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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Ergründer der Natur/ und ihrer Heimligkeiten/
Die können durch die Kunst die Blumen wecken auf/
Man wird im Glase sehn sich Laub und Blüth außbreiten/
Jn einem Augenblick so ists ein Aschenhauff.
Der Kircher hats zu erst in Nesseln so erwiesen/
Die andern durch die Nelck und Rosen dargethan/
Daher bleibt dieser Grund bey ihnen hoch gepriesen/
Wie daß kein Cörper nicht durchauß verfaulen kan.
Geschicht diß in Gewächs in Blumen und in Kräutern/
Vielmehr wird unser Asch ein edle Blume seyn;
So kan der Tod sie nicht verderben/ sondern läutern/
Daß sie dort oben strahlt im Sternen-lichten Schein.
Es mag Arabien den seltnen Vogel rühmen/
Den die gelehrte Welt den Phönix hat genannt/
Der/ wenn er sterben soll/ sein Nest pflegt zubeblümen/
Und steckt es mit Gewürtz in den frucht-reichen Brand.
Auß dieser Asche wird ein Phönix neu gebohren/
Der so viel hundert Jahr als eben jener lebt/
Wer glaubet diß Gedicht und Lustspiel leerer Ohren/
Das gleich mit der Vernunfft der Warheit wiederstrebt?
Nein/ unser Asche sol den Phönix neu gewehren/
Und die Verwesung soll vollkommen fruchtbar seyn.
Das Grab das kan nichts mehr als Haut und Fleisch verzehren/
Der Phönix/ unsre Seel ist ohne Mackel rein.
Es mag sich Ophir auch mit güldner Asche weisen/
Sie kan in Schätzbarkeit doch der nicht gleiche gehn/
Jn jene raast die Zeit und kluger Künstler Eisen/
Aus dieser aber solln die Menschen auferstehn.
Dreyfache Ehren-Krone/
Fr. A. v. H. g. B. den 10. April 1667.
DJe Tugend ist nie bloß und ohne Glantz erschienen/
Es hat die alte Welt ihr Kronen zugezehlt/
Und Lorbeern/ die noch heut in Zeiten-Büchern grünen/
Weil Tugend ihr ja stets den Ruhm zum Zweck er-
wehlt.

Zwar
Leichen-Gedichte.
Ergruͤnder der Natur/ und ihrer Heimligkeiten/
Die koͤnnen durch die Kunſt die Blumen wecken auf/
Man wird im Glaſe ſehn ſich Laub und Bluͤth außbreiten/
Jn einem Augenblick ſo iſts ein Aſchenhauff.
Der Kircher hats zu erſt in Neſſeln ſo erwieſen/
Die andern durch die Nelck und Roſen dargethan/
Daher bleibt dieſer Grund bey ihnen hoch geprieſen/
Wie daß kein Coͤrper nicht durchauß verfaulen kan.
Geſchicht diß in Gewaͤchs in Blumen und in Kraͤutern/
Vielmehr wird unſer Aſch ein edle Blume ſeyn;
So kan der Tod ſie nicht verderben/ ſondern laͤutern/
Daß ſie dort oben ſtrahlt im Sternen-lichten Schein.
Es mag Arabien den ſeltnen Vogel ruͤhmen/
Den die gelehrte Welt den Phoͤnix hat genannt/
Der/ wenn er ſterben ſoll/ ſein Neſt pflegt zubebluͤmen/
Und ſteckt es mit Gewuͤrtz in den frucht-reichen Brand.
Auß dieſer Aſche wird ein Phoͤnix neu gebohren/
Der ſo viel hundert Jahr als eben jener lebt/
Wer glaubet diß Gedicht und Luſtſpiel leerer Ohren/
Das gleich mit der Vernunfft der Warheit wiederſtrebt?
Nein/ unſer Aſche ſol den Phoͤnix neu gewehren/
Und die Verweſung ſoll vollkommen fruchtbar ſeyn.
Das Grab das kan nichts mehr als Haut und Fleiſch verzehren/
Der Phoͤnix/ unſre Seel iſt ohne Mackel rein.
Es mag ſich Ophir auch mit guͤldner Aſche weiſen/
Sie kan in Schaͤtzbarkeit doch der nicht gleiche gehn/
Jn jene raaſt die Zeit und kluger Kuͤnſtler Eiſen/
Aus dieſer aber ſolln die Menſchen auferſtehn.
Dreyfache Ehren-Krone/
Fr. A. v. H. g. B. den 10. April 1667.
DJe Tugend iſt nie bloß und ohne Glantz erſchienen/
Es hat die alte Welt ihr Kronen zugezehlt/
Und Lorbeern/ die noch heut in Zeiten-Buͤchern gruͤnen/
Weil Tugend ihr ja ſtets den Ruhm zum Zweck er-
wehlt.

Zwar
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[43/0275] Leichen-Gedichte. Ergruͤnder der Natur/ und ihrer Heimligkeiten/ Die koͤnnen durch die Kunſt die Blumen wecken auf/ Man wird im Glaſe ſehn ſich Laub und Bluͤth außbreiten/ Jn einem Augenblick ſo iſts ein Aſchenhauff. Der Kircher hats zu erſt in Neſſeln ſo erwieſen/ Die andern durch die Nelck und Roſen dargethan/ Daher bleibt dieſer Grund bey ihnen hoch geprieſen/ Wie daß kein Coͤrper nicht durchauß verfaulen kan. Geſchicht diß in Gewaͤchs in Blumen und in Kraͤutern/ Vielmehr wird unſer Aſch ein edle Blume ſeyn; So kan der Tod ſie nicht verderben/ ſondern laͤutern/ Daß ſie dort oben ſtrahlt im Sternen-lichten Schein. Es mag Arabien den ſeltnen Vogel ruͤhmen/ Den die gelehrte Welt den Phoͤnix hat genannt/ Der/ wenn er ſterben ſoll/ ſein Neſt pflegt zubebluͤmen/ Und ſteckt es mit Gewuͤrtz in den frucht-reichen Brand. Auß dieſer Aſche wird ein Phoͤnix neu gebohren/ Der ſo viel hundert Jahr als eben jener lebt/ Wer glaubet diß Gedicht und Luſtſpiel leerer Ohren/ Das gleich mit der Vernunfft der Warheit wiederſtrebt? Nein/ unſer Aſche ſol den Phoͤnix neu gewehren/ Und die Verweſung ſoll vollkommen fruchtbar ſeyn. Das Grab das kan nichts mehr als Haut und Fleiſch verzehren/ Der Phoͤnix/ unſre Seel iſt ohne Mackel rein. Es mag ſich Ophir auch mit guͤldner Aſche weiſen/ Sie kan in Schaͤtzbarkeit doch der nicht gleiche gehn/ Jn jene raaſt die Zeit und kluger Kuͤnſtler Eiſen/ Aus dieſer aber ſolln die Menſchen auferſtehn. Dreyfache Ehren-Krone/ Fr. A. v. H. g. B. den 10. April 1667. DJe Tugend iſt nie bloß und ohne Glantz erſchienen/ Es hat die alte Welt ihr Kronen zugezehlt/ Und Lorbeern/ die noch heut in Zeiten-Buͤchern gruͤnen/ Weil Tugend ihr ja ſtets den Ruhm zum Zweck er- wehlt. Zwar

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/275>, abgerufen am 22.11.2024.