Bei allen diesen Dichtungen schimmert das Bild vom Helios durch; -- es ist der erfreuende Sonnenstrahl, welcher das Herz zu Saitenspiel und Gesang belebt. -- So ehrte Aurora den Memmon, ihren früh verstorbenen Sohn, indem seine metallene Gedächtnißsäule in Aegypten, so oft die Strahlen der aufgehenden Sonne sie be- rührten, mit sanftem Klang ertönte.
Aber es ist auch der alles entdeckende, alles enthüllende Strahl, der in dem wahrsagenden Apollo sich verjüngt. -- Eben eine solche verjüngte Erscheinung ist Apollo der Hirt; denn nach der alten Dichtung wurden schon die Heerden, die ohne Hirten weiden, von der allsehenden Son- ne gehütet.
Alle diese großen Bilder aber fügen sich in zartere Umrisse, da Apollo vom Jupiter erzeugt, und von der sanften Latona gebohren wird. -- er weidet die Heerden des Admet; begeistert die wahrsagende Pythia; und führt die Chöre der Musen an. -- Nach seiner Geburt entwickelt sich schnell die in ihm wohnende Götterkraft.
Auf Delos entwindet er sich dem Schooß der Mutter. -- Die hohen Göttinnen Themis, Rhea, Dione und Amphitrite, sind bei seiner Geburt zugegen; -- sie wickelten ihn in zarte Windeln; -- allein er sog die Brust der Mutter nicht; -- ihm reichte Themis Nektar und Ambrosia dar. --
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Bei allen dieſen Dichtungen ſchimmert das Bild vom Helios durch; — es iſt der erfreuende Sonnenſtrahl, welcher das Herz zu Saitenſpiel und Geſang belebt. — So ehrte Aurora den Memmon, ihren fruͤh verſtorbenen Sohn, indem ſeine metallene Gedaͤchtnißſaͤule in Aegypten, ſo oft die Strahlen der aufgehenden Sonne ſie be- ruͤhrten, mit ſanftem Klang ertoͤnte.
Aber es iſt auch der alles entdeckende, alles enthuͤllende Strahl, der in dem wahrſagenden Apollo ſich verjuͤngt. — Eben eine ſolche verjuͤngte Erſcheinung iſt Apollo der Hirt; denn nach der alten Dichtung wurden ſchon die Heerden, die ohne Hirten weiden, von der allſehenden Son- ne gehuͤtet.
Alle dieſe großen Bilder aber fuͤgen ſich in zartere Umriſſe, da Apollo vom Jupiter erzeugt, und von der ſanften Latona gebohren wird. — er weidet die Heerden des Admet; begeiſtert die wahrſagende Pythia; und fuͤhrt die Choͤre der Muſen an. — Nach ſeiner Geburt entwickelt ſich ſchnell die in ihm wohnende Goͤtterkraft.
Auf Delos entwindet er ſich dem Schooß der Mutter. — Die hohen Goͤttinnen Themis, Rhea, Dione und Amphitrite, ſind bei ſeiner Geburt zugegen; — ſie wickelten ihn in zarte Windeln; — allein er ſog die Bruſt der Mutter nicht; — ihm reichte Themis Nektar und Ambroſia dar. —
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Bei allen dieſen Dichtungen ſchimmert das
Bild vom Helios durch; — es iſt der erfreuende
Sonnenſtrahl, welcher das Herz zu Saitenſpiel
und Geſang belebt. — So ehrte Aurora den
Memmon, ihren fruͤh verſtorbenen Sohn, indem
ſeine metallene Gedaͤchtnißſaͤule in Aegypten, ſo
oft die Strahlen der aufgehenden Sonne ſie be-
ruͤhrten, mit ſanftem Klang ertoͤnte.
Aber es iſt auch der alles entdeckende, alles
enthuͤllende Strahl, der in dem wahrſagenden
Apollo ſich verjuͤngt. — Eben eine ſolche verjuͤngte
Erſcheinung iſt Apollo der Hirt; denn nach der
alten Dichtung wurden ſchon die Heerden, die
ohne Hirten weiden, von der allſehenden Son-
ne gehuͤtet.
Alle dieſe großen Bilder aber fuͤgen ſich in
zartere Umriſſe, da Apollo vom Jupiter erzeugt,
und von der ſanften Latona gebohren wird. — er
weidet die Heerden des Admet; begeiſtert die
wahrſagende Pythia; und fuͤhrt die Choͤre der
Muſen an. — Nach ſeiner Geburt entwickelt ſich
ſchnell die in ihm wohnende Goͤtterkraft.
Auf Delos entwindet er ſich dem Schooß der
Mutter. — Die hohen Goͤttinnen Themis, Rhea,
Dione und Amphitrite, ſind bei ſeiner Geburt
zugegen; — ſie wickelten ihn in zarte Windeln; —
allein er ſog die Bruſt der Mutter nicht; — ihm
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/143>, abgerufen am 23.11.2024.
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