Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786.hielt, und immer voll hoher Erwartung war, Reiser liehe sich nun von dem alten Tischer hielt, und immer voll hoher Erwartung war, Reiſer liehe ſich nun von dem alten Tiſcher <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0104" n="94"/> hielt, und immer voll hoher Erwartung war,<lb/> was nun fuͤr große Dinge, in ihm vorgehen wuͤr¬<lb/> den. — In dieſen Erinnerungen lag eine un¬<lb/> beſchreibliche Suͤßigkeit, denn der Roman, den<lb/> die froͤmmelnde Phantaſie der glaͤubigen Seelen<lb/> mit dem hoͤchſten Weſen ſpielt, von dem ſie ſich<lb/> bald verlaſſen, und bald wieder angenommen<lb/> glauben, bald eine Sehnſucht und einen Hunger<lb/> nach ihm empfinden, und bald wieder in einem<lb/> Zuſtande der Trockenheit, und Lere des Her¬<lb/> zens ſind, hat wirklich etwas erhabnes, und<lb/> großes, und erhaͤlt die Lebensgeiſter in einer im¬<lb/> merwaͤhrenden Thaͤtigkeit, ſo daß auch die Traͤu¬<lb/> me des Nachts ſich mit uͤberirdiſchen Dingen be¬<lb/> ſchaͤftigen, wie denn Reiſern einſt traͤumte, daß<lb/> er in die Geſellſchaft der Seeligen aufgenommen<lb/> war, die ſich in cryſtallnen Stroͤmen badeten —<lb/> Ein Traum, der oft wieder ſeine Einbildungs¬<lb/> kraft entzuͤckt hat.</p><lb/> <p>Reiſer liehe ſich nun von dem alten Tiſcher<lb/> die Guionſchen Schriften wieder, und erinnerte<lb/> ſich indem er ſie laß, an jene gluͤcklichen Zeiten<lb/> zuruͤck, wo er ſeiner Meinung nach auf dem<lb/> Wege zur Vollkommenheit begriffen war. —<lb/></p> </body> </text> </TEI> [94/0104]
hielt, und immer voll hoher Erwartung war,
was nun fuͤr große Dinge, in ihm vorgehen wuͤr¬
den. — In dieſen Erinnerungen lag eine un¬
beſchreibliche Suͤßigkeit, denn der Roman, den
die froͤmmelnde Phantaſie der glaͤubigen Seelen
mit dem hoͤchſten Weſen ſpielt, von dem ſie ſich
bald verlaſſen, und bald wieder angenommen
glauben, bald eine Sehnſucht und einen Hunger
nach ihm empfinden, und bald wieder in einem
Zuſtande der Trockenheit, und Lere des Her¬
zens ſind, hat wirklich etwas erhabnes, und
großes, und erhaͤlt die Lebensgeiſter in einer im¬
merwaͤhrenden Thaͤtigkeit, ſo daß auch die Traͤu¬
me des Nachts ſich mit uͤberirdiſchen Dingen be¬
ſchaͤftigen, wie denn Reiſern einſt traͤumte, daß
er in die Geſellſchaft der Seeligen aufgenommen
war, die ſich in cryſtallnen Stroͤmen badeten —
Ein Traum, der oft wieder ſeine Einbildungs¬
kraft entzuͤckt hat.
Reiſer liehe ſich nun von dem alten Tiſcher
die Guionſchen Schriften wieder, und erinnerte
ſich indem er ſie laß, an jene gluͤcklichen Zeiten
zuruͤck, wo er ſeiner Meinung nach auf dem
Wege zur Vollkommenheit begriffen war. —
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