Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

sie sich ohne Protestation dem Ober-Schul-Col-
legio unterworfen hätte. Der Landesherr kann
neue Gesetze geben, aber sie müssen keine
wohlerworbene Rechte beeinträchtigen; und
der Unterthan, der seine bissherige Rechte ver-
theidiget, verdient keinen Verweis. Ist das
neue Gesetz zur Wohlfahrt des Ganzen noth-
wendig, so muss der Unterthan darüber belehrt
werden, und besonders, wenn er zu einer so
respectablen Volksklasse, als die Mitglieder ei-
ner akademischen Gesellschaft, gehört. Dem
wahren Vortheil des Landes werden Männer,
die Lehrer der Nation werden sollen, die ihre
künftigen Seelsorger, Richter und Gesetzgeber
bilden müssen, gewiss alles aufopfern; und
wenn sie dawider keine Respects-widrige Vor-
stellung thun, haben sie gar nicht strafbar ge-
handelt, ihre ohnvorgreifliche Protestation ein-
gereicht zu haben. -- Wenn es heisst: Die
Universität soll dem Ober-Schul-Colle-
gio einen unumschränkten Gehorsam lei-
sten
,
so hat man schon Unrecht, über den
Pabst zu spotten, der sich für untrüglich gehal-
ten wissen will. Der Concipient der allerhöch-
sten Resolution hat den Ausdruck: Unum-
schränkt
,
wie es scheint, nicht ganz gefasst.

sie sich ohne Protestation dem Ober-Schul-Col-
legio unterworfen hätte. Der Landesherr kann
neue Gesetze geben, aber sie müssen keine
wohlerworbene Rechte beeinträchtigen; und
der Unterthan, der seine biſsherige Rechte ver-
theidiget, verdient keinen Verweis. Ist das
neue Gesetz zur Wohlfahrt des Ganzen noth-
wendig, so muſs der Unterthan darüber belehrt
werden, und besonders, wenn er zu einer so
respectablen Volksklasse, als die Mitglieder ei-
ner akademischen Gesellschaft, gehört. Dem
wahren Vortheil des Landes werden Männer,
die Lehrer der Nation werden sollen, die ihre
künftigen Seelsorger, Richter und Gesetzgeber
bilden müssen, gewiſs alles aufopfern; und
wenn sie dawider keine Respects-widrige Vor-
stellung thun, haben sie gar nicht strafbar ge-
handelt, ihre ohnvorgreifliche Protestation ein-
gereicht zu haben. — Wenn es heiſst: Die
Universität soll dem Ober-Schul-Colle-
gio einen unumschränkten Gehorsam lei-
sten
,
so hat man schon Unrecht, über den
Pabst zu spotten, der sich für untrüglich gehal-
ten wissen will. Der Concipient der allerhöch-
sten Resolution hat den Ausdruck: Unum-
schränkt
,
wie es scheint, nicht ganz gefaſst.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0235" n="229"/>
sie sich ohne Protestation dem Ober-Schul-Col-<lb/>
legio unterworfen hätte. Der Landesherr kann<lb/>
neue Gesetze geben, aber sie müssen keine<lb/>
wohlerworbene Rechte beeinträchtigen; und<lb/>
der Unterthan, der seine bi&#x017F;sherige Rechte ver-<lb/>
theidiget, verdient keinen <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Verweis</hi></hi>. Ist das<lb/>
neue Gesetz zur Wohlfahrt des Ganzen noth-<lb/>
wendig, so mu&#x017F;s der Unterthan darüber belehrt<lb/>
werden, und besonders, wenn er zu einer so<lb/>
respectablen Volksklasse, als die Mitglieder ei-<lb/>
ner akademischen Gesellschaft, gehört. Dem<lb/>
wahren Vortheil des Landes werden Männer,<lb/>
die Lehrer der Nation werden sollen, die ihre<lb/>
künftigen Seelsorger, Richter und Gesetzgeber<lb/>
bilden müssen, gewi&#x017F;s alles aufopfern; und<lb/>
wenn sie dawider keine Respects-widrige Vor-<lb/>
stellung thun, haben sie gar nicht strafbar ge-<lb/>
handelt, ihre ohnvorgreifliche Protestation ein-<lb/>
gereicht zu haben. &#x2014; Wenn es hei&#x017F;st: <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Die<lb/>
Universität soll dem Ober-Schul-Colle-<lb/>
gio einen unumschränkten Gehorsam lei-<lb/>
sten</hi>,</hi> so hat man schon Unrecht, über den<lb/>
Pabst zu spotten, der sich für untrüglich gehal-<lb/>
ten wissen will. Der Concipient der allerhöch-<lb/>
sten Resolution hat den Ausdruck: <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Unum-<lb/>
schränkt</hi>,</hi> wie es scheint, nicht ganz gefa&#x017F;st.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[229/0235] sie sich ohne Protestation dem Ober-Schul-Col- legio unterworfen hätte. Der Landesherr kann neue Gesetze geben, aber sie müssen keine wohlerworbene Rechte beeinträchtigen; und der Unterthan, der seine biſsherige Rechte ver- theidiget, verdient keinen Verweis. Ist das neue Gesetz zur Wohlfahrt des Ganzen noth- wendig, so muſs der Unterthan darüber belehrt werden, und besonders, wenn er zu einer so respectablen Volksklasse, als die Mitglieder ei- ner akademischen Gesellschaft, gehört. Dem wahren Vortheil des Landes werden Männer, die Lehrer der Nation werden sollen, die ihre künftigen Seelsorger, Richter und Gesetzgeber bilden müssen, gewiſs alles aufopfern; und wenn sie dawider keine Respects-widrige Vor- stellung thun, haben sie gar nicht strafbar ge- handelt, ihre ohnvorgreifliche Protestation ein- gereicht zu haben. — Wenn es heiſst: Die Universität soll dem Ober-Schul-Colle- gio einen unumschränkten Gehorsam lei- sten, so hat man schon Unrecht, über den Pabst zu spotten, der sich für untrüglich gehal- ten wissen will. Der Concipient der allerhöch- sten Resolution hat den Ausdruck: Unum- schränkt, wie es scheint, nicht ganz gefaſst.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/235
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/235>, abgerufen am 02.05.2024.