Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.eine Art von Mord des Selbstgefühls, die nicht und nicht einmal einen Feind zu das ist die wahre Hölle, die alle Qualen derhaben -- fühlbaren Vernichtung eines denkenden We¬ sens in sich faßt. -- Und diese Höllenqual war es, welche Reiser empfand, so oft er sich aus Mangel am Selbstgefühl, für einen würdigen Gegenstand des Spottes und der Verachtung hielt -- seine einzige Wonne war dann, wenn er für sich allein war, in lautes Hohngelächter über sich selber auszubrechen, und das nun selber gleichsam an sich zu vollenden, was die Wesen außer ihm angefangen hatten. -- "Wenn diese Wesen mich verspotten und zerstören, eine Art von Mord des Selbſtgefuͤhls, die nicht und nicht einmal einen Feind zu das iſt die wahre Hoͤlle, die alle Qualen derhaben — fuͤhlbaren Vernichtung eines denkenden We¬ ſens in ſich faßt. — Und dieſe Hoͤllenqual war es, welche Reiſer empfand, ſo oft er ſich aus Mangel am Selbſtgefuͤhl, fuͤr einen wuͤrdigen Gegenſtand des Spottes und der Verachtung hielt — ſeine einzige Wonne war dann, wenn er fuͤr ſich allein war, in lautes Hohngelaͤchter uͤber ſich ſelber auszubrechen, und das nun ſelber gleichſam an ſich zu vollenden, was die Weſen außer ihm angefangen hatten. — „Wenn dieſe Weſen mich verſpotten und zerſtoͤren, <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0236" n="226"/> eine Art von Mord des Selbſtgefuͤhls, die nicht<lb/> ihres Gleichen hat. — Von allen außer ſich ge¬<lb/> haßt zu werden, iſt dagegen wuͤnſchens und<lb/> begehrenswerth. — Dieſer allgemeine Haß wuͤrde<lb/> das Selbſtgefuͤhl nicht toͤdten, ſondern es mit<lb/> einem Trotz beſeelen, wovon es auf Jahrtauſende<lb/> leben, und gegen dieſe haſſende Welt Wuth knir¬<lb/> ſchen koͤnnte. — Aber keinen Freund,<lb/><lg><l>und nicht einmal einen Feind zu<lb/><hi rendition="#et">haben —</hi></l></lg><lb/> das iſt die wahre Hoͤlle, die alle Qualen der<lb/><hi rendition="#fr">fuͤhlbaren Vernichtung</hi> eines denkenden We¬<lb/> ſens in ſich faßt. — Und dieſe Hoͤllenqual war<lb/> es, welche Reiſer empfand, ſo oft er ſich aus<lb/> Mangel am Selbſtgefuͤhl, fuͤr einen wuͤrdigen<lb/> Gegenſtand des Spottes und der Verachtung<lb/> hielt — ſeine einzige Wonne war dann, wenn er<lb/> fuͤr ſich allein war, in lautes Hohngelaͤchter uͤber<lb/> ſich ſelber auszubrechen, und das nun ſelber<lb/> gleichſam an ſich zu vollenden, was die Weſen<lb/> außer ihm angefangen hatten. —</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Wenn dieſe Weſen mich verſpotten und<lb/><hi rendition="#et">zerſtoͤren,</hi></l><lb/> </lg> </body> </text> </TEI> [226/0236]
eine Art von Mord des Selbſtgefuͤhls, die nicht
ihres Gleichen hat. — Von allen außer ſich ge¬
haßt zu werden, iſt dagegen wuͤnſchens und
begehrenswerth. — Dieſer allgemeine Haß wuͤrde
das Selbſtgefuͤhl nicht toͤdten, ſondern es mit
einem Trotz beſeelen, wovon es auf Jahrtauſende
leben, und gegen dieſe haſſende Welt Wuth knir¬
ſchen koͤnnte. — Aber keinen Freund,
und nicht einmal einen Feind zu
haben —
das iſt die wahre Hoͤlle, die alle Qualen der
fuͤhlbaren Vernichtung eines denkenden We¬
ſens in ſich faßt. — Und dieſe Hoͤllenqual war
es, welche Reiſer empfand, ſo oft er ſich aus
Mangel am Selbſtgefuͤhl, fuͤr einen wuͤrdigen
Gegenſtand des Spottes und der Verachtung
hielt — ſeine einzige Wonne war dann, wenn er
fuͤr ſich allein war, in lautes Hohngelaͤchter uͤber
ſich ſelber auszubrechen, und das nun ſelber
gleichſam an ſich zu vollenden, was die Weſen
außer ihm angefangen hatten. —
„Wenn dieſe Weſen mich verſpotten und
zerſtoͤren,
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