zenlose Gewalt der Reichs-Stände. Die Wahl- Capitulation K. Leopolds II. hat vollends dem, durch die Privilegia de non appellando ohnehin schon genug gedrückten und gewürgten Deut- schen Unterthanen, durch einen dem 19. Art. §. 6. eingeschalteten Zusatz, den Hals vollends zugeschnürt, gegen den Despotismus der uner- sättlichen Reichs-Ständischen Cammern nicht einmal mehr mucksen zu dürfen. Da man aber alte und neue Beyspiele hat, dass der zu stark gespannte Bogen zuweilen bricht, wer kann und wird in diesem Fall einen solchen Herrn bemitleiden? Und wie kann und will der geist- liche Churfürst, auf dessen Betrieb jene höchst- verfängliche Clausel eingeschlichen, sich in seinem Gewissen beruhigen, dass er, um eines elenden Weinzapfs willen, tausend un- schuldige Unterthanen anderer deutscher Provin- zen, um die ihnen ohnehin so erschwert wer- dende Gerechtigkeit belistet habe. Dann acten- mässig *) bewahrheitet ist, dass nur durch List
*) S. Wahl-Tags-Protocoll von 1790. II. Band, S. 209. u. f. Verbunden mit D. Crome Wahl-Capitulation K. Leopolds II. S. 141, wo der brave Mann sich der ehr- lichen und gewissenhaften Note nicht enthalten kann: "Dieser" (§. 6.) "nebst den folgenden ist gar zu
zenlose Gewalt der Reichs-Stände. Die Wahl- Capitulation K. Leopolds II. hat vollends dem, durch die Privilegia de non appellando ohnehin schon genug gedrückten und gewürgten Deut- schen Unterthanen, durch einen dem 19. Art. §. 6. eingeschalteten Zusatz, den Hals vollends zugeschnürt, gegen den Despotismus der uner- sättlichen Reichs-Ständischen Cammern nicht einmal mehr mucksen zu dürfen. Da man aber alte und neue Beyspiele hat, daſs der zu stark gespannte Bogen zuweilen bricht, wer kann und wird in diesem Fall einen solchen Herrn bemitleiden? Und wie kann und will der geist- liche Churfürst, auf dessen Betrieb jene höchst- verfängliche Clausel eingeschlichen, sich in seinem Gewissen beruhigen, daſs er, um eines elenden Weinzapfs willen, tausend un- schuldige Unterthanen anderer deutscher Provin- zen, um die ihnen ohnehin so erschwert wer- dende Gerechtigkeit belistet habe. Dann acten- mäſsig *) bewahrheitet ist, daſs nur durch List
*) S. Wahl-Tags-Protocoll von 1790. II. Band, S. 209. u. f. Verbunden mit D. Crome Wahl-Capitulation K. Leopolds II. S. 141, wo der brave Mann sich der ehr- lichen und gewissenhaften Note nicht enthalten kann: „Dieser„ (§. 6.) „nebst den folgenden ist gar zu
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zenlose Gewalt der Reichs-Stände. Die Wahl-
Capitulation K. Leopolds II. hat vollends dem,
durch die Privilegia de non appellando ohnehin
schon genug gedrückten und gewürgten Deut-
schen Unterthanen, durch einen dem 19. Art.
§. 6. eingeschalteten Zusatz, den Hals vollends
zugeschnürt, gegen den Despotismus der uner-
sättlichen Reichs-Ständischen Cammern nicht
einmal mehr mucksen zu dürfen. Da man aber
alte und neue Beyspiele hat, daſs der zu stark
gespannte Bogen zuweilen bricht, wer kann
und wird in diesem Fall einen solchen Herrn
bemitleiden? Und wie kann und will der geist-
liche Churfürst, auf dessen Betrieb jene höchst-
verfängliche Clausel eingeschlichen, sich in
seinem Gewissen beruhigen, daſs er, um
eines elenden Weinzapfs willen, tausend un-
schuldige Unterthanen anderer deutscher Provin-
zen, um die ihnen ohnehin so erschwert wer-
dende Gerechtigkeit belistet habe. Dann acten-
mäſsig *) bewahrheitet ist, daſs nur durch List
*) S. Wahl-Tags-Protocoll von 1790. II. Band, S. 209.
u. f. Verbunden mit D. Crome Wahl-Capitulation K.
Leopolds II. S. 141, wo der brave Mann sich der ehr-
lichen und gewissenhaften Note nicht enthalten kann:
„Dieser„ (§. 6.) „nebst den folgenden ist gar zu
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/83>, abgerufen am 16.02.2025.
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