Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Spielenden war, und der es wußte, wie sehr
sein Herz an dieser Sache hing. --

Aber dieser glaubte selbst in einem zu
unvortheilhaften Lichte zu erscheinen, wenn
er denjenigen als ein Mitglied in Vor
¬
schlag brächte, auf den die Aufmerksam¬
keit keines einzigen außer ihm gefallen
war
. -- W. . . meinte es deswegen übrigens
noch gar nicht böse mit Reisern, sondern war
nach wie vor sein Freund, nur bis auf diesen
Punkt nicht. -- Eine Erfahrung, die mancher
vielleicht in seinem Leben öfter zu machen Gele¬
genheit gehabt hat. -- Es hält schwer in der
Freundschaft Stand zu halten, wenn sich alles
wider jemanden erklärt -- man fängt an, seinem
eignen Urtheil nicht recht mehr zu trauen, das
immer noch einer Stütze außer sich zu bedürfen
scheint, sey sie auch so klein sie wolle -- wenn die
Sache nur noch von einem einzigen in Regung
gebracht wird, so will man gern der zweite seyn,
der einstimmt, nur der erste scheut sich ein jeder
zu seyn -- und die Freundschaft muß schon einen
sehr hohen Grad erreicht haben, wenn sie hier

Spielenden war, und der es wußte, wie ſehr
ſein Herz an dieſer Sache hing. —

Aber dieſer glaubte ſelbſt in einem zu
unvortheilhaften Lichte zu erſcheinen, wenn
er denjenigen als ein Mitglied in Vor
¬
ſchlag braͤchte, auf den die Aufmerkſam¬
keit keines einzigen außer ihm gefallen
war
. — W. . . meinte es deswegen uͤbrigens
noch gar nicht boͤſe mit Reiſern, ſondern war
nach wie vor ſein Freund, nur bis auf dieſen
Punkt nicht. — Eine Erfahrung, die mancher
vielleicht in ſeinem Leben oͤfter zu machen Gele¬
genheit gehabt hat. — Es haͤlt ſchwer in der
Freundſchaft Stand zu halten, wenn ſich alles
wider jemanden erklaͤrt — man faͤngt an, ſeinem
eignen Urtheil nicht recht mehr zu trauen, das
immer noch einer Stuͤtze außer ſich zu beduͤrfen
ſcheint, ſey ſie auch ſo klein ſie wolle — wenn die
Sache nur noch von einem einzigen in Regung
gebracht wird, ſo will man gern der zweite ſeyn,
der einſtimmt, nur der erſte ſcheut ſich ein jeder
zu ſeyn — und die Freundſchaft muß ſchon einen
ſehr hohen Grad erreicht haben, wenn ſie hier

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0194" n="184"/>
Spielenden war, und der es wußte, wie &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;ein Herz an die&#x017F;er Sache hing. &#x2014;</p><lb/>
      <p><hi rendition="#fr">Aber die&#x017F;er glaubte &#x017F;elb&#x017F;t in einem zu<lb/>
unvortheilhaften Lichte zu er&#x017F;cheinen, wenn<lb/>
er denjenigen als ein Mitglied in Vor</hi>¬<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;chlag bra&#x0364;chte</hi>, <hi rendition="#fr">auf den die Aufmerk&#x017F;am</hi>¬<lb/><hi rendition="#fr">keit keines einzigen außer ihm gefallen<lb/>
war</hi>. &#x2014; W. . . meinte es deswegen u&#x0364;brigens<lb/>
noch gar nicht bo&#x0364;&#x017F;e mit Rei&#x017F;ern, &#x017F;ondern war<lb/>
nach wie vor &#x017F;ein Freund, nur bis auf die&#x017F;en<lb/>
Punkt nicht. &#x2014; Eine Erfahrung, die mancher<lb/>
vielleicht in &#x017F;einem Leben o&#x0364;fter zu machen Gele¬<lb/>
genheit gehabt hat. &#x2014; Es ha&#x0364;lt &#x017F;chwer in der<lb/>
Freund&#x017F;chaft Stand zu halten, wenn &#x017F;ich alles<lb/>
wider jemanden erkla&#x0364;rt &#x2014; man fa&#x0364;ngt an, &#x017F;einem<lb/>
eignen Urtheil nicht recht mehr zu trauen, das<lb/>
immer noch einer Stu&#x0364;tze außer &#x017F;ich zu bedu&#x0364;rfen<lb/>
&#x017F;cheint, &#x017F;ey &#x017F;ie auch &#x017F;o klein &#x017F;ie wolle &#x2014; wenn die<lb/>
Sache nur noch von einem einzigen in Regung<lb/>
gebracht wird, &#x017F;o will man gern der zweite &#x017F;eyn,<lb/>
der ein&#x017F;timmt, nur der er&#x017F;te &#x017F;cheut &#x017F;ich ein jeder<lb/>
zu &#x017F;eyn &#x2014; und die Freund&#x017F;chaft muß &#x017F;chon einen<lb/>
&#x017F;ehr hohen Grad erreicht haben, wenn &#x017F;ie hier<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0194] Spielenden war, und der es wußte, wie ſehr ſein Herz an dieſer Sache hing. — Aber dieſer glaubte ſelbſt in einem zu unvortheilhaften Lichte zu erſcheinen, wenn er denjenigen als ein Mitglied in Vor¬ ſchlag braͤchte, auf den die Aufmerkſam¬ keit keines einzigen außer ihm gefallen war. — W. . . meinte es deswegen uͤbrigens noch gar nicht boͤſe mit Reiſern, ſondern war nach wie vor ſein Freund, nur bis auf dieſen Punkt nicht. — Eine Erfahrung, die mancher vielleicht in ſeinem Leben oͤfter zu machen Gele¬ genheit gehabt hat. — Es haͤlt ſchwer in der Freundſchaft Stand zu halten, wenn ſich alles wider jemanden erklaͤrt — man faͤngt an, ſeinem eignen Urtheil nicht recht mehr zu trauen, das immer noch einer Stuͤtze außer ſich zu beduͤrfen ſcheint, ſey ſie auch ſo klein ſie wolle — wenn die Sache nur noch von einem einzigen in Regung gebracht wird, ſo will man gern der zweite ſeyn, der einſtimmt, nur der erſte ſcheut ſich ein jeder zu ſeyn — und die Freundſchaft muß ſchon einen ſehr hohen Grad erreicht haben, wenn ſie hier

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/194
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/194>, abgerufen am 24.11.2024.