Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Policey unter den Menschen-Kindern. Die
Bienen halten sich zusammen; also werden die
Menschen von Natur getrieben, dass sie nicht
zerstreuet hin und her lauffen, wie das Wild,
sondern dass sie in einer Gemeinschaft leben.
Die Bienen sind arbeitsame Thierlein, dass man
auch ihre kunstreiche Arbeit und Fleiss mit
Verwunderung ansehen muss. Sie bauen ihnen
reine wolformirte Häusslein, und in dieselbige
sammlen sie ihre Güter. Was faul ist und nicht
arbeiten will, leiden sie nicht unter sich. Also
stehet es auch fein in einer Policey, wenn die
Leute nicht den Müssiggang lieben, sondern zur
Arbeit gehalten werden, dass sie etwas Nützli-
ches schaffen, ein jeglicher nach seinem Beruff:
Bey den Bienen mercket man auch eine Einträch-
tigkeit; sie halten sich zusammen, sie stehen
vor Einen Mann; kommt man ihnen zu nahe, so
setzen sie sich alle zur Wehre. Wannn also
auch in einer Gemeine die Gemüther zusammen
halten, das ist ein Zeichen einer glückseligen
Policey: Friede ernehret, Unfriede ver-
zehret
.
So lange die Menschen-Kinder bey
dem Bau des Babylonischen Thurms einig wa-
ren, und sich unter einander wol verstehen

kun-

Policey unter den Menschen-Kindern. Die
Bienen halten sich zusammen; also werden die
Menschen von Natur getrieben, daſs sie nicht
zerstreuet hin und her lauffen, wie das Wild,
sondern daſs sie in einer Gemeinschaft leben.
Die Bienen sind arbeitsame Thierlein, daſs man
auch ihre kunstreiche Arbeit und Fleiſs mit
Verwunderung ansehen muſs. Sie bauen ihnen
reine wolformirte Häuſslein, und in dieselbige
sammlen sie ihre Güter. Was faul ist und nicht
arbeiten will, leiden sie nicht unter sich. Also
stehet es auch fein in einer Policey, wenn die
Leute nicht den Müssiggang lieben, sondern zur
Arbeit gehalten werden, daſs sie etwas Nützli-
ches schaffen, ein jeglicher nach seinem Beruff:
Bey den Bienen mercket man auch eine Einträch-
tigkeit; sie halten sich zusammen, sie stehen
vor Einen Mann; kommt man ihnen zu nahe, so
setzen sie sich alle zur Wehre. Wannn also
auch in einer Gemeine die Gemüther zusammen
halten, das ist ein Zeichen einer glückseligen
Policey: Friede ernehret, Unfriede ver-
zehret
.
So lange die Menschen-Kinder bey
dem Bau des Babylonischen Thurms einig wa-
ren, und sich unter einander wol verstehen

kun-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0294" n="288"/>
Policey unter den Menschen-Kindern. Die<lb/>
Bienen halten sich zusammen; also werden die<lb/>
Menschen von Natur getrieben, da&#x017F;s sie nicht<lb/>
zerstreuet hin und her lauffen, wie das Wild,<lb/>
sondern da&#x017F;s sie in einer Gemeinschaft leben.<lb/>
Die Bienen sind arbeitsame Thierlein, da&#x017F;s man<lb/>
auch ihre kunstreiche Arbeit und Flei&#x017F;s mit<lb/>
Verwunderung ansehen mu&#x017F;s. Sie bauen ihnen<lb/>
reine wolformirte Häu&#x017F;slein, und in dieselbige<lb/>
sammlen sie ihre Güter. Was faul ist und nicht<lb/>
arbeiten will, leiden sie nicht unter sich. Also<lb/>
stehet es auch fein in einer Policey, wenn die<lb/>
Leute nicht den Müssiggang lieben, sondern zur<lb/>
Arbeit gehalten werden, da&#x017F;s sie etwas Nützli-<lb/>
ches schaffen, ein jeglicher nach seinem Beruff:<lb/>
Bey den Bienen mercket man auch eine Einträch-<lb/>
tigkeit; sie halten sich zusammen, sie stehen<lb/>
vor Einen Mann; kommt man ihnen zu nahe, so<lb/>
setzen sie sich alle zur Wehre. Wannn also<lb/>
auch in einer Gemeine die Gemüther zusammen<lb/>
halten, das ist ein Zeichen einer glückseligen<lb/>
Policey: <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Friede ernehret, Unfriede ver-<lb/>
zehret</hi>.</hi> So lange die Menschen-Kinder bey<lb/>
dem Bau des Babylonischen Thurms einig wa-<lb/>
ren, und sich unter einander wol verstehen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kun-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0294] Policey unter den Menschen-Kindern. Die Bienen halten sich zusammen; also werden die Menschen von Natur getrieben, daſs sie nicht zerstreuet hin und her lauffen, wie das Wild, sondern daſs sie in einer Gemeinschaft leben. Die Bienen sind arbeitsame Thierlein, daſs man auch ihre kunstreiche Arbeit und Fleiſs mit Verwunderung ansehen muſs. Sie bauen ihnen reine wolformirte Häuſslein, und in dieselbige sammlen sie ihre Güter. Was faul ist und nicht arbeiten will, leiden sie nicht unter sich. Also stehet es auch fein in einer Policey, wenn die Leute nicht den Müssiggang lieben, sondern zur Arbeit gehalten werden, daſs sie etwas Nützli- ches schaffen, ein jeglicher nach seinem Beruff: Bey den Bienen mercket man auch eine Einträch- tigkeit; sie halten sich zusammen, sie stehen vor Einen Mann; kommt man ihnen zu nahe, so setzen sie sich alle zur Wehre. Wannn also auch in einer Gemeine die Gemüther zusammen halten, das ist ein Zeichen einer glückseligen Policey: Friede ernehret, Unfriede ver- zehret. So lange die Menschen-Kinder bey dem Bau des Babylonischen Thurms einig wa- ren, und sich unter einander wol verstehen kun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/294
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/294>, abgerufen am 24.11.2024.