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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

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Messiade zusammen lasen, so machte sich Reiser
wieder auf den Weg, und N... begleitete ihn
noch eine ganze Strecke hin, bis es dunkel wurde.

Da umarmten sie sich, und nahmen auf die
rührendste Weise von einander Abschied, indem
sie sich bei diesem Abschiede zum erstenmal Bru¬
der nannten. Reiser riß sich loß, und eilte
schnell fort, indem er seinem Freunde zurief: nun
reit zurück!

Als er aber schon in einiger Entfernung war,
sah er sich wieder um, und rief noch einmal:
gute Nacht! Sobald er dieß Wort gesagt
hatte, war es ihm fatal, und er ärgerte sich
darüber, so oft es ihm wieder einfiel. Denn
die ganze empfindsame Scene hatte selbst in der
Erinnerung dadurch einen Stoß erlitten, weil
es komisch klingt, einem, den man auf lange
Zeit oder vielleicht auf immer schon lebe wohl ge¬
sagt hat, nun noch einmal ordentlich eine gute
Nacht zu wünschen, gleichsam als wenn man
am andern Morgen wieder einen Besuch bei ihm
ablegen würde. --

Es war eine schneidende Kälte. Reiser aber
wanderte nun, ohne irgend eine Bürde zu tra¬

Meſſiade zuſammen laſen, ſo machte ſich Reiſer
wieder auf den Weg, und N... begleitete ihn
noch eine ganze Strecke hin, bis es dunkel wurde.

Da umarmten ſie ſich, und nahmen auf die
ruͤhrendſte Weiſe von einander Abſchied, indem
ſie ſich bei dieſem Abſchiede zum erſtenmal Bru¬
der nannten. Reiſer riß ſich loß, und eilte
ſchnell fort, indem er ſeinem Freunde zurief: nun
reit zuruͤck!

Als er aber ſchon in einiger Entfernung war,
ſah er ſich wieder um, und rief noch einmal:
gute Nacht! Sobald er dieß Wort geſagt
hatte, war es ihm fatal, und er aͤrgerte ſich
daruͤber, ſo oft es ihm wieder einfiel. Denn
die ganze empfindſame Scene hatte ſelbſt in der
Erinnerung dadurch einen Stoß erlitten, weil
es komiſch klingt, einem, den man auf lange
Zeit oder vielleicht auf immer ſchon lebe wohl ge¬
ſagt hat, nun noch einmal ordentlich eine gute
Nacht zu wuͤnſchen, gleichſam als wenn man
am andern Morgen wieder einen Beſuch bei ihm
ablegen wuͤrde. —

Es war eine ſchneidende Kaͤlte. Reiſer aber
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[196/0210] Meſſiade zuſammen laſen, ſo machte ſich Reiſer wieder auf den Weg, und N... begleitete ihn noch eine ganze Strecke hin, bis es dunkel wurde. Da umarmten ſie ſich, und nahmen auf die ruͤhrendſte Weiſe von einander Abſchied, indem ſie ſich bei dieſem Abſchiede zum erſtenmal Bru¬ der nannten. Reiſer riß ſich loß, und eilte ſchnell fort, indem er ſeinem Freunde zurief: nun reit zuruͤck! Als er aber ſchon in einiger Entfernung war, ſah er ſich wieder um, und rief noch einmal: gute Nacht! Sobald er dieß Wort geſagt hatte, war es ihm fatal, und er aͤrgerte ſich daruͤber, ſo oft es ihm wieder einfiel. Denn die ganze empfindſame Scene hatte ſelbſt in der Erinnerung dadurch einen Stoß erlitten, weil es komiſch klingt, einem, den man auf lange Zeit oder vielleicht auf immer ſchon lebe wohl ge¬ ſagt hat, nun noch einmal ordentlich eine gute Nacht zu wuͤnſchen, gleichſam als wenn man am andern Morgen wieder einen Beſuch bei ihm ablegen wuͤrde. — Es war eine ſchneidende Kaͤlte. Reiſer aber wanderte nun, ohne irgend eine Buͤrde zu tra¬

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/210>, abgerufen am 24.11.2024.