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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786.

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tor zufälliger Weise auch einmal mit zum Lesen
aufrief, so laß er weit fertiger und besser, als
alle übrigen, die das Buch gehabt, und sich zu
Hause geübt hatten. --

Er hörte also einmal in der Nebenstube über
sich sprechen, der Reiser müsse doch so dumm
nicht seyn, weil er die schwere englische Aus¬
sprache sobald gefaßt hätte; um nun diese gün¬
stige Meinung von ihm ja nicht aufkommen zu
lassen, behauptete sogleich einer geradezu, Rei¬
sers Vater sei ein gebohrner Engländer, und
er erinnre sich also der englischen Aussprache
noch von seiner Kindheit her; die übrigen waren
sehr bereit, dieß zu glauben -- und so war denn
Reiser aufs neue zu seiner vorigen Niedrigkeit in
den Augen seiner Mitschüler herabgesunken.

Man siehet aus diesem allen, daß die Ach¬
tung, worinn ein junger Mensch bei seinen Mit¬
schülern steht, eine äußerst wichtige Sache bei
seiner Bildung und Erziehung ist, worauf man
bei öffentlichen Erziehungsanstalten bisher noch
zu wenig Aufmerksamkeit gewandt hat. --

Was Reisern damals aus seinem Zustande
retten, und auf einmal zu einem fleißigen und

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tor zufaͤlliger Weiſe auch einmal mit zum Leſen
aufrief, ſo laß er weit fertiger und beſſer, als
alle uͤbrigen, die das Buch gehabt, und ſich zu
Hauſe geuͤbt hatten. —

Er hoͤrte alſo einmal in der Nebenſtube uͤber
ſich ſprechen, der Reiſer muͤſſe doch ſo dumm
nicht ſeyn, weil er die ſchwere engliſche Aus¬
ſprache ſobald gefaßt haͤtte; um nun dieſe guͤn¬
ſtige Meinung von ihm ja nicht aufkommen zu
laſſen, behauptete ſogleich einer geradezu, Rei¬
ſers Vater ſei ein gebohrner Englaͤnder, und
er erinnre ſich alſo der engliſchen Ausſprache
noch von ſeiner Kindheit her; die uͤbrigen waren
ſehr bereit, dieß zu glauben — und ſo war denn
Reiſer aufs neue zu ſeiner vorigen Niedrigkeit in
den Augen ſeiner Mitſchuͤler herabgeſunken.

Man ſiehet aus dieſem allen, daß die Ach¬
tung, worinn ein junger Menſch bei ſeinen Mit¬
ſchuͤlern ſteht, eine aͤußerſt wichtige Sache bei
ſeiner Bildung und Erziehung iſt, worauf man
bei oͤffentlichen Erziehungsanſtalten bisher noch
zu wenig Aufmerkſamkeit gewandt hat. —

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[153/0163] tor zufaͤlliger Weiſe auch einmal mit zum Leſen aufrief, ſo laß er weit fertiger und beſſer, als alle uͤbrigen, die das Buch gehabt, und ſich zu Hauſe geuͤbt hatten. — Er hoͤrte alſo einmal in der Nebenſtube uͤber ſich ſprechen, der Reiſer muͤſſe doch ſo dumm nicht ſeyn, weil er die ſchwere engliſche Aus¬ ſprache ſobald gefaßt haͤtte; um nun dieſe guͤn¬ ſtige Meinung von ihm ja nicht aufkommen zu laſſen, behauptete ſogleich einer geradezu, Rei¬ ſers Vater ſei ein gebohrner Englaͤnder, und er erinnre ſich alſo der engliſchen Ausſprache noch von ſeiner Kindheit her; die uͤbrigen waren ſehr bereit, dieß zu glauben — und ſo war denn Reiſer aufs neue zu ſeiner vorigen Niedrigkeit in den Augen ſeiner Mitſchuͤler herabgeſunken. Man ſiehet aus dieſem allen, daß die Ach¬ tung, worinn ein junger Menſch bei ſeinen Mit¬ ſchuͤlern ſteht, eine aͤußerſt wichtige Sache bei ſeiner Bildung und Erziehung iſt, worauf man bei oͤffentlichen Erziehungsanſtalten bisher noch zu wenig Aufmerkſamkeit gewandt hat. — Was Reiſern damals aus ſeinem Zuſtande retten, und auf einmal zu einem fleißigen und K 5

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/163>, abgerufen am 21.11.2024.