Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.dens sanft hinüber schlummern. Dabei heftete Denn wie Träume eines Fieberkranken, wa¬ Als der Tag angebrochen war, kehrte Rei¬ dens ſanft hinuͤber ſchlummern. Dabei heftete Denn wie Traͤume eines Fieberkranken, wa¬ Als der Tag angebrochen war, kehrte Rei¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0182" n="168"/> dens ſanft hinuͤber ſchlummern. Dabei heftete<lb/> ſich immer ſein Blick auf den blaſſen Wider¬<lb/> ſchein von den hohen Fenſtern, und dieſer war<lb/> es vorzuͤglich, welcher ihn in eine neue Welt<lb/> zu verſetzen ſchien: es war dieß eine majeſtaͤtiſche<lb/> Schlafkammer, in welcher er ſeine Augen auf¬<lb/> ſchlug, nachdem er wild die Nacht durchtraͤumt<lb/> hatte.</p><lb/> <p>Denn wie Traͤume eines Fieberkranken, wa¬<lb/> ren freilich ſolche Zeitpunkte in Reiſers Leben,<lb/> aber ſie waren doch einmal darin, und hatten<lb/> ihren Grund in ſeinen Schickſalen von ſeiner<lb/> Kindheit an. Denn war es nicht immer Selbſt¬<lb/> verachtung, zuruͤckgedraͤngtes Selbſtgefuͤhl, wo¬<lb/> durch er in einen ſolchen Zuſtand verſetzt wurde?<lb/> Und wurde nicht dieſe Selbſtverachtung durch<lb/> den immerwaͤhrenden Druck von außen bei ihm<lb/> bewirkt, woran freilich mehr der Zufall ſchuld<lb/> war, als die Menſchen.</p><lb/> <p>Als der Tag angebrochen war, kehrte Rei¬<lb/> ſer mit ruhigerm Gemuͤthe aus dem Dom zuruͤck,<lb/> und begegnete auf der Straße ſeinem Freunde<lb/> N. . ., der ſchon fruͤh ein Collegium beſuchte,<lb/> und welcher erſchrak, da er Reiſern ins Geſicht<lb/></p> </body> </text> </TEI> [168/0182]
dens ſanft hinuͤber ſchlummern. Dabei heftete
ſich immer ſein Blick auf den blaſſen Wider¬
ſchein von den hohen Fenſtern, und dieſer war
es vorzuͤglich, welcher ihn in eine neue Welt
zu verſetzen ſchien: es war dieß eine majeſtaͤtiſche
Schlafkammer, in welcher er ſeine Augen auf¬
ſchlug, nachdem er wild die Nacht durchtraͤumt
hatte.
Denn wie Traͤume eines Fieberkranken, wa¬
ren freilich ſolche Zeitpunkte in Reiſers Leben,
aber ſie waren doch einmal darin, und hatten
ihren Grund in ſeinen Schickſalen von ſeiner
Kindheit an. Denn war es nicht immer Selbſt¬
verachtung, zuruͤckgedraͤngtes Selbſtgefuͤhl, wo¬
durch er in einen ſolchen Zuſtand verſetzt wurde?
Und wurde nicht dieſe Selbſtverachtung durch
den immerwaͤhrenden Druck von außen bei ihm
bewirkt, woran freilich mehr der Zufall ſchuld
war, als die Menſchen.
Als der Tag angebrochen war, kehrte Rei¬
ſer mit ruhigerm Gemuͤthe aus dem Dom zuruͤck,
und begegnete auf der Straße ſeinem Freunde
N. . ., der ſchon fruͤh ein Collegium beſuchte,
und welcher erſchrak, da er Reiſern ins Geſicht
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