget wurde, und so verblieb bis zur Ranzion, da ich weiter nichts von seinem Schicksale erfahren habe. Bei diesem Vorfall ist doch allerdings bemerkenswerth, daß ein Mensch, dem Anschein nach, sehr vernuͤnftig und mit dem zartesten Gefuͤhl fuͤr Vaterland, Frau und Kinder begabt, auf der andern Seite einen solchen Grad der Verruͤckung haben koͤnne,

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/65>, abgerufen am 24.11.2024.