Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

dungen wegen bereits gerichtlich enterbt hatte,
zumCommissario in seinem Schulden-Wesen zu
erbitten. Dieser übernahm mit Freuden einen
solchen einträglichen Auftrag; er machte dem
tief verschuldeten Mann neuen Credit bey Ju-
den und Juden-Genossen, die, unter dem
Vorwand beträchtlichen Nachlasses, vorzüglich
vor andern ehrlichen und rechtmässigen Gläu-
bigern, und ohne Untersuchung der Qualität
und Legalität ihrer Forderung, mit baarer Zah-
lung befriedigt wurden. Um die Sache nicht
nur halb schlecht zu thun, ward unter seiner
Leitung ein Schulden-Zahlungs-Plan entwor-
fen, nach welchem zur Abfindung samtlicher
Cabinets-Creditoren, unter denen sich so
viele ehrliche Familien befanden, kein entbehrli-
cher Heller übrig blieb. Die verbrieften Glau-
biger des Fürstlichen Hauses konnten diese Ein-
richtung sich wohl gefallen lassen, da sie, je
stärker ihr Zahlungs-Fond war, um so ehender
zu dem ihrigen wieder gelangten. Nicht so die
gewaltthätig und hinterlistig enterbte und schon
so lange mit ihren himmelhohen Klagen am
Reichs-Hofrath enthörte Cahinets-Glaubiger.

Da trat die reine und strenge Gerechtigkeits-
Pflege K. Josephs II. selbst in das Mittel, und

dungen wegen bereits gerichtlich enterbt hatte,
zumCommissario in seinem Schulden-Wesen zu
erbitten. Dieser übernahm mit Freuden einen
solchen einträglichen Auftrag; er machte dem
tief verschuldeten Mann neuen Credit bey Ju-
den und Juden-Genossen, die, unter dem
Vorwand beträchtlichen Nachlasses, vorzüglich
vor andern ehrlichen und rechtmäſsigen Gläu-
bigern, und ohne Untersuchung der Qualität
und Legalität ihrer Forderung, mit baarer Zah-
lung befriedigt wurden. Um die Sache nicht
nur halb schlecht zu thun, ward unter seiner
Leitung ein Schulden-Zahlungs-Plan entwor-
fen, nach welchem zur Abfindung samtlicher
Cabinets-Creditoren, unter denen sich so
viele ehrliche Familien befanden, kein entbehrli-
cher Heller übrig blieb. Die verbrieften Glau-
biger des Fürstlichen Hauses konnten diese Ein-
richtung sich wohl gefallen lassen, da sie, je
stärker ihr Zahlungs-Fond war, um so ehender
zu dem ihrigen wieder gelangten. Nicht so die
gewaltthätig und hinterlistig enterbte und schon
so lange mit ihren himmelhohen Klagen am
Reichs-Hofrath enthörte Cahinets-Glaubiger.

Da trat die reine und strenge Gerechtigkeits-
Pflege K. Josephs II. selbst in das Mittel, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0250" n="244"/>
dungen wegen bereits gerichtlich enterbt hatte,<lb/>
zumCommissario in seinem Schulden-Wesen zu<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">erbitten</hi></hi>. Dieser übernahm mit Freuden einen<lb/>
solchen einträglichen Auftrag; er machte dem<lb/>
tief verschuldeten Mann neuen Credit bey Ju-<lb/>
den und Juden-Genossen, die, unter dem<lb/>
Vorwand beträchtlichen Nachlasses, vorzüglich<lb/>
vor andern ehrlichen und rechtmä&#x017F;sigen Gläu-<lb/>
bigern, und ohne Untersuchung der Qualität<lb/>
und Legalität ihrer Forderung, mit baarer Zah-<lb/>
lung befriedigt wurden. Um die Sache nicht<lb/>
nur halb schlecht zu thun, ward unter seiner<lb/>
Leitung ein Schulden-Zahlungs-Plan entwor-<lb/>
fen, nach welchem zur Abfindung samtlicher<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Cabinets-Creditoren</hi>,</hi> unter denen sich so<lb/>
viele ehrliche Familien befanden, kein entbehrli-<lb/>
cher Heller übrig blieb. Die verbrieften Glau-<lb/>
biger des Fürstlichen Hauses konnten diese Ein-<lb/>
richtung sich wohl gefallen lassen, da sie, je<lb/>
stärker ihr Zahlungs-Fond war, um so ehender<lb/>
zu dem ihrigen wieder gelangten. Nicht so die<lb/>
gewaltthätig und hinterlistig <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">enterbte</hi></hi> und schon<lb/>
so lange mit ihren himmelhohen Klagen am<lb/>
Reichs-Hofrath enthörte Cahinets-Glaubiger.</p><lb/>
        <p>Da trat die reine und strenge Gerechtigkeits-<lb/>
Pflege K. Josephs II. selbst in das Mittel, und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0250] dungen wegen bereits gerichtlich enterbt hatte, zumCommissario in seinem Schulden-Wesen zu erbitten. Dieser übernahm mit Freuden einen solchen einträglichen Auftrag; er machte dem tief verschuldeten Mann neuen Credit bey Ju- den und Juden-Genossen, die, unter dem Vorwand beträchtlichen Nachlasses, vorzüglich vor andern ehrlichen und rechtmäſsigen Gläu- bigern, und ohne Untersuchung der Qualität und Legalität ihrer Forderung, mit baarer Zah- lung befriedigt wurden. Um die Sache nicht nur halb schlecht zu thun, ward unter seiner Leitung ein Schulden-Zahlungs-Plan entwor- fen, nach welchem zur Abfindung samtlicher Cabinets-Creditoren, unter denen sich so viele ehrliche Familien befanden, kein entbehrli- cher Heller übrig blieb. Die verbrieften Glau- biger des Fürstlichen Hauses konnten diese Ein- richtung sich wohl gefallen lassen, da sie, je stärker ihr Zahlungs-Fond war, um so ehender zu dem ihrigen wieder gelangten. Nicht so die gewaltthätig und hinterlistig enterbte und schon so lange mit ihren himmelhohen Klagen am Reichs-Hofrath enthörte Cahinets-Glaubiger. Da trat die reine und strenge Gerechtigkeits- Pflege K. Josephs II. selbst in das Mittel, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/250
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/250>, abgerufen am 24.11.2024.