Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite


nes und gutes verlangen? Himmel und Erde in Schönheit bewundern? Bewußtwerden alles gegenwärtigen, harmonischen und unabsehlichen Daseyns in Himmel und Erde? Welches Bewußtwerden das Originalprinzip des Gemeinsinns aller Menschheit, des Senscommun und seines Bonsens universel ist, lange vor dem wissenschaftlichen Elementarprincip des vorstellenden Bewußtseyns. Präsentation in der That geht vor aller Repräsentation, Darstellung selbst vor aller Vorstellung, ohne Daseyn zuerst ist keine Vorstellbarkeit, ohne Daseyn voraus ist keine Möglichkeit der Erfahrung, auf welche Möglichheit) nicht auf Erfahrung selbst, Kants ganze Kritik gebaut und berechnet ist, wie Reinhold zeigt im Fundament des philosophischen Wissens. Also giebts nothwendig noch ein Daseyn a priori vor aller Möglichkeit der Erfahrung, wie vor aller scientifischen Vorstellbarkeit, und vor allem simpeln Bewußtwerden des Gemeinsinns.*) Denket alles Daseyn voraus weg, so bleibt durchaus nichts übrig weder anzu-

*) Daseyn ist hier im Fundament des Gemeinsinns weder bloß logisch, noch eine Kategorie der Modalität, kein Prädikament, wie Kant selbst lehrt in seinem Einzig möglichen Beweißgrund des Daseyns Gottes, dem Daseyn kommt Quantität, Qualität, Relation, Modalität zu, so ists vor allen ein Darstellen eines Subjekts mit allen Prädikaten.


nes und gutes verlangen? Himmel und Erde in Schoͤnheit bewundern? Bewußtwerden alles gegenwaͤrtigen, harmonischen und unabsehlichen Daseyns in Himmel und Erde? Welches Bewußtwerden das Originalprinzip des Gemeinsinns aller Menschheit, des Senscommun und seines Bonsens universel ist, lange vor dem wissenschaftlichen Elementarprincip des vorstellenden Bewußtseyns. Praͤsentation in der That geht vor aller Repraͤsentation, Darstellung selbst vor aller Vorstellung, ohne Daseyn zuerst ist keine Vorstellbarkeit, ohne Daseyn voraus ist keine Moͤglichkeit der Erfahrung, auf welche Moͤglichheit) nicht auf Erfahrung selbst, Kants ganze Kritik gebaut und berechnet ist, wie Reinhold zeigt im Fundament des philosophischen Wissens. Also giebts nothwendig noch ein Daseyn a priori vor aller Moͤglichkeit der Erfahrung, wie vor aller scientifischen Vorstellbarkeit, und vor allem simpeln Bewußtwerden des Gemeinsinns.*) Denket alles Daseyn voraus weg, so bleibt durchaus nichts uͤbrig weder anzu-

*) Daseyn ist hier im Fundament des Gemeinsinns weder bloß logisch, noch eine Kategorie der Modalitaͤt, kein Praͤdikament, wie Kant selbst lehrt in seinem Einzig moͤglichen Beweißgrund des Daseyns Gottes, dem Daseyn kommt Quantitaͤt, Qualitaͤt, Relation, Modalitaͤt zu, so ists vor allen ein Darstellen eines Subjekts mit allen Praͤdikaten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div type="letter" n="3">
            <p><pb facs="#f0090" n="90"/><lb/>
nes und gutes                         verlangen? Himmel und Erde in Scho&#x0364;nheit bewundern? <hi rendition="#b">Bewußtwerden</hi> alles gegenwa&#x0364;rtigen, harmonischen und unabsehlichen                         Daseyns in Himmel und Erde? Welches <hi rendition="#b">Bewußtwerden</hi> das <hi rendition="#b">Originalprinzip des Gemeinsinns</hi> aller                         Menschheit, des Senscommun und seines Bonsens universel ist, lange vor dem <hi rendition="#b">wissenschaftlichen</hi> Elementarprincip des                         vorstellenden Bewußtseyns. Pra&#x0364;sentation in der That geht vor aller                         Repra&#x0364;sentation, Darstellung selbst vor aller Vorstellung, ohne Daseyn zuerst                         ist keine Vorstellbarkeit, ohne Daseyn voraus ist keine Mo&#x0364;glichkeit der                         Erfahrung, auf welche <hi rendition="#b">Mo&#x0364;glichheit)</hi> nicht auf                         Erfahrung selbst, Kants ganze Kritik gebaut und berechnet ist, wie Reinhold                         zeigt im Fundament des philosophischen Wissens. Also giebts nothwendig noch                         ein Daseyn <hi rendition="#i">a priori</hi> vor aller Mo&#x0364;glichkeit der                         Erfahrung, wie vor aller scientifischen Vorstellbarkeit, und vor allem                         simpeln Bewußtwerden des Gemeinsinns.*)<note place="foot"><p>*) Daseyn ist <hi rendition="#b">hier</hi> im Fundament des Gemeinsinns weder                                 bloß logisch, noch eine Kategorie der Modalita&#x0364;t, kein Pra&#x0364;dikament,                                 wie <persName ref="#ref0128"><note type="editorial">Kant, Jmmanuel</note>Kant</persName>                                 selbst lehrt in seinem Einzig mo&#x0364;glichen Beweißgrund des Daseyns                                 Gottes, dem Daseyn kommt Quantita&#x0364;t, Qualita&#x0364;t, Relation, Modalita&#x0364;t                                 zu, so ists vor allen ein Darstellen eines Subjekts mit allen                                 Pra&#x0364;dikaten.</p></note> Denket <hi rendition="#b">alles Daseyn voraus                             weg,</hi> so bleibt durchaus nichts u&#x0364;brig weder <hi rendition="#b">anzu-<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0090] nes und gutes verlangen? Himmel und Erde in Schoͤnheit bewundern? Bewußtwerden alles gegenwaͤrtigen, harmonischen und unabsehlichen Daseyns in Himmel und Erde? Welches Bewußtwerden das Originalprinzip des Gemeinsinns aller Menschheit, des Senscommun und seines Bonsens universel ist, lange vor dem wissenschaftlichen Elementarprincip des vorstellenden Bewußtseyns. Praͤsentation in der That geht vor aller Repraͤsentation, Darstellung selbst vor aller Vorstellung, ohne Daseyn zuerst ist keine Vorstellbarkeit, ohne Daseyn voraus ist keine Moͤglichkeit der Erfahrung, auf welche Moͤglichheit) nicht auf Erfahrung selbst, Kants ganze Kritik gebaut und berechnet ist, wie Reinhold zeigt im Fundament des philosophischen Wissens. Also giebts nothwendig noch ein Daseyn a priori vor aller Moͤglichkeit der Erfahrung, wie vor aller scientifischen Vorstellbarkeit, und vor allem simpeln Bewußtwerden des Gemeinsinns.*) Denket alles Daseyn voraus weg, so bleibt durchaus nichts uͤbrig weder anzu- *) Daseyn ist hier im Fundament des Gemeinsinns weder bloß logisch, noch eine Kategorie der Modalitaͤt, kein Praͤdikament, wie Kant selbst lehrt in seinem Einzig moͤglichen Beweißgrund des Daseyns Gottes, dem Daseyn kommt Quantitaͤt, Qualitaͤt, Relation, Modalitaͤt zu, so ists vor allen ein Darstellen eines Subjekts mit allen Praͤdikaten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/90
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/90>, abgerufen am 21.11.2024.