Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0119" n="117"/><lb/> schen wollte, und habe selbst die beleidigt, welche ich herauszustreichen mir vorgenommen hatte. Jm Urtheilen bin ich zu schnell, und fasse daher uͤbereilte Rathschlaͤge, und kann bei keinem Geschaͤfte einen Aufschub leiden. Da meine Nebenbuhler bemerkt haben, daß ich nicht leicht zu fangen bin, wenn ich Zeit habe: so thun sie nichts anders, als daß sie mich treiben. Jch ertappe sie offenbar, huͤte mich vor ihnen als Nebenbuhlern, und halte sie, was sie auch wirklich sind, fuͤr meine Feinde. – Wenn ich mir nicht angewoͤhnt haͤtte, uͤber eine Sache, die ich <hi rendition="#b">freiwillig</hi> that, wenn sie auch schlecht ablief, keine Reue zu empfinden: so waͤre ich der ungluͤcklichste Mensch geworden. Die vornehmste Quelle meiner Leiden waren aber gemeiniglich die hoͤchst dummen und schaͤndlichen Streiche meiner Soͤhne, die Sorglosigkeit der Anverwandten, und ihr Neid gegen die Jhrigen, ein eigenthuͤmlicher Fehler der Familie. Von meiner Jugend auf bin ich dem Schachspiele auf eine unmaͤßige Art ergeben gewesen, wodurch ich dem <hi rendition="#b">Franziscus Sforza</hi>, Prinzen von Mailand, bekannt wurde, und mir die Freundschaft vieler Großen zugezogen habe. Da ich aber jenes Spiel viele und beinahe vierzig Jahre hindurch bestaͤndig trieb: so kann ich nicht sagen, wieviel mein Hauswesen darunter gelitten hat. Noch aͤrger ging es mit dem Wuͤrfelspiel, indem ich meine Soͤhne selbst darin unterrichtet hatte, und mein Haus oft den Wuͤrfelspielern oͤffnete.«</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0119]
schen wollte, und habe selbst die beleidigt, welche ich herauszustreichen mir vorgenommen hatte. Jm Urtheilen bin ich zu schnell, und fasse daher uͤbereilte Rathschlaͤge, und kann bei keinem Geschaͤfte einen Aufschub leiden. Da meine Nebenbuhler bemerkt haben, daß ich nicht leicht zu fangen bin, wenn ich Zeit habe: so thun sie nichts anders, als daß sie mich treiben. Jch ertappe sie offenbar, huͤte mich vor ihnen als Nebenbuhlern, und halte sie, was sie auch wirklich sind, fuͤr meine Feinde. – Wenn ich mir nicht angewoͤhnt haͤtte, uͤber eine Sache, die ich freiwillig that, wenn sie auch schlecht ablief, keine Reue zu empfinden: so waͤre ich der ungluͤcklichste Mensch geworden. Die vornehmste Quelle meiner Leiden waren aber gemeiniglich die hoͤchst dummen und schaͤndlichen Streiche meiner Soͤhne, die Sorglosigkeit der Anverwandten, und ihr Neid gegen die Jhrigen, ein eigenthuͤmlicher Fehler der Familie. Von meiner Jugend auf bin ich dem Schachspiele auf eine unmaͤßige Art ergeben gewesen, wodurch ich dem Franziscus Sforza, Prinzen von Mailand, bekannt wurde, und mir die Freundschaft vieler Großen zugezogen habe. Da ich aber jenes Spiel viele und beinahe vierzig Jahre hindurch bestaͤndig trieb: so kann ich nicht sagen, wieviel mein Hauswesen darunter gelitten hat. Noch aͤrger ging es mit dem Wuͤrfelspiel, indem ich meine Soͤhne selbst darin unterrichtet hatte, und mein Haus oft den Wuͤrfelspielern oͤffnete.«
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