Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.Den blumigten Schauplatz der Welt zur trau¬ Den blumigten Schauplatz der Welt zur trau¬ <TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <lg n="2"> <pb facs="#f0139" n="125"/> <l>Den blumigten Schauplatz der Welt zur trau¬<lb/><hi rendition="#et">rigen Einoͤde machte;</hi></l><lb/> <l>Dann wohl auch dir! daß du eine ſichere<lb/><hi rendition="#et">Freiſtadt vor allen</hi></l><lb/> <l>Den liſt'gen Raͤnken der Bosheit fand'ſt, und<lb/><hi rendition="#et">vor dem Geraͤuſche</hi></l><lb/> <l>Der Thoren, und vor der Verfuͤhrung des<lb/><hi rendition="#et">ſchoͤn gleißenden Laſters,</hi></l><lb/> <l>Und vor des Lebens betruͤglichen Freuden<lb/><hi rendition="#et">fand'ſt! — Doch was ſeh ich?</hi></l><lb/> <l>Im Aug' eine ſtumme Zaͤhre, zittert langſam<lb/><hi rendition="#et">die Wange</hi></l><lb/> <l>Des Juͤnglings herab, der abgehaͤrmt und<lb/><hi rendition="#et">bleich ſein gebrochnes,</hi></l><lb/> <l>Hinſterbendes Leben verweinet, und wie die<lb/><hi rendition="#et">lechzende Blume</hi></l><lb/> <l>In ſchwuͤlen Tagen dahinwelkt.— Der du<lb/><hi rendition="#et">im geheiligten Kerker,</hi></l><lb/> <l>Von keinem Strahl erquickt, aus Zwang oder<hi rendition="#et">Unbedacht ſchmachteſt,</hi></l><lb/> <l>O weine, Juͤngling, weine! Dein Gott ver¬<hi rendition="#et">giebt dir die Zaͤhren,</hi></l><lb/> <l>Die der unſchuldige Wunſch der Natur aus<hi rendition="#et">der Seele dir preßte!</hi></l><lb/> <l>O koͤnnt' ich doch meine Thraͤnen mit deinen<hi rendition="#et">Thraͤnen vermiſchen,</hi></l><lb/> </lg> </lg> </body> </text> </TEI> [125/0139]
Den blumigten Schauplatz der Welt zur trau¬
rigen Einoͤde machte;
Dann wohl auch dir! daß du eine ſichere
Freiſtadt vor allen
Den liſt'gen Raͤnken der Bosheit fand'ſt, und
vor dem Geraͤuſche
Der Thoren, und vor der Verfuͤhrung des
ſchoͤn gleißenden Laſters,
Und vor des Lebens betruͤglichen Freuden
fand'ſt! — Doch was ſeh ich?
Im Aug' eine ſtumme Zaͤhre, zittert langſam
die Wange
Des Juͤnglings herab, der abgehaͤrmt und
bleich ſein gebrochnes,
Hinſterbendes Leben verweinet, und wie die
lechzende Blume
In ſchwuͤlen Tagen dahinwelkt.— Der du
im geheiligten Kerker,
Von keinem Strahl erquickt, aus Zwang oderUnbedacht ſchmachteſt,
O weine, Juͤngling, weine! Dein Gott ver¬giebt dir die Zaͤhren,
Die der unſchuldige Wunſch der Natur ausder Seele dir preßte!
O koͤnnt' ich doch meine Thraͤnen mit deinenThraͤnen vermiſchen,
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