Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.
Stärkere genommen, was er gewollt, und Man mag nun aber vors Ganze über den **) "Wer hat Deutschland, wer hat dem cultivirten Eu-
ropa seine Regierungen gegeben? Der Krieg. -- Gewalt- same Eroberungen vertraten also die Stelle des Rechts, das nachher nur durch Verjährung, oder, wie unsere Staatslehrer sagen, durch den schweigenden Contract Recht ward; der schweigende Contract aber ist in die- sem Fall nichts anders, als dass der Stärkere nimmt, was er will, und der Schwäche- re giebt oder leidet, was er nicht ändern kann. Und so hängt das Recht der erblichen Regierung, so wie beynahe jedes andern erblichen Besitzes, an einer Kette von Tradition, deren erster Gränzpfal das Glück oder die Macht einschlug, und die sich hie und da mit Güte und Weisheit, meistens aber wieder nur durch Glück oder Uebermacht fortzog. Nachfolger und Erben bekamen, der Stammvater nahm; und dass dem, der hatte, auch immer gegeben ward, damit er die Fülle habe, bedarf keiner weitern Erläuterung; es ist die na- türliche Folge des genannten ersten Besitzes der Länder und Menschen". Ebendaselbst S. 253.
Stärkere genommen, was er gewollt, und Man mag nun aber vors Ganze über den **) „Wer hat Deutschland, wer hat dem cultivirten Eu-
ropa seine Regierungen gegeben? Der Krieg. — Gewalt- same Eroberungen vertraten also die Stelle des Rechts, das nachher nur durch Verjährung, oder, wie unsere Staatslehrer sagen, durch den schweigenden Contract Recht ward; der schweigende Contract aber ist in die- sem Fall nichts anders, als daſs der Stärkere nimmt, was er will, und der Schwäche- re giebt oder leidet, was er nicht ändern kann. Und so hängt das Recht der erblichen Regierung, so wie beynahe jedes andern erblichen Besitzes, an einer Kette von Tradition, deren erster Gränzpfal das Glück oder die Macht einschlug, und die sich hie und da mit Güte und Weisheit, meistens aber wieder nur durch Glück oder Uebermacht fortzog. Nachfolger und Erben bekamen, der Stammvater nahm; und daſs dem, der hatte, auch immer gegeben ward, damit er die Fülle habe, bedarf keiner weitern Erläuterung; es ist die na- türliche Folge des genannten ersten Besitzes der Länder und Menschen„. Ebendaselbst S. 253. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g"><pb facs="#f0059" n="53"/> Stärkere genommen, was er gewollt, und<lb/> der Schwächere gegeben <choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice> gelitten, was<lb/> er nicht ändern konnte</hi>.</hi> <note place="foot" n="**)">„Wer hat Deutschland, wer hat dem cultivirten Eu-<lb/> ropa seine Regierungen gegeben? Der Krieg. — Gewalt-<lb/> same Eroberungen vertraten also die Stelle des Rechts,<lb/> das nachher nur durch Verjährung, oder, wie unsere<lb/> Staatslehrer sagen, durch den schweigenden Contract<lb/> Recht ward; der schweigende Contract aber ist in die-<lb/> sem Fall nichts anders, <hi rendition="#g">als daſs der Stärkere<lb/> nimmt, was er will, und der Schwäche-<lb/> re giebt oder leidet, was er nicht ändern<lb/> kann</hi>. Und so hängt das Recht der erblichen Regierung,<lb/> so wie beynahe jedes andern erblichen Besitzes, an einer<lb/> Kette von Tradition, deren erster Gränzpfal das Glück<lb/> oder die Macht einschlug, und die sich hie und da mit<lb/> Güte und Weisheit, meistens aber wieder nur durch<lb/> Glück oder Uebermacht fortzog. Nachfolger und Erben<lb/><hi rendition="#g">bekamen</hi>, der Stammvater nahm; und daſs dem, der<lb/> hatte, auch immer gegeben ward, damit er die Fülle<lb/> habe, bedarf keiner weitern Erläuterung; es ist die na-<lb/> türliche Folge des genannten ersten Besitzes der Länder<lb/> und Menschen„. Ebendaselbst S. 253.</note> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Man mag nun aber vors <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Ganze</hi></hi> über den<lb/> ersten Ursprung, Wachsthum und die verschie-<lb/> dene Gattungen der höchsten Gewalt in einem<lb/> groſsen oder kleinen Staat ein System oder Hy-<lb/> pothese annehmen, welche man will, so ist<lb/> nur um so gewisser, daſs solches den Indivi-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0059]
Stärkere genommen, was er gewollt, und
der Schwächere gegeben und gelitten, was
er nicht ändern konnte. **)
Man mag nun aber vors Ganze über den
ersten Ursprung, Wachsthum und die verschie-
dene Gattungen der höchsten Gewalt in einem
groſsen oder kleinen Staat ein System oder Hy-
pothese annehmen, welche man will, so ist
nur um so gewisser, daſs solches den Indivi-
**) „Wer hat Deutschland, wer hat dem cultivirten Eu-
ropa seine Regierungen gegeben? Der Krieg. — Gewalt-
same Eroberungen vertraten also die Stelle des Rechts,
das nachher nur durch Verjährung, oder, wie unsere
Staatslehrer sagen, durch den schweigenden Contract
Recht ward; der schweigende Contract aber ist in die-
sem Fall nichts anders, als daſs der Stärkere
nimmt, was er will, und der Schwäche-
re giebt oder leidet, was er nicht ändern
kann. Und so hängt das Recht der erblichen Regierung,
so wie beynahe jedes andern erblichen Besitzes, an einer
Kette von Tradition, deren erster Gränzpfal das Glück
oder die Macht einschlug, und die sich hie und da mit
Güte und Weisheit, meistens aber wieder nur durch
Glück oder Uebermacht fortzog. Nachfolger und Erben
bekamen, der Stammvater nahm; und daſs dem, der
hatte, auch immer gegeben ward, damit er die Fülle
habe, bedarf keiner weitern Erläuterung; es ist die na-
türliche Folge des genannten ersten Besitzes der Länder
und Menschen„. Ebendaselbst S. 253.
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