Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.Unter diesen immer wiederholten vergeblichen Anstrengungen eines falschen Dichtungstriebes, erlag er endlich, und verfiel selbst in eine Art von Lethargie und völligem Lebensüberdruß. Er warf sich eines Abends mit den Kleidern aufs Bette, und blieb die Nacht und den ganzen folgenden Tag in einer Art von Schlafsucht liegen, aus der ihn erst am Abend des folgenden Tages, wo es grade Weihnachten war, ein Bote von seinem Gönner dem Regierungsrath Sp... weckte, dessen Frau an R... ein sehr großes Weihnachtsbrodt zum Geschenk übersandte. Dies war nun gerade, was ihn in seiner unwiderstehlichen Schlafsucht noch bestärkte. Er schloß sich mit diesem großen Brode ein, und lebte vierzehn Tage davon, weil er nur wenig genoß, indem er Tag und Nacht, wo nicht in einem immerwährenden Schlafe, doch, die letzten Tage ausgenommen, in einem beständigen Schlummer, im Bette zubrachte. Hiezu kam nun freilich der Umstand, daß er kein Holz hatte, um einzuheizen; er hätte aber auch nur ein Wort sagen dürfen, um dies Bedürfniß zu befriedigen, wenn es ihm nicht gewissermaßen lieb gewesen wäre, den Mangel des Holzes als einen Beweggrund zu dieser sonderbaren Lebensart vorschützen zu können. R... wurde in diesem Zustande auch von seinen Freunden nicht gestört, weil er gegen diese oft den Unter diesen immer wiederholten vergeblichen Anstrengungen eines falschen Dichtungstriebes, erlag er endlich, und verfiel selbst in eine Art von Lethargie und voͤlligem Lebensuͤberdruß. Er warf sich eines Abends mit den Kleidern aufs Bette, und blieb die Nacht und den ganzen folgenden Tag in einer Art von Schlafsucht liegen, aus der ihn erst am Abend des folgenden Tages, wo es grade Weihnachten war, ein Bote von seinem Goͤnner dem Regierungsrath Sp... weckte, dessen Frau an R... ein sehr großes Weihnachtsbrodt zum Geschenk uͤbersandte. Dies war nun gerade, was ihn in seiner unwiderstehlichen Schlafsucht noch bestaͤrkte. Er schloß sich mit diesem großen Brode ein, und lebte vierzehn Tage davon, weil er nur wenig genoß, indem er Tag und Nacht, wo nicht in einem immerwaͤhrenden Schlafe, doch, die letzten Tage ausgenommen, in einem bestaͤndigen Schlummer, im Bette zubrachte. Hiezu kam nun freilich der Umstand, daß er kein Holz hatte, um einzuheizen; er haͤtte aber auch nur ein Wort sagen duͤrfen, um dies Beduͤrfniß zu befriedigen, wenn es ihm nicht gewissermaßen lieb gewesen waͤre, den Mangel des Holzes als einen Beweggrund zu dieser sonderbaren Lebensart vorschuͤtzen zu koͤnnen. R... wurde in diesem Zustande auch von seinen Freunden nicht gestoͤrt, weil er gegen diese oft den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0124" n="124"/><lb/> <p>Unter diesen immer wiederholten vergeblichen Anstrengungen eines falschen Dichtungstriebes, erlag er endlich, und verfiel selbst in eine Art von Lethargie und voͤlligem Lebensuͤberdruß. </p> <p>Er warf sich eines Abends mit den Kleidern aufs Bette, und blieb die Nacht und den ganzen folgenden Tag in einer Art von Schlafsucht liegen, aus der ihn erst am Abend des folgenden Tages, wo es grade Weihnachten war, ein Bote von seinem Goͤnner dem Regierungsrath Sp... weckte, dessen Frau an R... ein sehr großes Weihnachtsbrodt zum Geschenk uͤbersandte. </p> <p>Dies war nun gerade, was ihn in seiner unwiderstehlichen Schlafsucht noch bestaͤrkte. Er schloß sich mit diesem großen Brode ein, und lebte vierzehn Tage davon, weil er nur wenig genoß, indem er Tag und Nacht, wo nicht in einem immerwaͤhrenden Schlafe, doch, die letzten Tage ausgenommen, in einem bestaͤndigen Schlummer, im Bette zubrachte. Hiezu kam nun freilich der Umstand, daß er kein Holz hatte, um einzuheizen; er haͤtte aber auch nur ein Wort sagen duͤrfen, um dies Beduͤrfniß zu befriedigen, wenn es ihm nicht gewissermaßen lieb gewesen waͤre, den Mangel des Holzes als einen Beweggrund zu dieser sonderbaren Lebensart vorschuͤtzen zu koͤnnen. </p> <p>R... wurde in diesem Zustande auch von seinen Freunden nicht gestoͤrt, weil er gegen diese oft den<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0124]
Unter diesen immer wiederholten vergeblichen Anstrengungen eines falschen Dichtungstriebes, erlag er endlich, und verfiel selbst in eine Art von Lethargie und voͤlligem Lebensuͤberdruß.
Er warf sich eines Abends mit den Kleidern aufs Bette, und blieb die Nacht und den ganzen folgenden Tag in einer Art von Schlafsucht liegen, aus der ihn erst am Abend des folgenden Tages, wo es grade Weihnachten war, ein Bote von seinem Goͤnner dem Regierungsrath Sp... weckte, dessen Frau an R... ein sehr großes Weihnachtsbrodt zum Geschenk uͤbersandte.
Dies war nun gerade, was ihn in seiner unwiderstehlichen Schlafsucht noch bestaͤrkte. Er schloß sich mit diesem großen Brode ein, und lebte vierzehn Tage davon, weil er nur wenig genoß, indem er Tag und Nacht, wo nicht in einem immerwaͤhrenden Schlafe, doch, die letzten Tage ausgenommen, in einem bestaͤndigen Schlummer, im Bette zubrachte. Hiezu kam nun freilich der Umstand, daß er kein Holz hatte, um einzuheizen; er haͤtte aber auch nur ein Wort sagen duͤrfen, um dies Beduͤrfniß zu befriedigen, wenn es ihm nicht gewissermaßen lieb gewesen waͤre, den Mangel des Holzes als einen Beweggrund zu dieser sonderbaren Lebensart vorschuͤtzen zu koͤnnen.
R... wurde in diesem Zustande auch von seinen Freunden nicht gestoͤrt, weil er gegen diese oft den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |