Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0070" n="68"/><lb/> Hand, und die Kleinen huͤpften froh um uns herum, und sprangen uͤber Berg und Thal. Nur ich hatte ganz andre Empfindungen, als jene. Jch ward still und traurig, aber so, daß ich himmlische Wonne in dieser traurigen Stimmung genoß. Jch haͤtte gleich, ohne zu wissen warum, weinen moͤgen, mußte aber die Thraͤnen unterdruͤcken. Jch fand ein Sehnen in meinem Herzen, ein Verlangen, das ich mir nicht zu nennen wußte. Es war eine Zeit der Empfindung, die uns, glaub ich, nur einmahl in unserm Leben zu Theil wird. Man ist so ganz der gefuͤhlvolle Juͤngling, ist so ganz von unaussprechlichen Gefuͤhlen durchdrungen, daß nichts seeligers gedacht werden kann, es ist einem so wohl und so weh, so weh und so wohl! Dies war jetzt mein Zustand, als ich durch eine ploͤtzliche Erscheinung aus meinem Traume erwachte. Wir waren waͤhrend, daß ich der Gesellschaft nachging, bis ans Ende des kleinen Waͤldchens gekommen, an dessen Ausgang wir in ein Thal hinabsahen, das uns auf einmahl die reitzensten Scenen, die der Wald bisher vor unsern Augen verborgen hatte, darstellte. Schon sahen wir das kleine, aber niedliche Landhaus, das uns heut beherbergen sollte, und bald darauf erblickten wir von weitem die Familie jenes Hauses, die uns entgegen kam. Ein alter ehrwuͤrdiger Greiß, seine Frau, und eine Muhme, die sich bei den kinderlosen Alten aufhielt, und die einzige Freude ihres Alters war, empfingen uns. Deutscher<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0070]
Hand, und die Kleinen huͤpften froh um uns herum, und sprangen uͤber Berg und Thal. Nur ich hatte ganz andre Empfindungen, als jene. Jch ward still und traurig, aber so, daß ich himmlische Wonne in dieser traurigen Stimmung genoß. Jch haͤtte gleich, ohne zu wissen warum, weinen moͤgen, mußte aber die Thraͤnen unterdruͤcken. Jch fand ein Sehnen in meinem Herzen, ein Verlangen, das ich mir nicht zu nennen wußte. Es war eine Zeit der Empfindung, die uns, glaub ich, nur einmahl in unserm Leben zu Theil wird. Man ist so ganz der gefuͤhlvolle Juͤngling, ist so ganz von unaussprechlichen Gefuͤhlen durchdrungen, daß nichts seeligers gedacht werden kann, es ist einem so wohl und so weh, so weh und so wohl! Dies war jetzt mein Zustand, als ich durch eine ploͤtzliche Erscheinung aus meinem Traume erwachte. Wir waren waͤhrend, daß ich der Gesellschaft nachging, bis ans Ende des kleinen Waͤldchens gekommen, an dessen Ausgang wir in ein Thal hinabsahen, das uns auf einmahl die reitzensten Scenen, die der Wald bisher vor unsern Augen verborgen hatte, darstellte. Schon sahen wir das kleine, aber niedliche Landhaus, das uns heut beherbergen sollte, und bald darauf erblickten wir von weitem die Familie jenes Hauses, die uns entgegen kam. Ein alter ehrwuͤrdiger Greiß, seine Frau, und eine Muhme, die sich bei den kinderlosen Alten aufhielt, und die einzige Freude ihres Alters war, empfingen uns. Deutscher
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