Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0064" n="64"/><lb/> von den einzelnen Motiven unseres Willens angeben konnten, obgleich dergleichen Motiven absolut vorhanden seyn muͤßten. <hi rendition="#b">Hinterher</hi> aber fanden wir bei einer genauern Untersuchung unseres Seelenzustandes, daß gewisse <hi rendition="#b">dunkle Bilder</hi> der Phantasie, eine <hi rendition="#b">geheime Wuͤrkung</hi> der Himmelsluft auf unsere Organe, eine <hi rendition="#b">versteckte Jdeenassociation</hi> unseres Geistes, oft auch eine schnelle Reihe solcher Vorstellungen, die durch Gewohnheit und Mangel der Neuheit uns unbemerkbar geworden waren, den Grund von hundert unerwarteten Modifikationen unserer Seele in sich enthielten. Manche Bilder unserer Einbildungskraft eilen bei gewissen heftigen Bewegungen des Bluts und der Lebensgeister mit einer solchen Schnelligkeit voruͤber, manche Gedanken werden so leise und in so unmerklichen Nuancen mit einander umgetauscht, daß sie in dem Augenblick, wenn sie, um mich so auszudruͤcken, unter den Focus unseres Bemerkungskreises kommen, von uns nicht erkannt oder auch augenblicklich wieder aus unserm Gedaͤchtnisse verwischt werden. Eben so handelt die Seele gemeiniglich bei der <hi rendition="#b">Wahl gleichguͤltiger</hi> Gegenstaͤnde, wo sie keine Gruͤnde, den einen mehr als den andern zu begehren, zu haben scheint, nach einer oder mehrern dunkeln Vorstellungen, ohne daß sie sich derselben bewußt ist; und eine Menge anderer Gefuͤhle, die in uns vorgehen, sind durchaus nichts anders als Folgen eines schnellen Syllogismus, den die Seele<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0064]
von den einzelnen Motiven unseres Willens angeben konnten, obgleich dergleichen Motiven absolut vorhanden seyn muͤßten. Hinterher aber fanden wir bei einer genauern Untersuchung unseres Seelenzustandes, daß gewisse dunkle Bilder der Phantasie, eine geheime Wuͤrkung der Himmelsluft auf unsere Organe, eine versteckte Jdeenassociation unseres Geistes, oft auch eine schnelle Reihe solcher Vorstellungen, die durch Gewohnheit und Mangel der Neuheit uns unbemerkbar geworden waren, den Grund von hundert unerwarteten Modifikationen unserer Seele in sich enthielten. Manche Bilder unserer Einbildungskraft eilen bei gewissen heftigen Bewegungen des Bluts und der Lebensgeister mit einer solchen Schnelligkeit voruͤber, manche Gedanken werden so leise und in so unmerklichen Nuancen mit einander umgetauscht, daß sie in dem Augenblick, wenn sie, um mich so auszudruͤcken, unter den Focus unseres Bemerkungskreises kommen, von uns nicht erkannt oder auch augenblicklich wieder aus unserm Gedaͤchtnisse verwischt werden. Eben so handelt die Seele gemeiniglich bei der Wahl gleichguͤltiger Gegenstaͤnde, wo sie keine Gruͤnde, den einen mehr als den andern zu begehren, zu haben scheint, nach einer oder mehrern dunkeln Vorstellungen, ohne daß sie sich derselben bewußt ist; und eine Menge anderer Gefuͤhle, die in uns vorgehen, sind durchaus nichts anders als Folgen eines schnellen Syllogismus, den die Seele
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