Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.
Er suchte mich nun auf, und als er mich in seiner Wohnung fand, erzählte er mir die Geschichte mit vieler Kälte, und setzte verdrießlich hinzu: Sie haben mir einen Dienst leisten und mir zu meinen Rechten verhelfen wollen; das seh ich wohl ein. Aber Sie hätten mir den größten Schaden zufügen können. Hätte der Prinz nicht glauben müssen, daß ich mich ihm aufdringen wollte? Das wäre die kleinste Folge ihres unbesonnenen Streiches gewesen. Er bat, daß ich ihn verlassen, und ihn nicht ferner besuchen sollte, weil er sich vor mir schäme, von seinem Grundsatze: keinem Menschen mehr zu trauen, abgewichen zu seyn. Sie, setzte er hinzu, haben es zu gut mit mir gemeint, und das taugt ebenfalls nichts. Noch zweimal kam ich zu ihm, aber da ich nun sein Zutrauen verloren hatte, und seine Abreise nicht bewirken konnte, entzog ich mich ganz seines Umgangs. Herr F. übernahm die monathliche Auszahlung; und da sein Trübsinn anfing, gefährliche Folgen für seine Mitmenschen befürchten zu lassen, ließ er ihn nach dem jüdischen Armenhause am Ro-
Er suchte mich nun auf, und als er mich in seiner Wohnung fand, erzaͤhlte er mir die Geschichte mit vieler Kaͤlte, und setzte verdrießlich hinzu: Sie haben mir einen Dienst leisten und mir zu meinen Rechten verhelfen wollen; das seh ich wohl ein. Aber Sie haͤtten mir den groͤßten Schaden zufuͤgen koͤnnen. Haͤtte der Prinz nicht glauben muͤssen, daß ich mich ihm aufdringen wollte? Das waͤre die kleinste Folge ihres unbesonnenen Streiches gewesen. Er bat, daß ich ihn verlassen, und ihn nicht ferner besuchen sollte, weil er sich vor mir schaͤme, von seinem Grundsatze: keinem Menschen mehr zu trauen, abgewichen zu seyn. Sie, setzte er hinzu, haben es zu gut mit mir gemeint, und das taugt ebenfalls nichts. Noch zweimal kam ich zu ihm, aber da ich nun sein Zutrauen verloren hatte, und seine Abreise nicht bewirken konnte, entzog ich mich ganz seines Umgangs. Herr F. uͤbernahm die monathliche Auszahlung; und da sein Truͤbsinn anfing, gefaͤhrliche Folgen fuͤr seine Mitmenschen befuͤrchten zu lassen, ließ er ihn nach dem juͤdischen Armenhause am Ro- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0083" n="83"/><lb/> ben an den Prinzen als Beweiß ausfertigen zu lassen, daß er der nehmliche waͤre, den der Prinz verlangt hatte. Der Minister war verreiset, und der Sekretair versicherte ihm, daß kein wahres Wort an der ganzen Sache waͤre. </p> <p>Er suchte mich nun auf, und als er mich in seiner Wohnung fand, erzaͤhlte er mir die Geschichte mit vieler Kaͤlte, und setzte verdrießlich hinzu: Sie haben mir einen Dienst leisten und mir zu meinen Rechten verhelfen wollen; das seh ich wohl ein. Aber Sie haͤtten mir den groͤßten Schaden zufuͤgen koͤnnen. Haͤtte der Prinz nicht glauben muͤssen, daß ich mich ihm aufdringen wollte? Das waͤre die kleinste Folge ihres unbesonnenen Streiches gewesen. Er bat, daß ich ihn verlassen, und ihn nicht ferner besuchen sollte, weil er sich vor mir schaͤme, von seinem Grundsatze: keinem Menschen mehr zu trauen, abgewichen zu seyn. Sie, setzte er hinzu, haben es <hi rendition="#b">zu gut</hi> mit mir gemeint, und das taugt ebenfalls nichts. </p> <p>Noch zweimal kam ich zu ihm, aber da ich nun sein Zutrauen verloren hatte, und seine Abreise nicht bewirken konnte, entzog ich mich ganz seines Umgangs. Herr F. uͤbernahm die monathliche Auszahlung; und da sein Truͤbsinn anfing, gefaͤhrliche Folgen fuͤr seine Mitmenschen befuͤrchten zu lassen, ließ er ihn nach dem juͤdischen Armenhause am Ro-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [83/0083]
ben an den Prinzen als Beweiß ausfertigen zu lassen, daß er der nehmliche waͤre, den der Prinz verlangt hatte. Der Minister war verreiset, und der Sekretair versicherte ihm, daß kein wahres Wort an der ganzen Sache waͤre.
Er suchte mich nun auf, und als er mich in seiner Wohnung fand, erzaͤhlte er mir die Geschichte mit vieler Kaͤlte, und setzte verdrießlich hinzu: Sie haben mir einen Dienst leisten und mir zu meinen Rechten verhelfen wollen; das seh ich wohl ein. Aber Sie haͤtten mir den groͤßten Schaden zufuͤgen koͤnnen. Haͤtte der Prinz nicht glauben muͤssen, daß ich mich ihm aufdringen wollte? Das waͤre die kleinste Folge ihres unbesonnenen Streiches gewesen. Er bat, daß ich ihn verlassen, und ihn nicht ferner besuchen sollte, weil er sich vor mir schaͤme, von seinem Grundsatze: keinem Menschen mehr zu trauen, abgewichen zu seyn. Sie, setzte er hinzu, haben es zu gut mit mir gemeint, und das taugt ebenfalls nichts.
Noch zweimal kam ich zu ihm, aber da ich nun sein Zutrauen verloren hatte, und seine Abreise nicht bewirken konnte, entzog ich mich ganz seines Umgangs. Herr F. uͤbernahm die monathliche Auszahlung; und da sein Truͤbsinn anfing, gefaͤhrliche Folgen fuͤr seine Mitmenschen befuͤrchten zu lassen, ließ er ihn nach dem juͤdischen Armenhause am Ro-
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